Die Erinnerung ist der beste Freund und der schlimmste Feind des Menschen.
~ Gilbert ParkerD E X T E R
Ein Gähnen unterdrückend stieg ich aus dem Aufzug und betrat den Großraum mit den Schreibtischen. Nachdem ich meine Tasche abgestellt hatte, lief ich auf direktem Weg zur Kaffeemaschine und setzte eine neue Kanne auf. Hinter mir erklangen Schritte, dann erschien Hotch neben mir. "Guten Morgen. Lange Nacht gehabt?" Ich nickte leicht. "Lexie hatte Albträume und ich hab ihr die halbe Nacht Gesellschaft geleistet." "Wenn Jack nicht schlafen kann, lese ich ihm Parzival vor. Das wirkt Wunder." Er schenkte mir sowas ähnliches, wie ein Lächeln, dann schaute er auf seine Armbanduhr. "Wir starten in einer Viertelstunde mit der Besprechung des neuen Falls." "Alles klar." Mein Chef ging zurück zu seinem Büro und ich goss mir heißen Kaffee in eine Tasse. Gerade, als ich die Kanne zurückstellen wollte, wurde ich aufgehalten. "Moment, ich brauche auch noch Kaffee!" Reid joggte zu mir und hielt mir ebenfalls eine Tasse hin, die ich lächelnd füllte. "Auch nicht viel geschlafen?" "Nein, ich habe stundenlang einen neuen Zaubertrick geübt, den ich Henry zeigen will." "Wer ist Henry?" "JJs Sohn, mein Patenkind." Er lächelte stolz, was mich ebenfalls lächeln ließ, dann nickte ich ihm zu und lief zu meinem Schreibtisch. Morgans Sachen lagen bereits auf seinem Stuhl und ich beobachtete, wie er in Hotchs Büro mit unserem Chef sprach. "Ihr habt euch noch nicht ausgesprochen", riss mich eine Stimme aus meinen Beobachtungen. Ich zuckte erschrocken zusammen und drehte mich zur Seite, wo JJ stand und mich ernst ansah. Ich biss mir auf die Unterlippe und nickte schwach. "Ich glaube, ich kann das noch nicht. Es ist zu viel passiert." "Aber ihr scheint so enge Freunde gewesen zu sein und du bist ihm immer noch wichtig, das sehe ich in Morgans Blick, mit dem er dich anschaut. Es gab doch mal eine Zeit, in der du ihm vertraut hast. Was hat sich geändert?" Ich seufzte. "Alles. Alles hat sich verändert, besonders ich. Er hatte Recht, als er mir vorgeworfen hat, dass ich jetzt eine andere bin als damals. 17 Jahre sind eine verdammt lange Zeit." "17 Jahre? Also war das in der Highschool." Ich nickte. "Er war der coole Typ, der super talentierte Sportler, es gab wirklich einige Mädels, die ihn angehimmelt haben. Und ich? Ich war das Küken, zwei Jahre jünger als alle anderen, weil ich früher eingeschult worden war und eine Klasse übersprungen hatte." JJ grinste. "Wirklich? Wie seid ihr dann Freunde geworden?" "Er ist ein Beschützer-Typ. Eines Tages haben mir nach der Schule ein paar Ecken weiter einige Typen aufgelauert. Aber bevor sie mir ein Haar krümmen konnten, kam Derek und hat ihnen ordentlich die Meinung gegeigt. Na ja, sie waren eher nicht so beeindruckt, deshalb endete es damit, dass wir unsere Beine in die Hand nahmen und die Flucht ergriffen. Danach sind wir jeden Tag einen Großteil des Schulwegs zusammen gegangen." In Erinnerungen schwelgend, begann ich unwillkürlich zu lächeln. JJ seufzte und schaute mich durchdringend an. "Das klingt, als ob da zwischen euch wirklich eine besondere Verbindung gewesen wäre. Bitte sprich mit ihm. Ich denke, es wird euch beiden helfen." Ich nickte schwach, dann lächelte ich die Blondine an. "Danke." "Nicht dafür. Wir sind hier nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde. Und Freunde sind füreinander da." Ich nickte lächelnd, dann erhob ich mich und lief schonmal zum Konferenzraum. Kurz nach mir betrat Reid den Raum und setzte sich neben mich. Er grinste mich leicht an und ich konnte nicht anders, als es zu erwidern. Dann stießen nach und nach auch die anderen Teammitglieder dazu und Garcia stellte den Fall vor. "Willkommen in Nashville, North Carolina. Dort wurden gestern und vor drei Tagen Leichen gefunden. Zuerst Clara Holden, dann Leigh-Ann Dolohey. Beide waren erst 18 Jahre alt. Sie wurden an unterschiedlichen Orten in der Stadt abgelegt, aber jedes Mal einfach in den Straßengraben geschmissen." "Wurden sie sexuell misshandelt?", hakte Rossi nach und mir lief ein Schauer über den Rücken, als Garcia nickte. "Ja, beide Mädchen wurden mehrfach vaginal und anal vergewaltigt, außerdem hatten sie viele kleinere Schnittwunden. Gestorben sind sie durch Verbluten und dazu zeige ich euch nur die Fotos, das möchte ich nicht sagen." Sie rief einige Fotos auf und Reid übernahm das Sprechen für die Technische Analystin. "Ihre Genitalbereiche wurden regelrecht mit einem Messer zerfleischt. Der Täter ist also extrem brutal und definitiv ein sexueller Sadist. Nicht nur die psychische Folter in Form von Entführung und Vergewaltigung, sondern auch physische Folter durch das Messer." "Zwischen den Funden liegt nur ein Tag. Wir müssen ihn schnell fassen. Abflug in 30 Minuten", sagte Hotch und sofort machten wir uns auf den Weg, um unsere Taschen zu holen und noch einmal zu kontrollieren, dass sie vollständig waren. Während ich eines meiner Oberteile neu zusammenlegte, erschien Garcia neben mir und stellte eine Tasse auf meinen Schreibtisch. "Hier, das solltest du eigentlich schon viel früher bekommen, aber ich konnte fast nichts über dich herausfinden, deshalb war es ein bisschen schwierig, was passendes zu finden. Hier hat jeder seine eigene Kaffeetasse und Derek kam auf die Idee, dass du diese Gummibärchen mögen könntest." Ich lächelte die Blondine herzlich an. "Vielen Dank, ein Willkommensgeschenk wäre wirklich nicht nötig gewesen. Und die Tasse ist echt schön." "Freut mich, dass es dir gefällt. Guten Flug." "Danke." Garcia verschwand und ich zog die Gummibärchentüte aus der Tasse. In der Bewegung innehaltend starrte ich sie an und schluckte. Meine Lieblingssüßigkeit aus der Highschool. Morgan hatte es ganz offensichtlich nicht vergessen. Ich war noch immer süchtig nach diesem Zeug, da es zwei Dinge verband, die ich liebte: den weißen Schaum, aus dem auch die weißen und pinken Mäuse waren, und Lakritz. Daraus hatten die Produzenten dieser Gummibärchen weiße Schneemänner mit schwarzen Hüten, Augen, Mündern und Knöpfen gemacht und da ich schon immer eine Schwäche für Winter, Schnee und Weihnachten hatte, war diese Süßigkeit wie für mich gemacht. Lexie mochte kein Lakritz, weshalb ich die kleinen Schneemänner mit niemandem teilen musste und sie tütenweise ungefährdet in der Speisekammer horten konnte. Trotzdem freute ich mich, dass Morgan sich daran erinnerte. Mein Blick fiel auf die Tasse. Sie war mit einem schneebedeckten Wald bemalt und eine der Tannen war weihnachtlich geschmückt. Sogar meine Initialen hatten es in Form von aneinandergereihten Schneekristallen auf die Tasse geschafft. Lächelnd stellte ich mein Geschenk neben den Bildschirm des Computers, die Gummibärchen packte ich in meine Tasche, dann schulterte ich diese, legte mir meine Jacke über den Arm und verließ das Büro.
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Profile Me (Criminal Minds FF)
FanficSSA Jessica Dexter wird zur BAU nach Quantico versetzt, um Emily Prentiss nach deren Wechsel zu Interpol zu ersetzen. Die sprachbegabte Agentin trifft überraschend auf ihren alten Freund aus Highschool-Zeiten, Derek Morgan, mit dem sie vor vielen Ja...