Kapitel 12 | Darian

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Gedankenverloren stand er dort auf dem Balkon. Schon wieder hatte Darian einen seiner Vorsätze gebrochen, es war nie geplant gewesen mit der Tochter seiner Arbeitgeber zu schlafen, auch wenn sie zugegebenermaßen ziemlich gut gewesen war und Gott, diese Brüste!
Schnell schüttelte der zwanzig jährige seinen Kopf der schon wieder leicht zu pochen begann. Was war das nur in letzter Zeit das er sich so benommen fühlte? Darian blies des Qualm aus seinem Mund und wurde erst von einer leises Stimme aus seinen trüben Gedanken gerissen.
„Jährlich sterben sieben Millionen Menschen auf der Welt vom Rauchen...", Ach was. Dieses Risiko ging Darian gerne ein, denn bisher war er keiner dieser sieben Millionen gewesen und das hatte er auch nicht vorgehabt. „Stopp, Stopp, Stopp... Bevor du jetzt weiter merkwürdige Dinge vor dich hin redest, höre ich lieber auf zu rauchen", er hob eine Hand und tatsächlich sprach der jüngere kein weiteres Wort mehr über sterbequoten oder Zahlen die man addieren musste. Woher hatte er dieses unnötige Wissen? War es das was man heutzutage in der Schule lernte?

„Also Vio, was ist los, kleiner?" wollte er wissen und spürte den intensiven Blick des anderen auf seiner Brust. Er wusste nicht was es war, doch obwohl er nur eine Jogginghose trug, wurde ihm mit einem mal ein wenig wärmer. „Ich... Danke", kam es leise flüsternd und als Nevio seinen Blick hob um in diese strahlend grünen Augen zu sehen, senkte er ihn sofort wieder, was Darian ein sanftes schmunzeln auf die Lippen zauberte. Nevio erinnerte ihn an einen kleinen, eingeschüchterten Welpen den er beschützen wollte. Das war schon immer so gewesen... Moment... Immer? Verwirrt blinzelte Darian und doch durchzuckte ihn ein heftiger Schmerz als er versuchte in seinen Kopf nach der Lösung des Problems zu graben. „Danke wofür?"

„Du hast Yoda geholfen... und mir, danke, ich schulde dir etwas", mit neuem Mut in der Stimme sah Nevio auf, doch spiegelte sich Schmerz in diesem stürmischen grau, welches für Darian unergründlich schien. Dieser Junge verwirrte ihn, war ein Buch mit sieben Siegeln und das obwohl man ihm all seine Gefühle vom Gesicht ablesen konnte. Nevio war das Rätsel welches Darian lösen wollte. Eigentlich hatte er es abschlagen wollen, doch hatten seine Eltern Darian beigebracht den Dank anderer Menschen Wertzuschätzen und ihn anzunehmen. „Ich werde es mir merken, aber ich bin froh das es ihr wieder gut geht", lächelte er und strich ihm wie automatisch im vorbeigehen durch seine weichen Haare, die sich in seinen Händen wie Seide anfühlten.

„Warte!" überrascht drehte der ältere sich um, es war deutlich zu sehen wie sehr Nevio mit sich selbst rang. „Ich will deinem Freund danken... Irgendwie... Ich habe es letztens nicht wirklich geschafft, aber jetzt will ich es tun... Können wir uns mit ihm treffen?" Moment! Seit wann hatte er diesen Hundeblick drauf? Darian liebte Hunde und konnte schon immer schlecht nein sagen, was ihn so manches Mal in eine Misere brachte. Seufzend rieb er sich über die Stirn und nickte dann, „Von mir aus...aber ich ziehe mich erst an", grummelte er geschlagen, ehe er in der Küche seinen Zigaretten stummel entsorgte. „Wenn du nicht mit meiner Schwester geschlafen hättest, dann müsstest du doch jetzt gar nicht anziehen und wir hätten Zeit gespart." Für eine Sekunde war es still und es schien als könnte Nevio selbst kaum glauben was er da gesagt hatte. „Ich... I-ich... Vergiss das einfach, ja?!" rief er mit zu hoher Stimme aus und lief eilig an Darian vorbei.

„Wie ein kleiner aufgedrehter Chihuahua", stellte Darian fest, der sich mittlerweile an Nevios sonderbares Verhalten gewöhnt hatte. Der junge Mann ging nach oben zurück in Daphnes Zimmer, doch nicht ohne vorher zu klopfen. „Schon fertig mit rauchen?" Sie stand von ihrem Stuhl am Schreibtisch auf und wollte die Arme um Darian legen, doch der schob sich an ihr vorbei und schnappte sich sein Shirt, welches noch auf dem Boden lag um es sich wieder über den Kopf zu ziehen. „Jap... Ich muss jetzt auch wieder los... zu Austin", erklärte er nüchtern und bekam einen kleinen Kuss von Daphne auf die Wange, der ihn aber überraschend kalt ließ. Darian brachte ein Lächeln zustande und zog die jüngere doch kurz an sich um ihr einen richtigen Kuss auf die Lippen zu hauchen. „Sehen wir uns später?" wollte sie wissen als Darian von ihr abließ, „Spätestens bei der Arbeit!" rief er aus dem Flur noch hinterher und fand Nevio dann draußen vor der Haustür stehend. „Sorry kleiner, wir können los."

Nicht einmal eine halbe Stunde später zückte Darian einen hausschlüssel und betrat die Wohnung seines besten Freundes als wäre sie seine eigene. Von Austins Eltern keine Spur. Noch mal Glück gehabt! „Bist du sicher das er da ist und wir keinen Einbruch begehen?" fragte die piepsige Stimme neben Darian. Ach, er konnte also doch wieder sprechen nachdem er den ganzen Weg über kein einziges Wort gesagt hatte. „Aussi!" rief er stattdessen so laut er konnte, sodass Nevio leicht zusammen zuckte. „Darling! Bist du endlich zurück? Ich habe Pfannenkuchen gemacht!" ertönte eine gespielt hohe Stimme, ehe ein grinsender Blondschopf im Türrahmen auftauchte und den Pfannenwender auf Nevio gerichtet hielt. „Hey, Kondomboy! Du bist ja auch da! Kommt ruhig Leute, Darian du bist doch sonst nicht so schüchtern, jetzt schwingt eure Knackärsche in die Küche bevor ich alles anbrennen lasse, gerade läuft es so gut!"

Augenverdrehend schob Darian den jüngeren etwas voran, der ein wenig verstört und beschämt zugleich wirkte. Doch als er die warme, große Hand an seinem Rücken spürte, überkam ihn ein wohliges Gefühl und er biss sich leicht und unbemerkt auf die Lippe. „Ich bin nicht der Kondomboy... Ich will nur kein Onkel werden", verteidigte er sich und setzte sich am runden Küchentisch auf einen knartschenden Stuhl. „Oh... Da hat Dari wohl wieder den Fuckboy raushängen lassen, Hm?" fragte er und bekam sofort den Ellenbogen seines Freundes in die Seite gerammt. „Au! Dari, sei mal etwas sanfter, du weißt ich bin kein Masochist", maulte er und stellte einen Teller mit Pfannenkuchen auf den Tisch.

Doch sein Blick lag intensiv auf Nevio als er sich ihm gegenüber niederließ, was den Jungen dazu brachte sich noch kleiner zu machen. In der Aufregung hatte er sogar sein Vorhaben sich zu bedanken völlig vergessen. „Austin, hör auf andere Leute zu belästigen", mahnte Darian ihn und nahm sich einen der Pfannenkuchen, das war wohl das einzige was sein bester Freund konnte. „Ist das etwa Eifersucht die ich da höre, Dari?" fragte er prüfend und blickte zwischen Nevio und Darian hin und her. „Nevio...", der jüngste sah überrascht auf, konnte Austin sich tatsächlich an seinen Namen erinnern? „Ja?" fragte er verunsichert und dieses Mal war es Darian der neugierig das Gespräch belauschte. Sein bester Freund war plötzlich so ernst geworden, dann konnte es nur etwas von äußerster Wichtigkeit sein.

„Komm mit, ich muss dir etwas geben", sagte er mit einem beruhigenden Lächeln und erhob sich vom Tisch, doch als Darian es ihm gleich tun wollte, schüttelte Austin seinen Kopf, „Du bleibst hier, das ist nur für Nevio."

Lasting Crush [bxb] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt