Kapitel 25 | Nevio

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Eine Woche. Genau eine Woche vor seinem Geburtstag war es gewesen, als Darian Nevio an der Schule überrascht hatte und sie sich zum ersten Mal geküsst hatten. Die Erinnerung daran brachte auch heute, vier Tage später, noch alles in Nevio zum Glühen, es fühlte sich an wie fliegen und fallen zugleich, bloß das Darian ihn auffangen würde, wenn er wirklich zu fallen drohte. Es war etwas, wonach Nevio sich Jahre seines Lebens gesehnt hatte, ohne genau zu wissen was es war und nun wo er es zuordnen konnte, war es glatt noch besser.

In den letzten vier Tagen war es kaum noch möglich gewesen das Grinsen von Nevios Lippen zu wischen, das war auch seinen Eltern aufgefallen, doch auf ihre neugierigen Nachfragen hatte Nevio mit lahmen Ausreden reagiert. Das Essen in der Schulmensa wäre besonders gut gewesen. Er hätte seinen Lieblingsplatz im Bus ergattert. Sein Horoskop würde für diesen Tag nur Gutes besagen - all das war gelogen.

Doch wie hätte Nevio seinen Eltern verraten sollen, dass er sich seit inzwischen einer halben Woche jeden Tag mit einem Mann traf, der eigentlich an seine Schwester vergeben war, doch eigentlich nur ihn wollte. Ein Mann, mit dem er hemmungslos herumgeknutscht hatte, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, ein Mann, der ihm das Gefühl vermittelte, geliebt zu werden und in den er selbst sich ebenfalls verliebt hatte. Es war gar nicht länger möglich diese Gefühle zu leugnen. Sein rasendes Herz, die unzähligen Schmetterlinge im Bauch und die Glücksgefühle, die in Darians Nähe in Nevio aufkamen, waren schon Antwort genug. Der Zwanzigjährige hatte Nevio sein dummes, kleines Herz schon gestohlen bevor er überhaupt gewusst hatte, dass er so fühlen konnte. Und doch war es wunderschön, denn Darian fühlte all das mit ihm gemeinsam. Er sah es seinen Blicken, wenn er ihn anlächelte, in seinen Augen, wenn er sich ihm langsam näherte, um ihre Lippen endlich wieder miteinander zu vereinen und in seinen Berührungen, die sanfter und gleichzeitig bestimmter waren, als Nevio es sich je erträumt hatte. All das gab dem Grauäugigen das Gefühl, dass er wirklich mehr war als nur die billige Affäre, wie die er sich manchmal fühlte, wenn er seiner Schwester Daphne über den Weg lief.

"Worüber denkst du nach?" Darians raue Stimme bescherte Nevio eine kribbelige Gänsehaut, als er diese dicht an seinem Ohr spürte und der heiße Atem des Älteren seinen empfindlichen Hals kitzelte. "Über gar nichts." Noch bevor er überhaupt über eine angemessene Antwort hatte nachdenken können, hatte er sich schon eilig herausgeredet und seinen Kopf zu Darian gedreht, dessen Gesicht sich nun mit nur noch wenigen Zentimetern Abstand vor Nevios befand. Ein leichtes Lächeln umspielte die perfekten Lippen, die Nevio einfach viel zu gerne küsste. "Doch, worüber?",hielt Darian dagegen und schien zu denken, er könnte die Wahrheit aus Nevios sturmgrauen Augen ablesen. Doch der Kleinere grinste. "Ich hab gesagt über gar nichts." Und mit diesen Worten hatte er sich auch schon vorgebeugt und seine Lippen fest auf Darians gepresst, drauf und dran ihn immer stürmischer zu küssen, doch ein lautes, fast schon empörtes Miauen ließ Nevio erschrocken zusammenzucken.

Im Reflex biss er heftig seine Zähne zusammen und wich dann ruckartig von Darian zurück, welcher schmerzerfüllt aufzischte und seine leicht blutende Lippe hielt. Verdammt. Nevios Kopf fühlte sich an, als würde er gleich explodieren, seine Wangen waren in ein glühendes Rot verfärbt und das schlechte Gewissen pumpte sich durch seine Nervenbahnen. Er hatte ihn gebissen. "Es...es tut mir so leid..",stotterte der Sechzehnjährige sich gerade noch so zurecht und sprang dann vom Bett auf, um die Taschentücher vom Schreibtisch zu holen, stolperte dabei jedoch über Yoda, die sich beleidigt auf dem Boden zusammengerollt hatte. Seit ihr Nevio diesen Kerl küsste, fühlte sie sich seltsam vernachlässigt von ihm und auch ihre plötzliche Abneigung gegenüber Darian war kein Geheimnis, wo sie ihn doch am Anfang noch gemocht hatte. "Vorsichtig Yoda",murmelte Nevio gestresst vor sich hin, erntete dafür jedoch nur ein bissiges Fauchen von seiner besten Freundin.

"Gehts?" Besorgt blickte Nevio Darian an, als er sich knapp nickend das wenige Blut von der Lippe wischte. "Ich bin eben zum Anbeißen." Darian grinste seinen Kleinen gut gelaunt an, welcher automatisch wieder errötete und sich daraufhin seine Yoda vom Boden schnappte und sie fest an seinen zierlichen Körper drückte. "Mag schon sein.." Mit gesenkter Stimme blickte Nevio zu seiner Katze hinab und fuhr ihr mit sanften Bewegungen durch das dichte Fell. "Aber Yoda hat Recht. Wir haben in letzter Zeit wirklich kaum noch was zusammen gemacht.." Reuevoll schmiegte Nevio seine Wange an das weiche Fell seiner Katze, welche ihm sofort verziehen hatte. Noch nie hatte sie lange böse auf ihn sein können. "Ich...ich denke du solltest jetzt erstmal gehen..",brachte der Junge schüchtern hervor, auch wenn es sich schlecht anfühlte, Darian einfach rauszuschmeißen. Aber Yoda und er brauchten auch Zeit füreinander und er wollte doch auch nicht zu schnell langweilig für Darian werden, weil sie nur aufeinander hockten...und außerdem hatte er ihn gebissen.

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