Kapitel 11 - Dich lasse ich nicht mehr gehen

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Aaron

Ich sehe lächelnd meiner Schwester Emily zu, wie sie Ally feste an sich drückt und ihr irgendetwas ins Ohr flüstert, das Ally zum Grinsen bringt.

„Und du, kleiner Bruder, passt mir auf dieses wunderbare Geschöpf auf. Ich mag sie. Sie ist wesentlich besser als Lucy." Bei dem Gedanken an meine Ex, die mich betrogen hat, verzieht sie das Gesicht. Immerhin hat Carly ihre Rache an ihr genommen, als sie ihr Auto zerkratzt hat. Bei dem Gedanken daran muss ich lachen. Ich nicke meiner Schwester zu und nehme sie dann ebenfalls feste in den Arm, ehe sie sich umdreht und in die Richtung ihres Gates läuft, um zurück nach England zu fliegen.

„Ich mag deine Schwester", sagte Ally und grinst mich breit an.

„Ja, ich glaube sie mag dich auch sehr gern."

Vor zwei Tagen haben wir meine Eltern beerdigt und ich fühle mich viel besser. Es war wie ein Kapitel zu beenden und ein Neues anzufangen. Ein gewisser Schmerz wird immer da sein, aber ich lerne jeden Tag ein Stück mehr damit umzugehen. Ally hat wahnsinnig viel bei den Vorbereitungen geholfen und zusammen mit Emily haben wir uns um alles gekümmert, was meinen Eltern wichtig war. Nun können sie in Ruhe ihren Frieden im Himmel finden. Ich stelle mir vor, wie sie von oben auf uns herab lächeln und stolz auf uns sind. Der Gedanke gefällt mir und gibt auch mir etwas Frieden.

Ich lege Ally den Arm um die Schulter und ziehe sie nah zu mir heran, um den fruchtigen Duft ihres Shampoos tief einzuatmen. Ich liebe ihren Duft - so unvergleichlich Ally.

„Was würdest du jetzt gerne machen?", fragte sie mich zu mir rauf schauend und ich lächele diese blonde Powerfrau an, die mir so sehr durch diese schwere Zeit geholfen hat.

„Jetzt gehen wir erst mal Heim, entspannen etwas und heute Abend würde ich dich gerne zum Essen ausführen."

Ally schaut mich überrascht an.

„Essen gehen?", fragt sie und noch während sie spricht macht sich ein dickes Lächeln auf ihrem Gesicht breit.

„Ja. Weißt du, das macht man so. Es gibt Orte, die nennen sich Restaurants. Da kann man hingehen, wenn man Hunger hat und die servieren einem da tatsächlich Essen, was man sich auch noch auf einer Karte aussuchen kann... Aua!" Ally streckt mir die Zunge raus und haut mir gegen den Oberarm. Anschließend streicht sie sich vorsichtig über die Faust.

„Aua. Hör auf so viel zu trainieren." Ich lache laut und gemeinsam laufen wir zu meinem Auto. In angenehmen Schweigen fahren wir nach Hause, während die Imagine Dragons leise im Radio über Dämonen singen. Es dauert nicht lange, bis Ally die Augen schließt und leise mit summt. Nach einer Weile werden daraus leise Worte und ich höre ihr gespannt zu. Sie hat eine wunderschöne Stimme. Glockenklar und recht hoch. Wie ein Engel. Sie scheint nicht mal zu bemerken, dass sie mitsingt. Erst als ich leise mit einstimme, reißt sie die Augen auf schaut erschrocken zu mir rüber.

„Heilige Scheiße, Aaron. Du kannst singen." Ich lache und nicke.

„Erzähl das niemandem! Erst recht nicht Kayden. Der würde nie aufhören mich aufzuziehen." Ally grinst mich an und nickt dann. „Du singst auch wunderschön."

Ihr Wangen färben sich leicht rosa und ich liebe diesen Look an ihr.

„Danke. Ich singe in einem Chor an der Uni und es macht wirklich Spaß. Ich habe schon öfter drüber nachgedacht, mich mal aufzunehmen, aber ich traue mich nicht und habe auch gar nicht das richtige Equipment dafür."

Ich schaue sie lange an, viel zu lange. Creep. Sag was! „Das solltest du auf jeden Fall machen. Die Welt sollte deine Stimme hören." Sie lächelt mich noch kurz an, ehe sie ihren Kopf schnell zur Seite dreht und die vorbeiziehenden Häuser in unserer Straße betrachtet. Scheinbar habe ich einen wunden Punkt getroffen. Ich mache mir eine Notiz im Kopf, sie irgendwann mal danach zu fragen.

Ich parke mein Auto vor dem Gebäude, in dem wir wohnen und ich laufe schnell auf ihre Seite des Wagens, um ihr die Tür aufzuhalten.

„Wow, danke", sagt sie, ehe sie die Treppen zur Haustür aufsteigt und in das Haus eintritt. Ich folge ihr und kurz darauf lasse ich mich in meine Couch fallen. Ally steht mitten im Raum und schaut sich langsam um. Irgendetwas beschäftigt sie.

„Komm her!", sage ich zu ihr, klopfe kurz auf den Platz links von mir und breite dann die Arme aus. Allys ganzes Gesicht erhellt sich und zögerlich geht sie auf mich zu, ehe sie sich ebenfalls setzt, in meine Arme rutscht und ihren Kopf auf meine Schulter legt. Erneut trifft mich der Geruch ihres Shampoos und ich ziehe sie näher zu mir und lege beide Arme um sie. Sie seufzt leise und kuschelt sich feste an mich.

„Möchtest du über irgendetwas reden?", frage ich sie, aber ich spüre nur, wie sie vorsichtig den Kopf schüttelt.

„Im Moment nicht. Vielleicht bald", haucht sie und ich nicke. Ich gebe ihr einen Kuss auf die Stirn und schalte den Fernseher ein. Mit Lucy war es nie so einfach. Sie hat ständig geredet. Wir saßen nie ruhig gemeinsam irgendwo. Sie war ein Energiebündel, was ich toll fand, aber ich brauche auch mal Ruhe und das gab es bei ihr nie.

Es dauert nicht lange und ich merke, wie Allys Atem immer gleichmäßiger wird und sie eingeschlafen zu sein scheint. Ich streiche ihr sanft über ihr glattes und weiches beinahe weißes Haar und gebe ihr erneut einen Kuss auf die Stirn.

„Dich lasse ich nicht mehr gehen", flüstere ich, ehe ich ebenfalls einschlafe.

AaronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt