Um Ostern herum wurde uns die dritte Aufgaben mitgeteilt. Auf dem Quidditchfeld war ein Irrgarten aufgebaut und wir sollten den Trimagischen Pokal finden und ihn berühren. Der, welcher ihn als erstes berührt, würde die volle Punktzahl erhalten und somit das Trimagische Turnier gewinnen.
Krum hatte Harry zur Seite genommen und ich lief etwas durch den Wald. Ich hörte wie die beiden redeten, doch ich konnte nicht genau verstehen was sie sagten. Plötzlich sah ich eine Bewegung zwischen den Bäumen. Ich schob meine Hände unter den Umhang und zog behutsam meinen Zauberstab. Ich erblickte Harry und Krum an ein Baum gedrückt neben mir. Ich gab ihnen stumme Zeichen. Harry nickte.
In diesem Augenblick stolperte ein Mann hinter einer hohen Eiche vor. Einen Moment kam er mir fremd vor... doch dann erkannte ich Mr Crouch. Er sah aus, als wäre er seit Tagen unterwegs. An den Knien war sein Umhang zerrissen und blutig, sein Gesicht war zerkratzt, er war unrasiert und aschgrau vor Erschöpfung. Sein sonst immer geschniegeltes Haar und sein Schnurrbart hatten Wasser und Schere dringend nötig. Mr Crouchs merkwürdige äußere Erscheinung war jedoch nichts im Vergleich zu seinem Gebaren. Murmelnd und gestikulierend schien jener mit jemanden zu sprechen, den nur er allein sehen konnte. Er erinnerte mich lebhaft an einen alten Landstreicher.
"Warr er nicht ein Richter?", sagte Viktor und starrte Mr Crouch mit großen Augen an. "Ist er nicht aus eurem Ministerium?"
Harry und ich nickten. Ich zögerte einen Moment lang, dann trat ich, gemeinsam mit Harry, einen Schritt auf Mr Crouch zu, der uns nicht ansah, sondern weiter mit einem Baum in der Nähe sprach:
"... und wenn Sie das erledigt haben, Weatherby, schicken Sie eine Eule zu Dumbledore und bestätigen Sie ihm die Zahl der Durmstrang-Schüler, die am Turnier teilnehmen, Karkaroff hat soeben mitgeteilt, dass es zwölf sein werden..."
"Mr Crouch?", sagte ich behutsam.
"... und schicken Sie eine weitere Eule an Madame Maxime, denn vielleicht möchte sie die Zahl der Schüler, die sie mitbringt, aufstocken, da jetzt Karkaroff ein rundes Dutzend veranschlagt... tun sie das, Weatherby, hören Sie? Hören Sie? Hören..." Mr Crouchs Augen quollen hervor. Da stand er. Dann stolperte er seitlich weg und fiel auf die Knie.
"Mr Crouch?", sagte Harry laut. "Was ist mit Ihnen?"
Crouchs Augen rollten in ihre Höhlen. Ich sah mich nach Krum um, der uns zwischen den Bäumen gefolgt war und mit alamierendem Blick auf Mr Crouch hinuntersah.
"Was fehlt ihm denn?"
"Keine Ahnung", murmelte ich.
"Hör zu", fügte Harry mit fester Stimme hinzu. "Du gehst am besten jemanden holen-"
"Dumbledore!", keuchte Mr Crouch. Er streckte die Hand aus, packte meinen Umhang und zog mich zu sich her, aber seine Augen stierten immer noch über meinen Kopf hinweg. "Ich muss... Dumbledore... sprechen..."
"Gut", sagte Harry, "wenn Sie aufstehen würden, Mr Crouch, dann können wir hoch zum-"
"Ich hab... Dummheit... gemacht", hauchte Mr Crouch. Er machte den Eindruck eines vollkommen Wahnsinnigen. Seine Augen rollten und traten hervor und ein Rinnsal aus Speichel lief ihm über das Kinn. "Muss es... Dumbledore... sagen."
"Stehen Sie auf, Mr Crouch", sagte ich laut und deutlich. "Stehen Sie auf, ich bringe Sie zu Dumbledore."
Mr Crouchs Blick kippte in meine Richtung.
"Wer... du?", wisperte er.
"Ich bin eine Schülerin aus dem Schloss", sagte ich und sah hilfesuchend zu Harry, der gebannt Mr Crouch anstarrte.
"Du bist nicht... seiner?", flüsterte Crouch, und der Unterkiefer fiel ihm herab.
"Nein", sagte ich, ohne die geringste Ahnung, wovon Crouch überhaupt redete.
"Dumbledores?"
"Ja, stimmt", sagte ich.
Crouch zog mich näher an sein Gesicht; ich versuchte Crouchs Klammergriff an meinem Umhang zu lockern, doch er war zu kräftig.
"Warne... Dumbledore..."
"Ich hole Dumbledore, wenn Sie mich loslassen", sagte ich. "Lassen Sie mich einfach los, Mr Crouch, und ich hole ihn..."
"Danke, Weatherby, und wenn Sie das erledigt haben, hätte ich gerne eine Tasse Tee. Meine Frau und mein Sohn werden in Kürze eintreffen und heute Abend gehen wir mit Mr und Mrs Fudge ins Konzert", Crouch sprach nun wieder eifrig mit einem Baum und schien meine Anwesenheit völlig vergessen zu haben, was mich so bestürzte, dass ich gar nicht merkte, dass Crouch mich losgelassen hatte. "Ja, mein Sohn hat jüngst zwölf ZAGs erworben, äußerst zufrieden stellend, ja, danke Ihnen, ja, wirklich sehr stolz. Nun, wenn Sie mir bitte das Schreiben des andorranischen Zaubereiministers bringen würden, ich denke, ich habe Zeit, eine Antwort aufzusetzen..."
"Ihr bleibt hier", sagte Harry bestimmt an Viktor und mich gewandt. "Ich hole Dumbledore, das geht schneller, weil ich weiß, wo sein Büro ist-"
"Er ist wahnsinnig", sagte Viktor.
"Ich komme mit", sagte ich und hatte mich halb erhoben, doch das schien einen erneut plötzlichen Wandel in Mr Crouchs Gedanken auszulösen; er schlang den Arm fest um mein Knie und zog mich wieder zu Boden.
"Lass... mich... nicht allein!", flüsterte er und wieder traten ihm die Augen aus den Höhlen. "Ich... bin entkommen... muss es Dumbledore... sagen... warnen... meine Schuld... alles meine Schuld... Bertha... tot... alles meine Schuld... mein Sohn... meine Schuld... sag Dumbledore... Luna Black... der dunkle Lord... stärker... Luna Black... Harry Potter..."
"Los, Harry geh!", rief ich.
Harry drehte sich um und verschwand.
"Viktor, darf ich alleine mit ihm reden?", fragte ich zaghaft.
"Natürlisch, Luna."
Viktor drehte sich auch um und spazierte durch den Wald.
"Mr Crouch, es ist äußerst wichtig, dass Sie mir alles über Ihren Sohn erzählen, was sie wissen", sagte ich und legte ihm behutsam die Hand auf die Schulter. "Alles."
Sein Griff wurde noch fester um mich, als habe er Angst vor etwas, das da draußen lauerte.
"Hat es etwas mit Karkaroff zu tun? Er ist immerhin ein Todesser", sagte ich und wartete geduldig auf eine Antwort. Er schaute mir direkt in die Augen und ich entdeckte einen Ausdruck, den ich noch nie zuvor bei ihm gesehen habe. Reue. Es machte mir Angst, ihn so zu sehen. Jemand hatte ihm das angetan, dass er so komisch - wie ein Verrückter - war. Jemand musste ihn mit einem der Unverzeihlichen Flüche belegt haben.
"Mein Sohn... lebt... Todesser... Hogwarts... Turnier... Luna ist... in... Gefahr... Harry Potter... Vielsaft-"
Er wurde durch ein Knacken unterbrochen und ich griff nach meinem Zauberstab.
"Stupor!", rief jemand in der Ferne. Ein Geräusch ertönte, das sich so anhörte, als sacke jemand auf dem Boden zusammen.
"Viktor?", flüsterte ich und Crouchs Griff löste sich. "Sie bleiben hier", sagte ich an Mr Crouch gewandt, doch er drückte sich noch fester an mich.
Ich spürte nicht nur seine Angst, sondern roch sie komischerweise auch. Doch ich hatte genau so Angst - Angst vor dem Etwas, welches in den Tiefen des Waldes lauert.
"Bitte, Mr Crouch, lassen Sie mich los", versuchte ich es sanfter.
"Luna... Prophezeihung... Wenn der Neumond sich zeigt... er zurückkehrt... und ein Mord stattfindet... wird aus einer Gefürchteten... wird... wird eine Heldin... und aus dem Welpen... eine Wölfin", nuschelte er, doch ich verstand jedes Wort.
"Was heißt das?", sagte ich.
Er schüttelte demonstrativ den Kopf. Ich verstellte meine Stimme, sodass sie höher war.
"Barty, lass mich bitte los", flüsterte ich. Seine Pupillen weiteten sich. Ich sah es, selbst wenn es so dunkel war, in dem Mondlicht.
"Oh Silvana, wie dich vermisst habe", hauchte er und schien wieder mit einem Schlag er selbst zu sein. "Du weißt gar nicht, wie ich dich vermisst habe. Aus unserem Sohn ist ein Monster geworden..."
Ich verstand: er hielt mich für seine tote Frau Silvana Crouch.
Ich öffnete den Mund um ihm etwas zu sagen, doch er hob die Hand, um mir zu bedeuten, ich solle schweigen. Vorsichtig drehte er meinen Kopf nach links und dann nach rechts. Schließlich legte sich ein verliebtes Lächeln auf seine Lippen. Er war tatsächlich nicht bei Sinnen...
"Barty, das können wir später regeln", sagte ich wie zu einem kleinen Kind und er nickte. Etwas zögerlich lockerte er seinen Griff.
Schließlich ließ er komplett von mir ab und ich stand zögerlich auf; griff nach meinem Zauberstab.
"Ist da jemand?", rief ich in den Wald hinein.
Stille.
"Viktor?"
Wieder Stille.
"Lumos." Die Spitze meines Stab leuchtete auf, doch das Licht war nicht hell genug.
Ich konzentrierte mich auf eine Erinnerung von meinen Eltern und mir. Ich schwang meinen Stab und rief "Expecto patronum!"
Etwas silbriges schoss aus der Spitze hervor und langsam bildete sich eine Gestalt. Ein silberner Wolf.
Wieder ertönte ein Geräusch und ich folgte ihm.
"Levicorpus!", rief jemand und ich wurde kopfüber in die Luft geschleudert. Strampelnd versuchte ich, runter zu kommen, doch es brachte mir nichts.
Ich hatte den Gegenspruch vergessen und war somit hilflos.
"Sonorus!", sagte ich, dass meine Stimme lauter wurde. "HILFE! HILFE! ICH BRAUCHE HIL-"
"Nicht so laut", ertönte eine belustigte Stimme und ich drehte den Kopf, doch ich erblickte niemanden.
"Mr Crouch?", rief ich. "Viktor? Harry? Mr Bagman? Professor Dumbledore? Irgendwer..."
"Quietus!", rief jemand und meine Stimme war wieder normal.
"Wer sind Sie?", kreischte ich panisch um mich schlagend. "HILFE!"
"Wer ich bin, willst du wissen?", ertönte wieder diese belustigte Stimme, während ich kopfüber in der Luft hin. "Du kennst mich. Wir haben uns im Schloss kennengelernt und - wie sagte ich es freundlich? - gekämpft. Anscheinend hast du meinen Vater schon kennengelernt. Der alte Narr hat dich wirklich für meine Mutter gehalten!" Er lachte wie ein Irrer auf.
"Shit." Mir war klar, wer das war. Es war er.
"Haben Sie das ihrem Vater angetan?", verlangte ich ängstlich das von ihm zu wissen.
"Oh ja."
"Lumos", rief jemand anderes und er verschwand mit einem leisen Plopp.
"Harry? Viktor? Professor Dumbledore?", schrie ich laut und deutlich.
"Um Gottes Willen! Luna!" Harry und Professor Dumbledore kamen angerannt.
"Was ist passiert?", fragte Harry.
"Liberalevicorpus!", rief Dumbledore und ich landete auf dem Boden.
"Danke", murmelte ich. "Und zu deiner Frage, ich habe ein - SCHEIßE! MR CROUCH!"
Ich hastete zu der Stelle, wo er gesessen hatte, ohne darauf zu achten, ob Dumbledore und Harry mir folgten.
"Er war hier", wisperte ich, auf die Stelle deutend, wo er saß. "Mr Crouch?", rief ich laut.
"Habt ihr ihn gesehen?", wandte ich mich an die beiden, die schaufend bei mir ankamen.
"Nein."
Wimmernd setzte ich mich auf die Stelle, wo Mr Crouch gewesen war.
"Crouch. Ich... ich hätte ihn nicht hier lassen dürfen...", flüsterte ich.
Den Gesprächen um mich herum hörte ich gar nicht zu. Ich dachte nach. Wer hätte ihm etwas antun können? Sein Sohn.
"Luna", Dumbledore legte eine Hand auf meine Schulter, "kannst du mir berichten, was passiert ist?"
"Ähm...", nachdenklich kaute ich auf meiner Wange herum. "Er hatte etwas von seinem Sohn gesprochen..."
Der Professor kniete sich hin, dass er mit mir auf Augenhöhe war.
"... er sagte, ich sei in Gefahr, er erwähnte Harry Namen und das Turnier."
Seufzend ließ ich meinen Oberkörper nach hinten ins Gras sinken und starrte in den Sternenhimmel empor.
"Hat er noch etwas gesagt?", hakte Professor Dumbledore nach.
"Nein." Im Stillen hatte ich beschlossen, das Wort, welches er erwähnte 'Vielsaft-' nicht zu erwähnen, da ich nicht wusste, was er damit gemeint hat.
"Dann war da noch jemand, der mich mit Levicorpus in die Luft befördert hat", murmelte ich nachdenklich.
"Weißt du, wer es war?"
"Barty Crouch..."
Ich spürte, dass Dumbledore verwirrt drein blickte.
"...Junior", endete ich.
"Bist du dir da sicher?"
"Ja", kam es prompt von mir.
"Na gut." Seufzend stand ich auf.
"Alastor, bringen Sie Miss Black bitte in den Gryffindor Turm", sagte der Schulleiter an Moody gewandt.
Wie ist der denn hier her gekommen?"Du solltest nächstes Mal besser aufpassen", sagte Moody, während wir die Treppen zum Turm hochstiegen.
"Wovor?", fragte ich.
"Vor dem, was da draußen ist." Mit einer großen Geste fuchtelte er mit den Händen herum.
"Und wie soll ich das anstellen?"
Ich war stehen geblieben, stemmte die Hände in die Hüften und blies mir eine Strähne aus dem Gesicht.
"Sei nicht zu neugierig."
Ich dachte darüber nach.
Es war ein so simpler, aber gleichzeitig mehrdeutiger Satz. Nur wie sollte ich ihn verstehen?
Und dann fiel er mir wieder ein. Ich war an allem Schuld. Wäre ich nicht so neugierig gewesen, würde ich wissen, was mit Mr Crouch wäre. Er würde Wie immer grimmig drein blickend etwas mit Mr Bagman besprechen, doch so war es nicht.Seufzend ließ ich mich auf der Couch im Gemeinschaftsraum nieder.
Was habe ich nur getan?
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Luna Black - Murderer's or Marauder's Daughter (Beendet)
FanfictionNachdem Luna aus Askaban flieht, sucht sie Unterschlupf bei ihrem Paten Remus Lupin, der Lehrer in Hogwarts ist. Als Luna erfährt, dass Harry Potter in Hogwarts ist; möchte sie ihn gerne finden. Nur wieso? Einige Zeit später wird Luna nach Hogwarts...