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Ich schrieb meiner Mutter und entgegen meiner Erwartungen willigte sie ein, solange ich nach dem Training sofort nach Hause käme.
Wahrscheinlich war mein Vater wieder auf Geschäftsreise, denn er hätte es bestimmt nicht erlaubt, während meine Mutter versuchte, mir so viele Freiheiten zu lassen wie möglich.

Alex und ich beschlossen, uns umzuziehen und Zähne zu putzen und dann einen Film zu schauen, was ich eigentlich für eine gute Idee hielt.
Bis mir auffiel, dass ich ja keine Wechselklamotten, sondern nur mein Outfit von der Party hatte, in dem ich auch geschlafen hatte. Aber Alex nach frischen Sachen zu fragen wäre jetzt auch blöd. Und außerdem viel zu klischeehaft.
Noch während ich nachdachte, bekam ich plötzlich eine schwarze Jogginghose an den Kopf geworfen. Ich drehte mich irritiert zu Alex um, der vor seinem Schrank hockte.
,,Ich denke mal, du möchtest frische Sachen haben?"
Ich nickte zögerlich.
,,Du kannst die Hose anziehen. Möchtest du einen Hoodie haben? Ich hab dich eigentlich noch nie etwas anderes tragen sehen, weshalb ich davon ausgehe, dass du sie magst?"
,,Ich liebe Hoodies", sagte ich und im nächsten Moment kam mir ein roter entgegen geflogen, den ich schnell auffing, ehe er auf den Boden fiel.
,,Rot steht dir gut", meinte Alex und ich erinnerte mich, dass ich meinen roten Hoodie getragen hatte, als wir an dem Geschichtsprojekt gearbeitet hatten. Auch wenn ich mich wunderte, dass er sich daran nich erinnerte.
Ich bedankte mich verlegen und fing auch noch die Boxershorts auf, die Alex zu guter Letzt noch herüberwarf. Er ließ mir den Vortritt im Bad, während er sich noch etwas zum Anziehen suchte.
,,Handtücher sind im Schrank unter dem Waschbecken. Neue Zahnbürsten auch."
Ich bedankte mich erneut und duschte schnell. Danach trocknete ich mich ab und schlüpfte in Alex' Sachen. Ich wusste nicht, ob es am Waschmittel oder an Alex lag, aber sie rochen unglaublich gut.
Das würde ich ihm aber bestimmt nicht sagen.
Da ich keinen Kamm hatte, fuhr ich mir mit den Fingern durch die noch nassen Haare, setzte meine Brille auf und putzte mir die Zähne. Danach machte ich es mir schonmal auf dem Sofa gemütlich und wartete, bis Alex im Bad fertig war, was zum Glück nicht allzu lange dauerte. Alex genoss den Luxus eines eigenen Fernsehers, der gegenüber von der Couch auf einem niedrigen Sideboard stand, sodass wir den Film in Ruhe gucken konnten. Nicht wie bei mir, wo ich immer ins Wohnzimmer gehen musste, in dem gelegentlich auch meine Eltern waren. Alex ließ sich neben mir aufs Sofa fallen und schaute mich an.
,,Was willst du gucken?"
Ich zuckte mit den Schultern.
,,Mach du ruhig einen Vorschlag."
Wir einigten uns relativ schnell auf "Der Teufel trägt Prada", weil wir einen ähnlichen Filmgeschmack hatten. Ich hatte den Film schon mehrere Male gesehen, fand ihn aber so gut, dass es nicht schadete, ihn noch einmal anzugucken. Außerdem war mir fast alles recht, wenn ich dann Zeit mit Alex verbringen konnte. Auch wenn ich immer versuchte, dieses Bedürfnis zu unterdrücken.

Am Abend fuhren wir wie vereinbart zusammen zum Tanzstudio, nahmen aber diesmal den Bus. Ich bedankte mich nochmal bei Alex' Eltern dafür, dass ich hatte bleiben dürfen, doch sie winkten nur ab. Ich behielt Alex' Sachen an, weil ich immer in Jogginghose und Hoodie tanzte, Alex bestand jedoch darauf, dass ich zumindest ein T-Shirt von ihm mitnahm, falls es mir später zu warm werden sollte. Was mit Sicherheit der Fall sein würde, weil das Training in der Regel sehr anstrengend war.
Ich bedankte mich zum gefühlt hundertsten Mal heute und wir machten uns auf den Weg zur Bushaltestelle. Die Sonne war schon untergegangen und die Straßenlaternen gingen nach und nach an. Wir unterhielten uns ein wenig, die meiste Zeit über jedoch herrschte ein angenehmes Schweigen. Der Bus kam nach nur wenigen Minuten Wartezeit, war aber leider sehr voll, weil viele Leute auf dem Heimweg von der Arbeit oder anderswo waren. Ich wollte mich an einem der oberen Haltegriffe festhalten, weil die Haltestangen bereits von Menschen belagert wurden, kam allerdings nicht dran, weil ich zu klein war. Alex neben mir hingegen stand ganz enstpannt da und hielt sich fest. Als der Bus anfuhr, stolperte ich und schlang instinktiv die Arme um seine Hüfte, was ihm ein wissendes Grinsen entlockte.
Mein Gesicht wurde warm und ich wollte ihn so schnell wie möglich loslassen, aber er sagte nur:
,,Ich glaube nicht, dass du durch den ganzen Bus fliegen willst, also halt dich fest, Mini-Felix."
,,Ich bin nicht klein."
Alex legte statt einer Antwort nur sein Kinn auf meinen Kopf. Was aber natürlich nicht daran lag, dass ich klein war. Er war nur eben größer.
Ich verbarg mein Gesicht verlegen in seinem Pullover und versuchte, so gut wie möglich das Gleichgewicht zu halten, während der Bus sich weiter durch die Straßen schlängelte.
Mit einem Mal hörte ich, wie jemand neben mir irgendetwas von wegen "couplegoals" flüsterte und hob den Kopf. Zwei Mädchen starrten mich und Alex mit großen Augen an, schauten aber schnell in eine andere Richtung, als sie meinen Blick bemerkten.
,,Was habt ihr gesagt?"
Sie wurden rot und drucksten herum, bis eine von ihnen schließlich mit der Sprache herausrückte.
,,Wir haben nur gesagt, was für ein süßes Paar ihr beiden seid... und wahrscheinlich mehr couplegoals erfüllt als wir es jemals schaffen würden - wenn wir denn überhaupt in einer Beziehung wären." (richtig ich einfach)
Ich räusperte mich verlegen und suchte nach den passenden Worten. Leider hielt Alex es nicht für nötig, mir zu helfen, sondern legte nur seine freie Hand auf meinen Rücken.
,,Also... ähm... wir sind nicht zusammen. Wir sind nur ganz gut befreundet."
Die beiden Mädchen guckten wie zwei Autos.
,,Echt nicht?", fragte die, deren Haare zu einem scheinbar unendlich langen Zopf geflochten waren. Ich wollte gerade zu einer Bestätigung ansetzen, als Alex mir plötzlich durch die Haare wuschelte.
,,Er ist nur ein bisschen schüchtern und möchte es nicht in der Öffentlichkeit zugeben, weil es nach wie vor viele Leute gibt, die ein Problem mit Homosexuellen haben."
Mir blieb der Mund offen stehen und ich wollte etwas entgegnen, kam aber nicht dazu, weil der Bus in diesem Moment anhielt und er mich mit einem ,,Tschüss, wir müssen hier raus" aus dem Bus bugsierte.

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Danke fürs Lesen!
Wörter: 1030
Wow, ich glaube, es ist das erste Mal, dass ich die 1000 Wörter geknackt habe (oder das zweite?)
Egal, das nächste Kapitel kommt jedenfalls bald, weil ich jetzt erstmal nicht mehr so viel zu Tun habe und ja... ich hoffe, es hat euch gefallen und bis dann! ^^

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