Ein für alle Mal

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-Sevi
Die Tage vergehen, Tage werden zu Wochen und Wochen zu drei Monaten. Wir machen viel Musik zusammen. Als Band. Wir verstehen uns alle echt gut, lachen viel zusammen. Aber diese Einsamkeit hat sich in mir fest gefressen. Jeden Tag setze ich eine Maske mit einem Lächeln auf, um meine Freunde nicht mit in diesen Konflikt zu ziehen. Malte und ich spielen den anderen zuliebe etwas vor. Immer wenn er mich zufällig berührt, zucke ich zusammen, als hätte er mich verbrannt. Er schaut mich immer mit so einem bemitleidenden Blick an, als würde er viel besser mit all dem klarkommen. Was er wahrscheinlich auch tut. Es macht mich rasend vor Eifersucht, dass er sich wie ein arrogantes Arschloch verhält. Eine kleine Stimme in meinem Kopf meldet sich zu Wort: ,,Vielleicht macht er das auch nur, um seine Gefühle zu überspielen!" ,,Sei leise." Mein Kopf pocht. Das Blut steigt mir in den Schädel, als ich gerade auf dem Balkon eine rauche.

-Malte
Severin und ich haben seit dem nur eine notwendige Menge an Worte gewechselt. Schon komisch, dass die anderen nicht merken, wie verletzt wir beide sind. Vielleicht merken sie es ja doch? Die Situation bereitet mir Tag für Tag Schmerzen. Mal hier, mal dort, aber immer meldet sich mein Herz. "Halloooo? Seid ihr eigentlich vollkommen bescheuert?" Zumindest musikalisch läuft alles gut. Na immerhin etwas. Draußen steigen kleine Rauchwolken auf und ich beobachte, wie Severin nervös an seiner Zigarette zieht. Ich öffne die Tür des Balkons, setze mich auf die Schwelle und schließe langsam die gläserne Tür. "Wir müssen reden.", flüstere ich, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er auch das gehört hat.

-Sevi
,,Ich will aber nicht reden.", sage ich abweisend und kehre ihm weiterhin meinen Rücken zu. ,,Aber wir müssen..." Er steht auf und stellt sich neben mich an das rostige Geländer. Sein Arm berührt meinen, so nah tritt er neben mich. Warum tust du das? Ich bringe wieder Abstand zwischen uns. ,,Was ist?"

-Malte
"Das ist total bescheuert, was wir hier abziehen. Ich hab kein' Bock mehr darauf, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. NICHTS IST IN ORDNUNG!" Severin zuckt vor meiner Lautstärke zurück. "Sorry... aber ist doch wahr... Ich will das nicht mehr. Entweder wir sprechen uns jetzt aus, oder wir beenden diese Sache ein für alle Mal. Ich mache dich unglücklich. Das sehe ich. UND ich möchte das nicht. Du bedeutest mir doch was.. Es tut mir leid, dass ich mich so beschissen benommen habe, ich wusste nicht, was das auslöst." Ich suche Augenkontakt und schiebe mit meiner Hand seinen Kopf in meine Richtung. "Sevi.., bitte."

-Sevi
Ich umfasse mit meiner Hand seine an meiner Wange und nehme sie herunter, damit ich meine Finger mit seinen verschränken kann. Unsere Hände scheinen perfekt ineinander zu passen. Wir blicken beide hinab zu unseren verschlungenen Fingern. ,,Wir sollten vielleicht..." Mein Herz beginnt zu rasen, als ich in diese blauen Augen schaue. Aus seinem Blick spricht so viel Ehrlichkeit. Ich räuspere mich. ,,Also... Ich... Ähm..."
Seine freie Hand schiebt sich in meine krausen Haare und fährt langsam durch sie hindurch. ,,Was tust du da...?", flüstere ich. ,,Tut mir leid, ich kann meine Finger nicht von dir lassen.", raunt Malte nahe an meinem Ohr und ich spüre seinen heißen Atem an meinem Hals. Du machst mich wahnsinnig. Während du mir so nahe bist, kann ich das hier nicht ein für alle Male beenden... ,,I-Ich glaube... Es wäre besser für die Band das Ganze zu beenden. Wir... Wir wissen doch auch nicht ganz, was es ist. LÜGNER!Vielleicht... Vielleicht werde ich glücklicher, wenn ich all das loslasse." Schon während ich die Worte ausspreche, verpesten die grausigen Lügen meine Kehle und hängen um meinen Tresor eine Metallkette. Mein Herz schmerzt fürchterlich. Das ist nicht wahr. Das ist nicht wahr... Du... Du kannst nicht damit aufhören, an ihn zu denken, Sevi! Warum willst du das kleine Glück zerstören? ,,Okay...", murmelt er, aber wider seiner Worte halten wir immer noch Händchen und seine Hand liegt immer noch locker in meinem Nacken. Das Knirschen der sich öffnenden Balkontür lässt uns auseinander fahren.

-Malte
Chrissi öffnet die Tür und betrachtet uns, als hätte er gerade ein Geist gesehen. "Ich geh dann wohl besser.", rufe ich, lege die Hände in den Nacken und verlasse den Balkon. Weil ich in keinem Zimmer die Möglichkeit habe, wirklich allein zu sein, flüchte ich nach draußen und setze mich in den Hinterhof. Wenn er es so will, dann ist es so. Arsch. All die aufgestauten Gefühle verlassen mich und mir rinnen die Tränen die Wangen herunter. Was soll ich denn jetzt machen, verdammt? Ich.. ich.. Nervös spiele ich am Reißverschluss meiner Jacke, während ich immer wieder auf die kahle Hauswand starre. Verdammte Scheiße. "SCHEIẞE!" Mein Ausruf hallt durch den ganzen Hinterhof und als würde es etwas ändern, halte ich mir die Hand vor den Mund. Na dann nicht, Herr Kantereit. Dann ist die Sache eben gegessen, hmm. Hallo Malte? Hier ist dein Hirn. Du willst das nicht enden lassen, Idiot.

-Sevi
Chrissi mustert mich abschätzend. ,,Alles okay bei euch...?" Ich nicke traurig und rauche meine Zigarette zu Ende. Ich habe ihn mit meiner Entscheidung verletzt. Warum sollte er sonst abhauen? ,,Ich wollte euch jedenfalls eigentlich für eine andere Neuigkeit holen. Wir treffen uns bei Henning im Zimmer. Holst du noch schnell Malte?" Wieder nicke ich abgehackt. Ich glaube, er ist Richtung Hinterhof gegangen. ,,SCHEIßE!" , tönt sein Fluch schon von Weitem. Da sitzt er. Auf der Treppe. Das Gesicht in die Hände gestützt. Er hat geweint. ,,Malte...?"

-Malte
Schnell wische ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln. "Was willst du?" raune ich, als er mich an der Schulter packt und mich unterbricht. "Komm mit nach oben. Chrissi möchte uns irgendetwas erzählen." Er dreht mir den Rücken zu und nimmt wieder die Treppe nach oben. Eine Sekunden später folge ich ihm und lasse mich auf einen hölzernen Küchenstuhl nieder. "... Also? Was gibt's?"

Liebe auf den zweiten Blick [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt