Gute Nacht

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-Malte
Etwa 5 Minuten später kommt er wieder zu sich. Meine Eltern stehen sorgend an der Lehne der Couch, um ihn zu beruhigen. Ich habe mich in die Küche geflüchtet, um.. meinem Kühlakku zu wechseln. Ja, sicher. Du hast einfach nur Angst.
"Malte, hol' ein Glas Wasser!" Ich stampfe ins Wohnzimmer und knalle das Glas auf den Tisch. Dabei verliere ich den Blick in seinen Augen. Die Augen, die mich eigentlich so verrückt machen. Die Augen, die dem Mann gehören, den ich liebe. Der mich glücklich gemacht hat. Mir gezeigt hat, was wahre Liebe ist. Was es bedeutet, etwas zu sein. Etwas Wertvolles. Der Mann, der...
"MALTE! Holst du noch einen Lappen? Los!" Schnell ist ein Waschlappen aus dem Bad geholt und landet auf seiner Stirn. Behutsam wende ich diesen immer wieder, oder spüle ihn immer wieder aus. Wir haben trotzdem noch kein wirklich gut gemeintes Wort miteinander gewechselt. Gib' dir nen Ruck, Malte! "He.. Sevi... Es. Es.. tut mir leid." Bärchen..?

-Sevi
Ich versinke in seinen Armen. Ich sollte mich nicht so gehen lassen, nachdem er mich vorhin erst gefühlte tausend Mal verletzt hat, aber ich kann nicht anders. ,,He... Sevi... Es. Es.. tut mir leid." Fast traue ich meinen Ohren nicht. Verzeih ihm nicht. Er hat dich doch eben noch wie einen Untermenschen behandelt. Meine Miene bleibt unbewegt.
,,Bärchen...?" Beim Klang dieses vertrauten Spitznamens zucke ich zusammen. Ich bekomme einfach kein Wort heraus. Unkontrolliert fängt mein Körper an zu zittern. "Da mal zu wenig Aufmerksamkeit..." Eine warme Hand umschließt meine. Ich kenne jede Furche in ihr. Viel zu oft habe ich sie schon nach gefahren.
,,Bringt ihm doch irgendeinen Pullover!", ruft Maltes Mutter frustriert. Als Malte sich nicht von der Stelle bewegt, rennt Noel hoch und kommt mit einem Pulli von Malte wieder. Wie ein Kleinkind, das sich selber nicht helfen kann, wird er mir angezogen. Maltes Geruch nach Meer und frischem Laub steigt in meine Nase. Erschöpft rolle ich mich auf der Couch zusammen. "Kommt nicht mehr aus dem Stottern raus, hmmm?" "Geh doch einfach. Das kannst du doch am besten." Stumme Tränen umrahmen mein Gesicht. Ich dachte, da wäre schon nichts mehr...

-Malte
"Das... Das vorhin war nicht so gemeint. Ich war nur so wütend, so wütend auf diesen Typen, der sich an dich rangemacht hat und mein Kopf meinte wohl, es würde dir auch noch gefallen... Da bin ich ausgetickt. Und das davor...hier zu Hause, das war dumm. SO unglaublich dumm... von uns beiden. Ehrlich gesagt weiß ich schon nicht mehr, was ich dir alles an den Kopf geworfen habe, ich weiß nur, dass es mir leid tut. Und dass ich dich immer noch liebe. Das wird sich auch nie ändern.." Sevi dreht sich, um mir ins Gesicht zu blicken. Ich dachte immer, ich könnte seine Emotionen von seinem Augen ablesen, aber diesmal.. diesmal kann ich es nicht. Ich weiß nicht, was mich erwartet. Die Angst steigt in mir auf und ich fange an zu zittern. Vielleicht ist es aber auch nur der Alkohol. Obwohl wir beide doch ziemlich da sind, nach der Menge eigentlich verwunderlich. Fragend blicken meine Eltern in sein Gesicht, als wären wir grad am Ende eines spannenden Liebesroman. Aber es soll nicht enden. Es darf noch nicht enden.

-Sevi
Alles dreht sich. Meine Gedanken. Meine Gefühle. Meine Umwelt. Das Einzige, was sich nicht dreht, ist Malte. Er steht, wie ein Anker, fest und klar vor mir. Seine männlichen Konturen werden von dem dämmrigen Licht draußen umschmeichelt. Da ist er wieder. Den Mann, den ich liebe. Hat seine verletzende Seite nach innen gekehrt und für mich seine wunderschöne Seite wieder nach außen. Er strahlt im Licht der Sonne.
,,Mir tut es auch leid...", flüstere ich, "Alles, was dich heute verletzt hat. Gemeine Worte, der Kuss... Ich habe Fehler gemacht..." Er nimmt ermutigend meine Hand und drückt sie. Erschöpft lasse ich meinen Kopf zurücksinken und atme seinen Geruch ein. Meine Stimme ist schwach, als ich anfange zu sprechen: ,,Ich will dir eine Geschichte erzählen... Es gab einmal einen kleinen Jungen namens Leonardo... Der war so versessen auf die Sterne über sich und so traurig bei dem Gedanken, dass sie ihm jemand wegnehmen könnte, dass er... Dass er... Er hat..." Ich merke, wie die Müdigkeit mich langsam zwingt, die Augen zu schließen. ,,Aber die Sterne liebten ihn genauso sehr wie er sie. Deshalb hingen sie sich an ihn ran und bildeten jeden Tag einen kleinen Sternhimmel über seinem kleinen Kopf...", flüstert Malte. ,,Ich liebe Sterne...", brumme ich, schon fast am Wegnicken, "Und ich liebe dich..." Dann schlafe ich ein.

-Malte
Ich lege mich zu ihm und senke meinem Kopf auf seine Hüfte, wie er es getan hat, als ich zu viel getrunken hatte. Auch heute habe ich zu viel getrunken, aber die Wirkung scheint auszufallen. Ein Glück. Welch ein... interessanter Tag. Mein Auge pocht vor Schmerz, als ich mich weiter an seinem Bein eingrabe. Paps hat seinen Willen bekommen. Wir haben uns fürs Erste wieder vertragen. Er löscht das Licht und schlendert glücklich mit Mama die Treppe nach oben. Toni hat mal wieder nichts mitbekommen. Für sie steht immer noch das Bild im Raume, wie wir uns anschreien und sinnlose Beleidigungen an den Kopf werfen. Ich würd das gern' ziemlich schnell vergessen. Im Augenwinkel betrachte ich, wie sich der Himmel purpurrot färbt und sich die Sonne gen Boden neigt. "Schlaf gut, Bärchen."

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Sorry für den kurzen Teil. Muss das restliche Material aber noch annähernd gleichmäßig aufteilen.✌

Liebe auf den zweiten Blick [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt