11 - Verzerrtes Selbstbild 💜

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Felix POV

Ich war nach diesem Treffen mehr als durcheinander. Ich fühlte mich schrecklich und ekelte mich vor mir selbst. Aber ich wusste nicht, wieso. Aus Angst, dass wir beobachtet wurden? Vielleicht. Wenn Chan oder die anderen etwas davon mitbekommen haben, waren Hyunjin und ich echt am Arsch und ich hatte momentan auch nicht den Nerv für irgendeine belanglose Konfrontation zwischen mir und meinen Feinden. Sie hatten eh schon genug Schaden angerichtet und wegen ihnen hatte ich auch noch Geheimnisse vor meinem Freund und meiner Familie.
Hyunjin war schon nach Hause gegangen. Wir haben dennoch ausgemacht, dass er mich morgen wieder besuchen kommt. Nach allem, was passiert ist, wollte er mich nicht alleine lassen. Irgendwie war das ja schon süß von ihm, doch ich konnte auch ganz gut auf mich selbst aufpassen.
Dennoch änderte dies jetzt nichts mehr an meinem kaputten Selbstbewusstsein. Ich fühlte mich richtig elendig und mies.
Ich schloss mich im Badezimmer ein. Erneut. Momentan war es der einzige Ort, wo ich mich etwas sicher fühlte. Mal abgesehen von Hyunjin's Armen. Doch das war auch das einzige, wo ich Sicherheit spürte. Alles andere fühlte sich an wie ein Schwimmbecken, welches nicht mit Wasser gefüllt war, sondern mit Glasscherben. Ich fühlte mich unsicher und verletzt. Wie ein Vogelküken, das aus seinem Nest gefallen ist und noch zu jung war, um selbstständig zu fliegen. Ich fühlte mich schwach und hilflos.
Mit Tränen in den Augen sah ich in den Spiegel an der Wand. Ich war fix und fertig mit der Welt. Alles, was ich jetzt nur noch wollte, war weg von dieser Schule. Irgendwohin, wo ich einfach in Ruhe gelassen werde. Ich dachte tatsächlich darüber nach, am Montag die Schule zu schwänzen, um etwas Ruhe zu bekommen. Doch es lief eh schon nicht wirklich gut. Das konnte ich nicht tun. Und ich konnte Hyunjin nicht alleine lassen.
Nun konnte ich meine Tränen nicht mehr unterdrücken und fing sofort an zu heulen. Ich hatte Angst, alles zu verlieren, was mir wichtig war.
"Bruder. Alles okay bei dir?", fragte auf einmal Rachel. Ich sah sie durch die Reflektion des Spiegels. Schnell wischte ich mir die Tränen weg und versuchte irgendwie ein Lächeln aufzubringen. Doch das funktionierte nicht. Dafür ging es mir einfach zu schlecht. "Felix. Was ist los? Du weinst ja." Rachel nahm mich mitfühlend in den Arm. Ich seufzte. "Ich bin einfach nur richtig fertig wegen der Schule. Ich ... kann nicht mehr." Trotz Rachel's Umarmung ging es mir einfach nicht besser. Ich fühlte mich nur noch einsamer.
"Sollen wir vielleicht eine Runde sparzieren gehen, Bruder? Frische Luft tut bei Kummer gut und du bist irgendwie ein wenig blass um die Nase. Ich hoffe, du wirst nicht krank oder so." Ich lächelte gequält. Leider munterte mich nichts so richtig auf.
Rachel, Olivia und ich gingen in den Hausflur und zogen unsere Schuhe und Jacken an. Das Wetter ist etwas frischer geworden und eine Erkältung konnte ich jetzt auch nicht wirklich gebrauchen. "Waren die Kinder von Mr Egmont denn nett?", fragte Rachel nach einiger Zeit. Ich seuftze. "Ja. Sie waren wirklich nett. Wir haben auch direkt Nummern ausgetauscht." "Das ist doch super. Vielleicht können sie euch wirklich helfen, besser damit umzugehen."
Ich spürte, dass Olivia gerade zu einer neuen Frage ansetzen wollte, doch ich gab ihr gar nicht erst die Chance dazu. "Wisst ihr was? Ich bin ... sehr müde von dem Treffen. Ich gehe wieder rein und hau mich hin. Okay?" Ich gab meinen Schwestern schnell einen Kuss auf die Wange und gind die paar Meter zurück ins Haus. Meine Schuhe warf ich vor die Garderobe. Die Jacke hing ich an einen Haken. Schließlich verzog ich mich in mein Zimmer. Ich war gerade mega überfordert mit dem Gespräch und mir kamen die Erinnerungen an die Mädchen wieder hoch. Es ging mir jetzt noch schlechter als voher.

Mal wieder schloss ich mich im Badezimmer ein. Mir floss der Schweiß in Strömen über das Gesicht und mein ganzes Shirt war komplett durchnässt. Mir war heiß, kalt und nass zur gleichen Zeit. Ich hatte das Gefühl, gleich zu verrecken oder in Ohnmacht zu fallen. Es war grauenhaft.
Ich zog meine Sweatjacke aus und warf sie einfach auf den Boden. Mir war viel zu heiß, als wäre es Hochsommer. Dabei hat gerade erst der Herbst angefangen. Mein Atem wurde immer schneller und ungleichmäßig.
Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und übergab mich wieder über der geöffneten Kloschüssel. Es war ekelhaft, doch irgendwie ... fühlte ich mich dadurch wieder besser. Ich spürte wieder so eine angenehme Kälte in mir drin und vermisste nicht einmal die Wärme. Außer vielleicht diese Art von Wärme, die Hyunjin mir gab, wenn er mich in Arm hielt. Doch dieses innere Wohlbefinden ist einfach nicht mehr da. Ich fühlte mich innerlich leer und kalt. Als würde ich gar nichts mehr fühlen. Irgendwie mochte ich das, doch jetzt hatte ich Heißhunger. Und zwar richtig.
Ich ging zügig in die Küche und riss den Schrank über dem Herd auf. Wie von selbst griff ich nach der Tüte Kekse. Riss sie auf. Stopfte mich mit dem süßen Gebäck voll. Ich habe diesen Geschmack von Zucker richtig vermisst.
Ich warf die leere Packung in den Müll und griff nach einer Tüte Gummibärchen. Schlang den Inhalt wieder runter. Warf die leere Packung wieder weg. Da fiel mein Blick auf eine Tüte Brot. Ich schnappte mir fünf Scheiben und aß sie ebenfalls in einem Affentempo auf.
Doch diese Fressattacke wurde schließlich von einem Würgereiz unterbrochen. Ich rannte zur Toilette und riss den Klodeckel hoch. Dann übergab ich mich schließlich wieder. Doch dieses Mal tat ich es nicht mit Absicht. Es überkam mich einfach und ich konnte nichts dagegen machen.
Enttäuscht von mir selbst kauerte ich mich neben der Toilette zusammen und vergrub mein Gesicht in meiner Elle. Ich fühlte mich noch schlimmer als vorher, doch irgendwie tat es auch gut. Dieses Übergeben gab mir ein Gefühl von Stärke und Sicherheit. Doch es war nicht dasselbe, als wenn Hyunjin bei mir war. Bei ihm fühlte ich mich immer noch am sichersten. Doch jetzt? Jetzt fühlte ich mich elendig und wie der größte Versager. Ich war einfach nicht mehr ich selbst. Nicht, seitdem das Foto gemacht wurde. Und ich hatte Angst, dass dieses Bild von Hyunjin und mir dann veröffentlich wird.
Zitternd wischte ich die Tränen von meinem Gesicht weg. "Reiß dich zusammen.", murmelte ich zu mir selbst.
Ich hatte das ständige Weinen satt. Zu lange habe ich in der Ecke meines Zimmers gesessen und im Stillen geweint. Rachel und Olivia haben mich noch nie weinen gesehen und dabei sollte es auch bleiben. Auch Hyunjin sollte es nicht mehr miterleben. Ich will nicht, dass er mit mir leidet.
Langsam stand ich vom Boden auf und ging aus dem Badezimmer. Ich war richtig müde und außerdem musste ich noch für eine Prüfung lernen. So konnte ich mich vielleicht auch auf andere Gedanken bringen.

Painful Love ♡ HYUNLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt