8 - Therapie-Sitzung 💜

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Hyunjin POV

Nervös saß ich vor dem Raum des Schulpsychologen und wartete auf Felix. Der Vorfall mit der Schlange ist jetzt zwar schon eine Stunde her, doch Felix war mit den Nerven am Ende. Als ich ihn zum Psychologen begleitet habe, brach er in meinen Armen zusammen und weinte bitterlich. Es tat mir richtig weh, Felix so fertig zu sehen. Dabei war es mein Ziel, ihn glücklich zu sehen.
Ich sah auf die große Uhr an der Wand des Wartezimmers. Die Zeiger bewegten sich so verdammt langsam. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, in der ich hier saß und auf Felix wartete. Hoffentlich ging es ihm gut. Und hoffentlich konnte der Psychologe ihm helfen und eine Lösung finden.
Während ich weiterhin gelangweilt auf die Uhr sah, hörte ich Schritte von rechts kommen. Sie waren schnell. Ich wurde nervös und rutschte auf meinem Stuhl hin und her.
Da öffnete sich die Tür des Therapiezimmers und Felix kam in Begleitung des Psychologen, Mr Egmont, heraus. Er sah alles andere als zufrieden aus.
"Was ist los?", fragte ich und sah erst Mr Egmont an und dann Felix. Der Junge schwieg. Mr Egmont antwortete mir: "Er hat mir erzählt, dass ihr beide ein Paar seit, doch dass dies durch die Schulregel nicht gerade einfach ist. Ich finde diese Regel auch absurd, deswegen möchte ich euch helfen." Ich sah den Mann verwirrt an. Das war das allererste Mal, dass jemand unsere Beziehung akzeptierte oder nicht ein schlechtes Wort darüber verlor. Im Rahmen der Schule. "Warum wollen Sie uns helfen?", fragte ich verwirrt. Der Psychologe seufzte. "Ich habe selbst zwei Kinder. Einen Jungen und ein Mädchen. Und beide sind homosexuell. Deswegen kann ich eurer Problem sehr gut verstehen. Sie haben nämlich das gleiche. Aus diesem Grund möchte ich euch gerne miteinander bekannt machen, wenn das für euch beide in Ordnung ist. So könnt ihr eure Erfahrungen austauschen und sie könnten euch helfen. Natürlich bleibt das ganze geheim. Keiner wird erfahren, dass Felix mit mir gesprochen hat."
Ich war zum ersten Mal froh, dass irgendjemand uns verstand. Mr Egmont verurteilte uns nicht und verstand unsere Probleme sogar besser als ich es tat.
"Wenn ihr einverstanden seit, möchte ich gerne ein Treffen zwischen euch und meinen Kindern organisieren. Wie wäre es am Samstag um dreizehn Uhr im Stadtpark? Dort sind wir auch einigermaßen ungestört." Ich sah Felix an. Dieser nickte, wenn auch nur zaghaft. Ich seufzte. "Gut. Dann sehen wir uns Samstag." Wir schüttelten uns die Hände und gingen. Felix hing jetzt förmlich an meinem Arm wie Klebstoff. Irgendwie war das schon ganz niedlich.
"Was ist los?", fragte ich. Er seufzte. "Mir ist einfach unwohl bei der Sache. Was, wenn Chan und die anderen es mitbekommen haben?" Ich griff nach seiner Hand und wischte eine Träne von seinem Gesicht, die sich ihren Weg nach unten bahnte. "Mir ist es egal, was sie sagen. Ich werde immer bei dir bleiben. Und wenn wir erst einmal die Erfahrungen von anderen gehört haben, gehen wir vielleicht auch etwas anders damit um und müssen uns nicht mehr verstecken. Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung."
Ein dünnes Lächeln breitete ich auf meinen Lippen aus. "Vielleicht hast du recht." "Na komm. Die Schule ist schon vorbei und ich will noch mit dir essen gehen. Ich lade dich ein."

Unser nächstes Ziel für diesen nicht ganz so schönen Tag war das kleine Restaurant am Ende der Straße. Felix und ich aßen öfters dort nach der Schule, weil keiner der Schüler freiwillig ein Billig-Restaurant besuchen würde. Dort hatten wir unsere Ruhe und waren ungestört von Chan, Changbin, Jisung und Minho. Wir beide waren so ziemlich die einzigen dort, die nicht aus super reichen Familien stammen. Wir waren umzingelt von eingebildeten und arroganten Snobs. Doch selbst das störte mich mittlerweile nicht mehr. Ich hatte als Kind mal eine Zeit, wo ich reich sein wollte. Doch heute bin ich froh ich selbst zu sein. Und Felix zu kennen.
"Es hat sich nichts verändert. Und sie sagten, sie wollen renovieren.", murmelte Felix und musterte das kleine Gebäude. Auch mir ist dies aufgefallen. "Ich hoffe, sie bleiben dabei, dass es nicht renoviert wird. Ich finde es sehr schön hier." Felix lachte. "Ich auch. Ich erinnere mich, als wir hier das erste Mal zusammen essen waren. Du hast dich durch die halbe Speisekarte gefressen." Ich sah ihn erstaunt an. "Das weißt du noch?" "Wir kennen uns jetzt schon seit einem Jahren. Ich werde nichts vergessen, von dem, was wir erlebt habe. Auch, wenn es nicht gerade viel Zeit war." Felix beugte sich zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich lief rot an und mein Herz fing an zu schlagen wie das Becken eines Schlagzeuges. Ich wurde nervös. So wie immer, wenn ich in Felix' Nähe war. Und es machte mich glücklich bei ihm zu sein. Dennoch war ich innerlich verletzt. Einfach, weil ich tatenlos dabei zusehen musste, wie meine Liebe unter Changbin's Schikanen litt und Stück für Stück zerfiel. Und ich wusste nicht, was ich tun konnte. Dabei wollte ich ihm so dringend helfen. Auch der Kuss gerade fühlte sich nicht so warm an wie beim ersten Mal. Es fühlte sich an wie Eis. Und normalerweise war Felix nicht so drauf. Er war sonst immer glücklich und lachte sehr viel, doch jetzt hatte ich das Gefühl, als würde ich mit einer Maschine reden. Er machte mir sogar ein klein wenig Angst.
Ich stellte mich hinter ihn und schlang meine Arme um Felix' Bauch. "Es wird alles gut werden. Und selbst wenn sie versuchen uns zu trennen, das werden sie nicht schaffen. Das werde ich nicht zulassen." Dann gab ich ihm einen Kuss auf die Wange und nahm ihn an die Hand. "Jetzt komm. Ich habe Hunger."

Wir setzten uns an einen Tisch am Fenster. Felix sah immer noch nervös und angespannt aus. Ich machte mir ernsthafte Sorgen um ihn. Und ich fragte mich, wie ich Felix aus diesem Loch herausholen konnte, in das er hineinzufallen schien? Er sah seit der Sache mit dem Foto nicht mehr so fröhlich aus wie in der Zeit, als wir nur Freunde waren. Und das machte mich einfach nur fertig.
"Was willst du essen, Felix? Die Rechnung geht auf mich.", fragte ich spontan, um die angespannte Stimmung wieder zu lockern. Felix nahm sich die Speisekarte ohne mich anzusehen. Während er sich den Inhalt durchlas, änderte sich seine Stimmung schlagartig. Seine Hände zitterten, während er die Karte hochhielt. Seine Augen flogen praktisch von rechts nach links. Als hätte er vor irgendetwas Angst. "Felix. Was ist los?", fragte ich und berührte ihn an der Hand. Er beruhigte sich wieder. "Es ... es ist nichts.", lächelte der Junge. Felix log mich an. Ich konnte es an seinem Blick sehen. Der Glanz in seinen Augen verschwand in dem Moment, wo er mir antwortete. Und das ist noch nie passiert. Jetzt machte ich mir erst recht Sorgen.
"Du weißt, dass du mir alles sagen kannst. Aber wenn du darüber nicht reden willst, dann respektiere ich das natürlich. Du musst es mir nur sagen." Felix biss sich wieder auf der Unterlippe herum und sah auf den Tisch herab. Er machte sich auf jeden Fall um etwas Gedanken. Wie gerne würde ich jetzt wissen, was er denkt.
Die Bedienung kam vorbei und fragte nach unseren Bestellungen. Ich entschied mich für einen einfachen Cappuccino und Felix nahm einen Espresso. Ich war wieder irritiert. Sonst trank er keinen Kaffee.
"Du trinkst doch normalerweise keinen Kaffee, Felix.", bemerkte ich erstaunt. Er zog die Schultern hoch und lächelte dünn. "Man kann ja mal was neues probieren, oder?" Ich lachte. Doch sein Lächeln kam nicht von Herzen. Es sah aufgezwungen aus. Felix verheimlichte mir definitiv etwas und ich sah es als meine Pflicht an, es herauszufinden.
Vielleicht werde ich morgen noch einmal mit unserem Schulpsychologen sprechen, denn das konnte nicht mehr so weitergehen. In diesem Zustand würde Felix nur zerbrechen. Und das wollte ich nun wirklich nicht.
Auch hoffte ich, dass das Treffen mit den Kindern des Psychologen uns ein wenig helfen könnte. Denn noch mehr Leid könnte ich nicht ertragen. Und Felix ganz bestimmt auch nicht.
"Ähm ... Hyunjin.", stotterte Felix und kaute auf seinem Finger rum. "Was gibt es?", entgegenete ich. Er schwieg noch eine kurze Weile, dann fragte er mich: "Willst du vielleicht heute bei mir übernachten? Ich ... kann momentan nicht alleine sein."
In diesem Moment wirkte er wie ein verlorenes Kind.
Ich lächelte ihn warm an. "Natürlich. Wenn du das willst, dann penne ich gerne bei dir. Dann bist du auch nicht so alleine, Kleiner." Felix sah mich mit leuchtenden Augen an. Schon lange habe ich dieses Leuchten nicht mehr gesehen. Doch ein Lächeln war leider nicht zu sehen.

Painful Love ♡ HYUNLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt