Chapter 19

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»Du willst mir jetzt wirklich weismachen, dass du nur eine Straße weiter wohnst?« Seine, momentan durch die Kontaktlinsen gefärbten, blauen Augen weiten sich schlagartig von Sekunde zu Sekunde immer mehr. »Wieso hast du mir denn nichts gesagt? Ich hätte euch doch bei dem Umzug helfen können. Die ganzen Kartons waren bestimmt schwer.« Sein Erstaunen schwindet und wechselt in wenigen Sekunden zu einem schmollendem Gesichtsausdruck. »Das ist doch gerade der Sinn einer Überraschung, das du nichts davon weißt und überrascht wirst.« »Ja ich weiß..« Umso länger ich in sein schmollendes Gesicht schaue, desto mehr tut es mir leid das ich ihn Überrascht habe. Komisch nicht wahr? Zwischen uns beiden entsteht eine Stille, welche nach und nach immer unangenehmer wird. Vielleicht sollte ich etwas sagen, nur was?

»Aber weißt du was das überhaupt bedeutet? Wir können uns jetzt treffen wann immer wir wollen und müssen uns keine Ausreden mehr einfallen lassen, wieso wir noch so spät das Haus verlassen oder wann der jeweils andere gekommen ist. Wir können uns einfach treffen wie jeder normale Mensch auch. Naja, nicht ganz aber ich glaube du weißt was ich damit sagen möchte.« Egal wiesehr ich auch versuche zu verstehen was gerade in seinem Kopf passiert, ich kann es einfach nicht nachvollziehen. Kann nicht verstehen woher plötzlich diese Energie kommt, die ihn dazu bringt von dem Stul aufzuspringen und mich halb zu zerquetschen.

»Und bis mitten in der Nacht brauch ich dann ja auch nicht mehr wach bleiben, um mit dir schreiben zu können« Bei dem Gedanken an eine Nacht, in der er auch wirklich schlafen kann, fängt er wieder breit an zu grinsen. Wenn man es genau nimmt, dann hätte er das die ganze Zeit können, aber er wollte ja immer unbedingt so lange wachbleiben um mit mir schreiben zu können. Desto genauer ich ihn betrachte, desto mehr muss ich sagen dass ich ihn noch nie so glücklich gesehen habe.

»Du weißt was das heißt Lana. Wir müssen jetzt unbedingt feiern gehen!« Ehe ich überhaupt einen Satz rausbringen oder eine Reaktion zu seinem plötzlichen Handeln zeigen kann, greift der mittlerweile schwarzhaarige nach meiner Hand und zieht mich hinter sich her. Diese lässt er auch erst dann wieder los, als wir vor einem weißen Gebäude zum stehen kommen. Über der Eingangstür steht "누러" und PUB, wenn ich es richtig übersetze heißt es soviel wie "gelbe Bar". Sicher bin ich mir jedoch nicht, da ich schon immer eine große Schwäche mit dem Koreanischen Alphabet hatte. Damit bin ich auch die einzige, die die Sprache zwar flüssig sprechen und verstehen kann, sie jedoch nicht wirklich lesen kann.

Es ist zwar keine große Bar, jedoch ist sie wirklich gut besucht, was gut durch die große Fensterfront erkennbar wird. »Denkst du wirklich das es so eine gute Idee ist, das jetzt reinzugehen?« Ich meine, es wird doch nicht so gut für seinen Ruf sein wenn man ihn bertrunken in einer Bar sieht. Anstatt mir zu antworten, schließt Tae seine Augen. Kurze Zeit später fängt seine Kette an zu leuchten, wodurch mir klar wird das er sich gerade etwas wünscht. »Für dich sehe ich zwar aus wie Kim Taehyung, Mitglied der Kpop Band BTS, aber für jeden anderen sehe ich gerade aus wie Choi Jae, ein gewöhnlicher Verkäufer aus dem supermarkt nebenan.« Mit einem verschmitzten Lächeln wuschelt mein bester Freund durch die Haare. »Jetzt lass uns endlich reingehen, langsam wirds echt kalt.«

Gemeinsam betreten wir die Bar, welche von außen zwar klein aus sah aber im inneren um einiges Größer ist. Das erinnert mich ein wenig an die Tasche von Mary Poppins. Die gesamte Bar ist in einem dunkelgrauen Ton gehalten, jedoch gibt es an der Bar selber und an jedem einzelnen Tisch ein rotes LED-Band was dem ganzen einen echt moderen Look gibt. Tische und Stühle, sowie die Hocker an der Theke sind schwarz. Auf der linken Seite des Raumes befindet sich eine Tür zu den Toiletten und auf der rechten Seite stehen zwei Kühlschränke, in denen sich verschiedene Getränke befinden. Und wenn man ganz genau hinschaut versteckt sich daneben eine schwarze Tür, mit einem Schild auf dem "Zutritt verboten!" steht.

•*•*•*•*

Nach ganzen drei Stunden, die ich nun schon hier mit Taehyung verbringe, muss ich verwundert feststellen das ich anscheinend viel mehr aushalte als er. Denn während ich noch komplett nüchtern bin, kann er gerade noch so auf seinem Hocker sitzen. Ich bezahle unsere beiden Rechnungen und gehe so gut es geht, mit Taehyung im Arm, nach Hause.

Nach einer ganzen halben Stunde, die wir bis zu dem Haus meiner Großeltern gebraucht haben, drücke ich erschöpft auf die Klingel. Ich frage mich noch immer, wie wir für einen ca. fünf Minuten Weg eine ganze halbe Stunde gebraucht haben. Es dauert noch einen Moment bis Mara und endlich die Tür öffnet. Während ich weiter damit beschäftigt bin, dass mir der Mann zu meiner Rechten nich komplett wegkippt, hat meine Schwester nichts besseres zu tun als mir eine Standpauke zu halten. »...und eigentlich wollte ich gerade Schlafen gehen.« »Ich habs ja verstanden, aber es wär echt nett wenn du mir jetzt endlich helfen könntest ihn in das Gästezimmer zu bringen, bevor wir beide umkippen.« Erst jetzt scheint sie zu bemerken, dass ich Taehyung mitgebracht habe und er mir halb am wegfallen ist. Schnell greift sie nach seinem rechten Arm und hilft mir ihn nach oben zu bekommen.

Glaubt mir, wenn ich sage das es verdammt nochmal nicht einfach ist,  einen 1,78m Kerl die Treppe hochzukriegen auch wenn wir zu zweit waren. Dementsprechend kamen wir auch schwer atmend oben an. »Dann gehe ich jetzt schlafen. Gute Nacht!« Ohne auf eine Antwort zu erwarten, verlässt sie das Zimmer und lässt wie immer die Tür offen stehen.

Während ich verzweifelt versuche meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen, steht Tae auf und torkelt auf meine Zimmertür zu. »Tae, das ist mein Zimmer! Du schläfst im Gästezimmer« Verwirrt dreht er sich zu mir um und mustert mich skeptisch. Kurzdarauf zeigt er mit seinem Zeigefinger auf mich und dann auf meine Tür. »Das.. ist mein Raum..- Keine..Mädchen erlaubt!« Das kann doch jetzt nicht sein Ernst sein. Seufzend schaut er mich an, als ich auf ihn zukomme, um ihn zurück in das Gästebett zu legen. »Ok, heute mache ich..Ausnahme. Komm..«

Nach einer kleinen Diskussion gebe ich es auf und lasse ihn einfach auch in meinem Zimmer schlafen. Verwirrt schaut er sich im Raum um, geht dann auf mein Bett zu und lässt sich nach hinten fallen. »Irgendwie hab ich das Zimmer anders in Erinnerung..nicht..so.. Pink« Pink? Jetzt schaue auch ich mich verwirrt um. Wo sieht er denn bitte etwas Pinkes? Meine Wand ist Schwarz und mein Bett ist in Grau und Weiß gehalten. Die restlichen Möbel, wie Nachttische und Kleiderschrank, sind ebenfalls Schwarz. Kein einziges Teil ist pink, aber vielleicht sollte ich ihn heute nicht hinterfragen. Zumindest nicht in diesem Zustand.

Während ich mich verwirrt nach etwas pinken umgesehen habe, scheint er eingeschlafen zu sein. Natürlich musste er auch einschlafen bevor ich die Luftmatratze fertig machen konnte. Dann muss ich halt wohl später auf der Luftmatratze schlafen.

»Uhm..das Kissen ist soooo unbequem~« nörgelt, der halbschlafende Mann vor mir. Erst als ich genauer hinschaue fällt mir auf, dass er sich auf eines meiner Bücher gelegt hat. Ich versuche nicht zu lachen und hocke mich neben ihm hin. »Das istja auch kein Kissen sonder ein Buch, steh auf und ich nehme es weg.« Grinsend greife ich nach seinem Arm und versuche ihn auf diese Weise doch noch ins Gästezimmer zu bekommen. Aber natürlich nutzt er diese Situation aus und zieht mich runter, wodurch ich auf ihm lande. »Dann sei du mein Kissen« »Tae lass mich los, so war das nicht geplant.« Verzweifelt versuche ich ihn mit all meiner Kraft von mir weg zu drücken, allerdings hält er mich so stark fest, dass es absolut gar nichts bringt. Wo auch immer er diese Kraft aufeinmal her hat.

»Weißt du, du bist mein Lieblingskissen..« Seine Stimme wird immer leiser, als er seinen Kopf auf meiner Brust ablässt. »Du bist so weich..« Er umarmt mich noch etwas fester. »Lass mich los..«, flüstere ich, obwohl ich es nicht wirklich so meine. Eigentlich kuschel ich nicht gerne, jedoch bekomme ich bei ihm ein wohliges Gefühl, wodurch ich mich selbst in seinem jetzigen Zustand beschützt fühle.

»Ich lass meinen Teddy nie wieder los..«, murmelt Tae mir leise mit seiner tiefen Stimme ins Ohr. Seine Lippen befinden sich dabei so nahe an meinem Ohr, dass mir sein Atem auf meiner Haut eine Gänsehaut verpasst. Ein leises Schnarchen füllt plötzlich den Raum und unterbricht damit die Stille. Jetzt ist er wohl tatsächlich eingeschlafen.

Vorsichtig kuschel ich mich noch ein kleines bisschen mehr an ihn, bis ich letztlich in seinen Armen einschlafe.

𝙼𝚊𝚐𝚒𝚌 𝙽𝚎𝚌𝚔𝚕𝚊𝚌𝚎 - 𝙸'𝚖 𝚒𝚗 𝚝𝚑𝚎 𝚜𝚝𝚊𝚛𝚜 𝚝𝚘𝚗𝚒𝚐𝚑𝚝Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt