Zwei

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„Guten Morgen, Spätzchen." Grüßte Jorge, als Jordana Jamies Büro betrat.

Ihr großer Bruder hielt seine Kaffeetasse hoch während er sich gegen das Fensterbrett in seinem Rücken lehnte. Er trug schwarze Cargohosen und ein schwarzes Shirt, welches über seinen Schultern, seiner breiten Brust und den dicken Oberarmen spannte. Jorge sah aus wie ein Bodybuilder und er war wie gemacht für die hartnäckigen Aufgaben. Er war ein Ex-Navy Seal und in den verschiedensten Kampfsportarten ausgebildet. Und er wusste, wie man mit Waffen umzugehen hat, daher fühlte sich jeder sicher und beschützt in seiner Nähe.

„Morgen", grüßte Jordana zurück und ging hinüber zu dem Sideboard, auf dem die Kaffeemaschine stand, um sich selbst eine Tasse einzugießen.

„Du siehst müde aus", bemerkte Jorge und zog seine rechte Augenbraue nach oben. „Keine gute Nacht gehabt?"

„Nein, es war zu warm und ich habe mich nur im Bett herumgewälzt anstatt zu schlafen."

„Armes Baby. Ich hatte eine großartige Nacht mit einer süßen blonden Chica", erzählte er und grinste dabei von einem Ohr zum anderen.

„Wir kennen dein ausschweifendes Leben", unterbrach ihn Jamie und rollte mit den Augen.

„Es ist nicht meine Schuld, dass du untervögelt bist", protestierte Jorge. „Du bist wie ein Mönch. Geh und such dir selbst ein Babe und dann vögel sie um die Verstand, du brauchst es. Dringend"

Jordana beobachtete ihre Brüder und lächelte. Auf den ersten Blick konnten sie nicht unterschiedlicher sein. Wie Feuer und Eis! Jorge war der Düstere und Geheimnisvolle von ihnen und schaute manchmal ein wenig grimmig. Er hatte kurze dunkelbraune Haare und eisblaue Augen. Nur die Familie und engsten Freunde wussten, dass er tief unter der harten Schale butterweich und ein guter Junge war. Jamies Haar war ebenfalls dunkelbraun, aber ein bisschen länger und seine blauen Augen strahlten mehr Wärme aus und sie waren eine Nuance dunkler als die seines Bruders. Er war so groß und muskulös wie Jorge, denn er hatte auch einige Jahre bei der Army gedient, aber er bevorzugte den Casual Look. Für ihn war es nicht so wichtig, dass jeder seine Muskeln sah. Seine Natur war freundlicher und charmanter. Die Frauen verfielen ihm sobald er einen Raum betrat, aber er nutzte das nicht zu seinem eigenen Vergnügen aus, wie Jorge. Jamie war eher der Typ für eine ernsthafte Beziehung während sein großer Bruder immer betonte, dass es viel zu viele heiße Frauen auf diesem Planeten gab und es viel zu schade wäre, sich nur auf eine einzige von ihnen einzulassen. Jordana wusste, dass viele Leute ihn für einen Herumtreiber hielten, aber sie war sich sicher, dass er einfach noch nicht die Richtige getroffen hatte.

Sie beneidete ihre Brüder außerdem um den Effekt, den sie auf das andere Geschlecht hatten. Sie wünschte sich, dass sie wenigstens die Hälfte davon hätte, um die Aufmerksamkeit der Männern auf sich zu ziehen. Natürlich wusste sie, dass sie nicht schlecht aussah und sie war auch ganz zufrieden mit ihrem Körper, aber sie war nie umgeben gewesen von so vielen Bewunderern wie ihre Brüder. Sie hatte lange hellbraune Haare, welche sie begonnen hatte dunkelblau zu färben seit sie achtzehn geworden war. Ihre Mutter hatte damals fast eine Herzattacke bekommen, als sie ihrer Familie beim Abendessen die neue Haarfarbe präsentierte. Ihr Vater hatte sehr entspannt reagiert und war sogar recht angetan von dem neuen Look gewesen. Jordana hatte ebenfalls blaue Augen, aber ihre sahen eher meerblau aus. Da sie ihr ganzes Leben lang aktiv gewesen war, denn sie hatte schließlich zwei ältere Brüder, denen sie als Kind auf Schritt und Tritt folgte und all die Sachen machte, die Jungs eben so machten – sprich Basketball, Baseball, Fußball, Football, auf Bäume klettern, Inline Skaten, Radfahren –, hatte sie eine sportliche Figur, allerdings mit Kurven an den richtigen Stellen. Kurven, die Cameron immer bewundert hatte. Wohooo, was war denn jetzt los? Warum dachte sie schon wieder an ihren Ex?

„Hast du den Bericht?" Jamies Frage riss sie aus ihren Gedanken an den letzten Mann in ihrem Leben und sie zuckte zusammen.

„Ja...er ist auf dem Stick zusammenmit den Fotos", stammelte sie und holte den Stick aus ihrer Handtasche, um sie dann ihrem Bruder zu reichen.

Jamie schloss ihn sofort am Computer an und druckte das Dokument aus, ehe er die Bilder durchsah.

„Wow...was für eine Sexbombe." Jorge bekam Stiehlaugen und starrte auf den Bildschirm, während Jamie sich von einem Foto zum anderen klickte. Bei dem Foto, wo Jason vor der Frau kniete und sie mündlich verwöhnte verzog er angewiedert das Gesicht. „Wie kann sie nur so einen schlechten Geschmack in Sachen Männer haben?"

„Nicht jeder kann so ein Sexgott wie du sein", murmelte Jamie und rollte mit seinem Stuhl hinüber zum Drucker, um Fotopapier einzulegen.

„Ich weiß." Jorge grinste frech, wodurch er gleich jünger als zweiunddreißig Jahre aussah. „Er muss Geld haben, sonst würde sie doch nie mit ihm schlafen."

„Ich bin sicher, wenn es um Geld geht, dann könnte sie einen anderen reichen Mann finden", nahm Jordana an und Jamie nickte zustimmend.

„Mrs. Smith hat vermutet, dass er eine Affaire hat, denn ihr Mann verbringt mehr Zeit im Büro als vorher. Ich bin da ganz bei ihr, dass dies komisch ist, denn er mags einen Job überhaupt nicht mehr und jammert nur rum."

„Hmm..." Jorge rieb über sein Kinn und studierte die anderen Fotos. „Ich bezweifel, dass er ein so guter Liebhaber ist. Vielleicht ist sie nur verzweifelt und genießt sein Interesse an etwas Neuem. Ich bin sicher, dass er Abwechslung brauchte von seiner geliebten Frau."

„Könnte ein Grund sein, aber wenn das wahr ist, dann solte er zu Hause ausziehen. Seine Frau erzählte mir, dass sie alles für ihn und die vier Kinder aufgegeben hat. Während er sein Leben genießt hat sie keine Zeit für sich selbst."

„Hast du sie angerufen und ihr gesagt, dass wir Neuigkeiten für sie haben", fragte Jordana.

„Ja, kurz bevor du eingetroffen bist", erwiderte Jamie und nahm wieder seinen Platz hinter dem Schreibtisch ein, um einige der Fotos für die Klientin auszudrucken.

„Und wann wird sie hier auftauchen?"

„In etwa einer Stunde."

„Okay." Jordana setzte sich auf einen der beiden Stühle vor Jamies Schreibtisch und nippte an ihrem Kaffee. „Was geht ab bei dir und ich meine jetzt nicht dein Sexleben", wollte sie von ihrem ältesten Bruder wissen, der sie eingehend musterte.

„Ich habe noch etwas Zeit ehe meine Observation beginnt", erklärte er und zuckte mit den Schultern.

„An welchem Fall arbeitest du?"

„Oh, an einem sehr langweiligen. Ich beschatte einen Teenager, denn seine Mutter glaubt, dass er mit den falschen Leuten rumhängt, die eventuell klauen oder gar mit Pillen dealen."

„Und hast du ihn schon auf frischer Tat ertappt", wollte sie wissen und hob fragend ihre Augenbrauen.

„Nah, die Kids verbringen ihre Zeit nur auf der Halfpipe mit ihren Skateboards und Inline Skates. Siesind so langweilig, dass ich gestern fast in meinem Wagen eingeschlafen bin", gestand Jorge und zwinkerte ihr zu.

„Vielleicht solltest du die nächste Nacht wirklich mal zum Schlafen nutzen und nicht damit herumzuhuren", schlug Jamie vor und grinste in sich hinein.

Jordana grinste breit. Bei diesem Thema hatten ihre Brüder immer unterschiedliche Meinungen, obwohl sie nur ein Jahr auseinander waren. Jorge hatte immer genug Frauen um sich während Jamie wählerischer war.

„Warum? Sex ist mindestens genauso wichtig wie essen und trinken."

„Für dich."

„Na und? Ich zwinge Frauen nicht dazu mich zu verwöhnen. Es ist nicht meine Schuld, wenn sie immer gleich ankommen sobald ich einen Club oder eine Bar betrete. Und sie wissen immer, worauf sie sich einlassen", verteidigte er sich. „Würdest du auch mal was dazu sagen?"

„Das geht mich absolut nichts an", sagte sie und hob abwehrend die Hände.


Note: Es ist immer wieder schön die großen Brüder bei ihren Kabbeleien zu beobachten. ;)  Was wird ihr nächster Fall werden? Wieder ein Fremdgeher oder auch so ein langweiliger Teenager?

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