Sechs

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Die Kellnerin brachte den Wein und füllte zwei Gläser ehe sie die Flasche in die Mitte des Tisches stellte und die Essenbestellung aufnahm. Jordana entschied sich für einen Salat mit Putenbrust und Cameron wählte ein Steak. Typisch Mann!

„Sechs Jahre sind vergangen und du hast nicht einen meiner Anrufe, Nachrichten und Emails beantwortet, daher hoffe ich, dass du mir jetzt die Ehre erweist mir zu erklären, was schief gelaufen ist und warum du gegangen bist. Ich will wissen, was ich falsch gemacht habe." Camerons Fingerspitzen fuhren über den kleinen Zettel.

Jordana atmete tief ein und suchte nach den richtigen Worten. Es war so typisch für ihn, die Schuld bei sich zu suchen. Er war der liebenswerteste Mensch, den sie je getroffen hatte, mal von ihrer Familie abgesehen.

„Du hast nichts falsch gemacht", gab sie zu und nahm einen Schluck von ihrem Wein.

Cameron legte seine Unterarme auf dem Tisch ab und sah sie mit einem so intensiven Blick an, dass sie selbst im Sitzen weiche Knie bekam. „Wenn ich nichts falsch gemacht habe, warum hast du mich dann verlassen?"

„Weil ich kindisch und feige war."

„Das ist keine Erklärung", stellte er fest und sah sie zweifelnd an.

„Ich weiß", Jordana sprach so leise, dass er sie kaum verstand, und drehte das Glas in ihrer Hand. „Erinnerst du dich, wie wir uns kennengelernt haben?"

„Wie könnte ich das vergessen? Wir sind zusammengestoßen, als wir beide um eine Häuserecke gingen. Du hattest einen Pappbecker mit Kaffee in der Hand, welcher dann auf deinem pinken Oberteil gelandet ist. Zum Glück war der Kaffee nicht mehr heiß, denn sonst hättest du dich verbrannt."

Jordana lächelte und nickte. Es war ein Schock und sie war wütend gewesen. Sie hatte geflucht wie ein Fernfahrer, doch dann hatte sie aufgesehen und dieses heiße Wesen erblickt. Cameron hatte sich immer wieder für seine Unachtsamkeit entschuldigt. Er bot an ihre Kleidung zu waschen, denn der Kaffee war auch auf ihren Jeans gelandet, aber sie hatte nur abgewunken. Als Entschädigung hatte er sie zum Mittagessen eingeladen, da der Unfall genau zur Mittagszeit passiert war. Jordana spürte die Schmetterlinge in ihrem Bauch und konnte ihr Glück kaum fassen. Sie hatte die Einladung angenommen, aber wollte zuerst die Kleidung wechseln, so trafen sie sich eine halbe Stunde später in einem kleinen Bistro. Cameron hatte Spaghetti Carbonara bestellt und sie hatte sich nach Lasagne verzehrt. Das Mittagsessen dauerte länger als normal, denn sie redeten über Gott und die Welt. Es war unglaublich wie gut sie sich verstanden, als würden sie sich schon ewig kennen. Wann immer sie ihn ansah, leuchteten seine Augen und ein Lächeln lag auf seinen einladenden Lippen. Jordana verliebte sich von Sekunde zu Sekunde mehr in ihn. Sie hatte nie an Liebe auf den ersten Blick geglaubt, aber das Schicksal belehrte sie eines Besseren. Cameron hatte dasselbe gefühlt und so lud er sie für den Abend ins Kino ein, denn er wollte sie nicht gehen lassen. Anfangs versuchten beide wirklich sich auf den Film zu konzentrieren, aber dann war die Person auf dem Nachbarsitz interessanter. Ihre Lippen klebten förmlich aneinander.

Seit diesem Tag waren sie unzertrennlich gewesen. Alles ging schnell und mit so viel Intensität, aber es störte sie nicht und sie genossen ihr Glück. Vier Wochen später, nach dem Besuch einer Travesty-Show, fanden sie den Weg zu einer der vielen kleinen Hochzeitskapellen, um ihre Liebe zu besiegeln. Einen Tag später hatten sie die Ringe gekauft. Eine Hochzeitsreise war nicht möglich gewesen, da sie recht wenig Geld hatten, aber sie waren in Las Vegas, was schon fast als Hochzeitsreise durchging.

„Du musst zugeben, dass das wirklich alles sehr schnell mit uns ging", sagte sie und sah ihn eindringlich an.

„Ja, aber es war perfekt", stimmte Cameron zu und nickte.

„Aber eines Tages fragte ich mich, wie es in Zukunft weitergehen würde. Wir wussten beide, dass wir nicht für immer in Vegas bleiben würden", erinnerte sie ihn und fühlte, wie sich ein Klumpen in ihrem Hals bildete. „Ich habe mich gefragt, ob du deine Entscheidung eines Tages bereuen würdest. Das du unsere Ehe als Fehler sehen würdest und wie sehr es mir wehtun würde, wenn du mich dann verlässt."

Er lauschte jedem ihrer Worte aufmerksam und sah die Unsicherheit in ihren Augen. Der traurige Ausdruck auf ihrem Gesicht war wie ein Stich ins Herz. Hatte er ihr jemals das Gefühl vermittelt, dass er sie nicht genug liebte? Er konnte sich nicht erinnern, dass er soetwas getan hatte.

„Ich hatte Angst, dass du jemand Besseres finden könntest", erzählte sie weiter und schluckte kräftig, doch der Klos in ihrem Hals wollte nicht verschwinden.

„Es wird niemals eine Bessere wie dich geben", erklärte er und nahm ihre rechte Hand in seine. Sein Daumen strich sanft über ihre weiche Haut.

„Das kannst du nicht wissen", protestierte sie und sah ihn an. Jordana spürte, wie die Tränen in ihren Augen aufstiegen.

„Niemand weiß was die Zukunft bringt. Wenn die Leute erwarten würden jemand Besseres zu finden, dann würde niemand mehr heiraten", erklärte Cameron und lächelte sie aufmunternd an. „Und ich habe nicht einen Tag lang bereut dich geheiratet zu haben, denn ich habe auf mein Herz gehört." 

Sein warmes Lächeln sorgte dafür, dass ihr Herz wieder schneller schlug. Ein Funken Hoffnung explodierte in ihrem Bauch. War es möglich, dass...? Mach dir keine falschen Hoffnungen, sagte sie sich selbst. Es war sechs Jahre her.

„Kann ich dich etwas fragen", fragte er schließlich und sie sah ihn an, während sie auf ihrer Unterlippe kaute.

Sie nickte und hielt den Atem an.

„Triffst du dich mit jemandem?"

„Wa...was meinst du?"

„Du weißt was ich meine. Gibt es einen anderen Mann in deinem Leben?"

„Nein", flüsterte sie und schüttelte den Kopf.

Cameron hatte gar nicht bemerkt, dass er die Luft angehalten hatte, die er nun vor Erleichterung ausstieß.

„Dann verbring das Wochenende mit mir und lass und sehen wo wir stehen", schlug er vor und sein Blick borhte sich in ihren.

„Aber...warum? Ich dachte du wolltest mir die Scheidungspapiere geben." Jordana war verwirrt. Sie hatte gedacht, dass er seine Ehefrau, die ihn vor Jahren sitzen gelassen hatte, endlich loswerden wollte.

„Ich habe die Papiere von meinem Anwalt bekommen, ja, aber bisher habe ich sie noch nicht ausgefüllt. Ich wollte zuerst sehen, ob mein Herz in deiner Gegenwart immer noch rast und ob es eine Chance für uns gibt, die Hürden und Schwierigkeiten zu überwinden."

Wow! Sie hätte nie erwartet, dass er um sie kämpfen würde. Der Funken in ihrem Bauch wurde größer und das nur allzu bekannte Kribbeln rauschte durch ihren Körper. Jordana wusste bereits, dass ihr Körper auf ihn reagierte und während sie nach einem Outfit für diesen Abend gesucht hatte, dachte sie an ihre Gefühle für ihn. Tief in ihrem Inneren hatte sie nie aufgehört ihn zu lieben. Sogar nach sechs Jahren konnte sie nachvollziehen, wieso er sie damals regelrecht von den Füßen geholt hatte. Sein intensiver Blick brannte sich in ihre Seele. Einen Ort den niemand zuvor jemals berührt hatte.

„U..und...rast dein Herz immer noch", fragte sie vorsichtig und kaum hörbar.

„Ja", gab Cameron unumwunden zu und schenkte ihr eins dieses herzerwärmende Lächeln. „Also, was sagst du? Gibst du uns die Möglichkeit herauszufinden, ob es noch eine Chance gibt?"

Wie sehr sie JA sagen wollte, aber konnte sie über ihren Schatten springen? Er hatte den ersten Schritt gemacht, obwohl sie ihn verletzt hat, aber würde sie nicht wieder in die alten Muster verfallen? Jordana hatte Angst davor wieder an ihm zu zweifeln. Oder konnte sie diesmal ihren Gefühlen trauen?


Note: Wird sie Ja sagen und das Wochenende mit ihrem Ehemann verbringen?? 



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