Der Schulball

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"Du siehst toll aus", Johns Augen strahlten vor Stolz, als er seine Tochter ansah, welche breit lächelte und kurz an ihrem Kleid herumzupfte.
Sie hatte sich Mühe gegeben, um an diesem Abend toll auszusehen und das ist ihr gelungen, wie sogar Sherlock gestehen musste. Er gab dem Mädchen einen Kuss auf die Wange, wodurch sie errötete.
"Wo bleibt denn dein Date?", der Detektiv schaute auf die Uhr, er war beinahe aufgeregter als Rosie, um die es ja eigentlich ging.
"Dad entspann' dich, Jack kommt schon noch", sie verdrehte die Augen, lächelte aber.
Sie ist so groß geworden, das mussten beide Elternteile zugeben. Mit ihren siebzehn Jahren war sie eindeutig kein Kind mehr, stattdessen sah sie aus wie eine jüngere Version von Mary, doch sie hatte die Augen ihres Vaters.
"Und bitte deduziere ihn nicht", wandte sie sich dann noch an Sherlock, welcher seufzte.
"Dann überlasse ich es eben dir. Aber ich kann es nicht ausstellen!", erwiderte er und John schüttelte den Kopf.
"Nein, aber du kannst es für dich behalten. Oder es Papa sagen!"

Schon als seine Tochter noch klein gewesen ist, hatte Sherlock begonnen, ihr das Deduzieren beizubringen. Nun konnten die beiden wichtigsten Menschen in Johns Leben alles über ihn herausfinden, indem sie ihn nur ansahen. Doch das war in Ordnung, denn insgeheim war er sehr stolz darauf, dass Rosie diese Fähigkeit nun ebenfalls beherrschte, auch, wenn er das nicht zugeben würde.
Geige spielen konnte sie auch und er ist über die plötzliche Geduld, die Sherlock hatte aufbringen können, überrascht gewesen. In Anwesenheit seiner Stieftochter zeigte er weniger seiner soziopathischen Züge und legte viel Wert darauf, dass sie den besten Umgang bekam. John ist anfangs irritiert gewesen, so kannte er seinen Freund nicht, doch er gewöhnte sich schnell daran.
Er selbst hatte seiner Tochter den Umgang mit Waffen und die Selbstverteidung gelehrt, damit sie sich schützen konnte, sollte sie bei einem Fall einmal  zwischen die Fronten geraten. Dies hatte sich bei einem psychotischen Kinderschänder als richtige Entscheidung erwiesen, denn Rosie ist heil davongekommen.

Als es klingelte, wurde John aus seinen Gedanken gerissen und er strich schnell seinen Anzug glatt, um sich auf den Weg zur Tür zu machen. Doch Mrs. Hudson war schneller, begeistert begrüßte sie den jungen Mann, welcher etwas schüchtern in der Tür stand.
Rosie eilte die Treppen hinunter, um ihr Date begrüßen zu können, ehe ihre Väter ihn verschrecken würden.
"Sie ist so groß geworden", wehmütig sah John ihr nach und Sherlock legte seinen linken Arm um seinen Freund.
"So ist das mit den Produkten menschlicher Reproduktion", sagte er trocken und sein Partner sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen von der Seite an.
"Hast du sie gerade-", doch er konnte nicht aussprechen, da Rosie und Jack die Treppen hinaufkamen.
Sofort wurde der Fremde eingehend gemustert und deduziert.
Jack war ebenfalls siebzehn Jahre alt und machte leidenschaftlich gerne Musik, insbesondere spielte er gerne Gitarre, wie man an der Hornhaut an seinen Fingerkuppen erkennen konnte.
Sein braunes Haar war widerspenstig und es hatte ihn eine Menge Gel gekostet, bis es so aussah wie jetzt. Der Anzug war neu und wurde erstmals getragen, normalerweise trug er keine Anzüge. Und obwohl man sich eingehend mit der Reinigung und der Faltenentfernung der Kleidung beschäftigt hatte, hatte Jack es nicht verhindern können, dass seine Siamkatze sich an ihn geschmiegt hatte - die Haare hingen noch an seinen Hosenbeinen. Seine Schuhe waren eingelaufen und geschmeidig, er wollte offenkundig tanzen.
Das Tanzen gehörte ebenfalls zu den Dingen, die Rosie von Sherlock gelernt hatte, welcher seine Deduktionen vorübergehend beendete, um den Jungen zu begrüßen.
Der Detektiv war kein Fan von fremden Leuten und verhielt sich so, wie man es als Außenstehender von ihm kannte. Er war distanziert und etwas kühl, allerdings versuchte er zumindest freundlich zu klingen.
John dagegen war herzlich und offen zu dem Neuen, welcher sich unter Sherlocks bohrendem Blick etwas unwohl zu fühlen schien.
"Wollen wir?", Rosie strahlte in die Runde und so konnte Sherlock nicht anders, als etwas weicher zu werden und Jack ein kleines Lächeln zu schenken. Er wirkte vernünftig und das reichte ihm eigentlich schon.

Die Schule war bunt geschmückt und viele Gäste tummelten sich in der großen Sporthalle der Schule, in der der Ball ausgetragen wurde.
Bei dem Anblick der vielen Menschen verdüsterte sich Sherlocks Blick, doch als John seine Hand ergriff, kam er nicht drumherum zu lächeln. Auch wenn sie seit vielen Jahren ein Paar waren, verspürte Sherlock immernoch dieses Glücksgefühl, wenn sein Freund und er sich nahe waren. So wie in diesem Augenblick, in dem sie sich auf zwei Stühlen niederließen und dabei ihre Hände nicht losließen.

Rosie und Jack verschwanden auf die Tanzfläche und Sherlock sah John auffordernd an, welcher nickte. Gemeinsam betraten sie das Parkett und ihnen entging nicht, dass sie von einigen Schülern mit neugierigen Blicken bedacht wurden, immerhin hatten sie nicht an Popularität verloren.
Doch für diesen Augenblick gab es nur sie, wie sie dicht beieinander standen und sich im Takt der Musik wiegten.
"Du und Rosie, ihr seid das Beste, was mir passieren konnte", sagte John dann und lächelte Sherlock breit an, welchem warm ums Herz wurde.
"Und Mary, die dir diese wundervolle Tochter geschenkt hat", fügte er hinzu und das Lächeln erhielt eine Spur Traurigkeit. Es ist nicht in Sherlocks Sinne gewesen seinen Partner traurig zu machen, weswegen er schnell seine Lippen auf Johns legte.
"Tut mir leid", murmelte er danach und der Arzt schüttelte leicht mit dem Kopf.
"Es muss dir nicht leidtun. Du hast Recht, Mary war eine wundervolle Frau, die mir eine fantastische Tochter geschenkt hat. Und ich bin sehr dankbar für das, was wir haben",  nun war die Traurigkeit wieder verschwunden und Sherlock ließ John eine Drehung vollführen.
"Ich liebe dich, Sherlock Holmes."
"Ich liebe mich auch", Sherlock grinste ihn schelmisch an und sein Freund verdrehte die Augen.
"Du bist so ein Idiot!"
"Und dafür liebst du mich."
"Stimmt."

Johnlock Oneshots Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt