•28

131 9 0
                                    

Wir hatten uns wieder angezogen und saßen auf dem Sofa, er hatte meine Hand genommen, seine Finger waren verschränkt in meinen. Meine Mutter war schon seit einer Stunde weg, und wir beide unterhielten uns die ganze Zeit schon über Gott und die Welt. Doch mor brannte immer noch diese eine Frage auf der Zunge.
"Minho?" Ich starrte in die Leere, spürte aber, wie sein Blick auf mir ruhte. Frag mich, Jisung, sagte der Blick.
"Ja?"
Ich entschied mich dann, ihm doch in die Augen zu schauen. Dieses dunkle braun war so warm, alles an ihm war warm, und doch war sein Leben so kalt.
"Ich kenne dich irgendwo her. Wo haben wir uns schonmal gesehen?"
Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und er zuckte nach ein paar mal Überlegen mit den Schultern.
"Ich habe keine Ahnung. Aber...weißt du was komisch ist?"
Ich sah ihn fragend an, er sah sichtlich verwirrt aus.
"Manchmal habe ich das gleiche Gefühl. Ich habe dich irgendwo schonmal gesehen."
Verdutzt sah ich ihn an, langsam fiel mir etwas auf. Der Traum.
"Ich hab dich in meinem Traum schonmal gesehen! Das ist es, du musst mich auch gesehen haben. Daher kennen wir uns."
Er nickte langsam. "Ja...ja, das kann sein. Aber...bist du dir sicher dass es nur das ist?"
Wieder starrte ich ins Leere, schüttelte irgendwann den Kopf. Auf einmal war ich mir sicher dass wir uns nicht komplett fremd waren, von Anfang an, bevor ich diesen Traum hatte. Wir kannten uns. Was waren wir früher? Wie hatten wir uns kennengelernt? Und vor allem: Was war in der Vergangenheit passiert, dass wir uns an nichts außer unser Lächeln erinnern konnten?
"Wie auch immer. Wahrscheinlich ist das einfach Zufall dass wir uns nach diesem Traum getroffen haben. Heutzutage ist ja alles normal.", unterbrach Minho, und ich glaubte ihm einfach. Vielleicht hatte er ja Recht.
"Warum magst du mich eigentlich?", fragte er nach einer Pause.
Sollte ich ihm sagen dass ich nicht den kleinsten Schimmer hatte? Irgendwie kam es einfach so, er war irgendwie besonders. Und ich hasste es, das zugeben zu müssen, aber...die einzige Möglichkeit war Liebe auf den ersten Blick.
"Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung. Ich mag dich einfach.", antwortete ich, in die Leere starrend.
Und als hätte er meine Gedanken gelesen, antwortete er: "Dazu sagen die meisten 'Liebe auf den ersten Blick'."
Meine Miene verfinsterte sich etwas, vielleicht war es aber auch gar keine Liebe. Vielleicht ging alles auch einfach viel zu schnell.
Ich schaute auf meine Hand, die immer noch in seiner lag, dann zu ihm. Nein. Ich mochte ihn wirklich. Verdammt, ich war wirklich in ihn verliebt.
Er sah mir wieder in die Augen, ich würde niemals über seine Blicke hinweg kommen. Wollte ich das? Nein.
Lange sahen wir uns an, irgendwann kam sein Gesicht näher. Und je kleiner der Abstand zwischen uns wurde, desto schneller raste mein Herz. Gleich. Gleich hatte ich seine Lippen wieder auf meinen liegen. Gleich würde alles in mir wieder explodieren. Gleich...
Plötzlich hörten wir, wie jemand die Haustür aufschloss und sie kurz darauf aufmachte.
"Ich bin zuhause!", rief eine helle Stimme im singsang, und Minho sprang schnell einen Meter weiter von mir weg, fiel fast vom Sofa, und ich musste mir verkneifen, laut loszulachen. Sein Gesichtsausdruck!
Meine Mutter kam ins Wohnzimmer rein und grinste überrascht, als sie Minho sah.
"Du bist ja immer noch hier! Schön, sehr schön. Dann kann ich euch beiden ja Abendessen machen."
Manchmal überraschte es mich, wie gut meine Mutter ihre Gefühle verstecken konnte, und auf einmal musste ich wieder an meinen Bruder denken. Jiwoon.
Ich schluckte und blinzelte schnell die Tränen in meinen Augen weg. Nicht jetzt.
"Oh, nein, eomeonim, das brauchen sie nicht, ich-"
"Schätzchen, Abendessen machen bringt mich nicht um.", unterbrach sie mit einem Lächeln. Minho sah mich an, und ich konnte im Kopf von drei runterzählen, bis er zusagte, weil er meinen Blick gesehen hatte.
"Also gut, ich bleibe noch."

Kalon (Minsung) [Stray Kids FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt