32 || Aus und vorbei

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High Hopes - Kodaline

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich vollkommen erschöpft und ausgelaugt. Ein Blick auf die Uhr sagte mir auch, dass ich nur knapp vier Stunden geschlafen hatte.

Ich hatte die halbe Nacht damit verbracht, an die Decke zu starren und an den gestrigen Abend zu denken. Für einen kurzen Moment hatte ich tatsächlich die Hoffnung gehabt, dass alles wieder gut werden könnte, zwischen Noah und mir.

Ich war noch nie eine besonders nachtragende Person gewesen und ich hätte Noah selbst die fiesen Worte vergeben können, die er mir bei unserem ersten Streit an den Kopf geworfen hatte, wenn ich nur wüsste, dass er es nicht so gemeint hatte. Aber offensichtlich hatte er sie so gemeint, denn er hatte gestern indirekt zugegeben, dass er mich nicht liebte.

Die Ausrede, dass es in dem Moment gestern erzwungen gewesen wäre, zählte für mich nicht. Entweder liebte mich Noah und konnte es mir geradeheraus sagen, oder nicht. Und er konnte es nicht, also gab es für mich keinen Grund mehr, mich verzweifelt an die schöne Zeit, die wir miteinander hatten, ob echt oder nicht, zu klammern. Es war vorbei und früher oder später würde ich mich damit abfinden.

Ich hatte mich gestern Nacht noch in den Schlaf geweint, aber dafür fühlte ich mich jetzt einfach nur noch leer. Es war, als hätte Noah alles Gute und alle Freude aus meinem Leben gezogen. Jetzt fühlte ich nichts mehr, weder Wut noch Trauer, sondern einfach nur die grässliche Enttäuschung und bittere Leere.

Ich erschauderte bei dem Gedanken daran, was passieren würde, wenn ich am Montag wieder zur Schule gehen müsste. Nachdem Noah vor allen auf der Party mein größtes Geheimnis verraten hatte, würde am Montag bereits die ganze Schule davon wissen.

Ich müsste mich also schon mal auf die mitleidigen oder auch abwertenden Blicke meiner Mitschüler einstellen. Dann wäre ich nicht mehr einfach Luna, mit ihren verrückten Freunden und der Schwäche in Französisch, sondern das selbstmordgefährdete, labile Mädchen oder die Schulschlampe. Leute bildeten sich schnell ihre Meinung, ohne überhaupt den wahren Kontext der Geschichte zu kennen, so war es schon immer gewesen und so würde es auch für immer sein.

Aber ich würde damit klarkommen, ich war stark und ich hatte die besten Freunde, die in jeder Situation hinter mir stehen würden. Und außerdem müsste ich nur noch ein Jahr auf dieser verdammten High School bleiben.

Entschlossen rappelte ich mich auf und lief rüber ins Bad, um erstmal eine kalte Dusche zu nehmen. Danach fühlte ich mich auch schon gleich etwas frischer und wacher. Ich zog mir ein großes T-Shirt von Tyler an, das ich ihm schon vor Jahren geklaut hatte und eine Jogginghose an, dann stiefelte ich nach unten in die Küche.

Dort traf ich auch auf meinen Bruder, der gerade am Küchentisch saß und eine Schale mit Müsli vor sich stehen hatte.

"Guten Morgen", begrüßte er mich mit vollem Mund und grinste mich an. Doch sein Grinsen verschwand so schnell, wie es gekommen war, offensichtlich sah er mir an, dass etwas nicht stimmte.

"Was ist los?", fragte er auch sogleich und runzelte besorgt die Stirn. Ich hingegen ging erstmal zum Schrank, um mir ebenfalls eine Schüssel fürs Müsli zu holen, dann setzte ich mich neben ihn.

"Gestern Abend ist ein bisschen aus dem Ruder gelaufen", gab ich dann ehrlich zu, ich wusste, dass ich Tyler vertrauen konnte. Wir hatten eine sehr enge Bindung zueinander und deshalb war ich auch so enttäuscht gewesen, als er hinter meinem Rücken wieder mit diesen illegalen Autorennen angefangen hatte.

"Ich habe mit Ryan rumgemacht, um Noah eifersüchtig zu machen und dann ist Noah vollkommen ausgerastet. Er hat Ryan zusammengeschlagen und mein größtes Geheimnis für alle hörbar rausposaunt. Ich bin dann rausgerannt, aber Noah hat mich eingeholt und daraufhin haben wir uns wieder gestritten. Und jetzt ist es endgültig zwischen uns vorbei", erzählte ich Tyler die Kurzfassung der Geschehnisse, wobei sich ein beklemmendes Gefühl in meinem Bauch ausbreitete. Jetzt tat es doch wieder weh, an gestern zu denken, da war die Leere von eben doch deutlich angenehmer gewesen.

Three MonthsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt