19 || Der perfekte Schwiegersohn

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Sledgehammer - Fifth Harmony


Das Klingeln erlöste uns endlich vom Matheunterricht, der sich heute mal wieder schier unendlich hingezogen hatte. Wer brauchte bitte schön Kurvendiskussion in seinem späteren Leben? Niemand, rein niemand!

Logan und ich hatten die Stunde damit verbracht, Kurven zu zeichnen, die mit einander lebhaft diskutierten, aber gelernt hatte ich nichts. Logan der ein Ass in Mathe war, hatte zwar versucht, mir das Thema zu erklären, aber irgendwie hatte mein Kopf vollkommen auf Durchzug geschaltet und ich hatte trotzdem nichts verstanden. Es lag echt nicht an Logan, aber wenn Noah mir etwas erklärte, verstand ich es einfach am besten.

Schnell packten wir unsere Sachen zusammen, um vor dem Mathe-Monster, so hatten wir unsere Mathelehrerin getauft, zu fliehen und in die Mensa zu gehen.

Auf dem Weg zu unserem Stammtisch sah ich bereits, dass Ryan nicht mehr wie sonst bei Ashton, Daniel und Noah mit am Tisch saß, sondern am ganz anderen Ende des Raumes. Sein blaues Auge war jedoch auch auf die Entfernung nicht zu übersehen.

Ryan musste meinen musternden Blick auf sich wohl gesehen haben, denn seine stechendem grünen Augen lagen nun ebenfalls auf mir. Schnell wendete ich den Blick ab, ich hatte nicht die Kraft dazu, mir jetzt ein Starrduell mit ihm zu liefern.

Auch wenn die Wunden, die er in meinem Herzen hinterlassen hatte, langsam aber sicher heilten, könnte ich ihm nie wieder neutral gegenüber begegnen. Ich sollte ihn eigentlich hassen, aber das tat ich nicht, ich wollte ihm einfach nur aus dem Weg gehen.

Nachdem Logan und ich unsere Taschen am Tisch abgestellt hatten, stellten wir uns in der Schlange für die Essensausgabe an, welche wie jeden Tag eine wahre Nervenprobe bedeutete. Diese schubsenden, drängelnden und lauten Kinder strapazierten mich jedes Mal aufs Neue.

Als dann plötzlich noch jemand seine Hand auf meine Schulter legte, fuhr ich völlig entnervt herum, doch als ich in das schief grinsende Gesicht von Noah blickte, beruhigte ich mich sofort wieder.

"Hey, Krümelmonster", begrüßte er mich und gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn. "Wir können heute leider bei nicht bei mir Nachhilfe machen, ich hoffe, das geht heute ausnahmsweise auch mal bei dir", kam er direkt zum Punkt.

Ich hingegen musterte ihn irritiert, wieso wollte er plötzlich für die Nachhilfe zu mir kommen? Wollte er etwa Tyler nach dem gestrigen Tag provozieren? Bei genauerem Hinsehen fielen mir die dunklen Schatten unter Noahs Augen auf und auch sein Lächeln wirkte aufgesetzt. Er sah echt ziemlich fertig aus, aber das konnte er gut überspielen.

"Eigentlich schon, aber wieso?", fragte ich deshalb nach, auch wenn ich mir fast sicher war, dass Noah meiner Frage ausweichen würde.

"Meine Eltern sind gestern Abend wiederkommen und sich jetzt am Planen von so einem scheiß Business-Meeting, wir wären ihnen nur im Weg", antwortete Noah jedoch, wobei seine Stimme plötzlich deutlich kühler klang.

Er schien definitiv nicht begeistert, seine Eltern wiederzusehen. Und wieder stieg in mir der Wunsch auf, endlich herauszufinden, was Noahs Verhältnis zu seinen Eltern so stark belastete… aber hier in der Mensa war definitiv nicht der richtige Zeitpunkt dazu, deshalb nickte ich.

"Okay. Du kannst gerne zu mir kommen, das ist kein Problem. Meine Mutter freut sich bestimmt dich wiederzusehen", meinte ich deshalb und lächelte ihn vorsichtig an. "Treffen wir uns wie sonst an deinem Auto?"

"Ja, genau", bestätigte Noah. "Bis dann, Kleine."

Noah wuschelte mir einmal kurz durch die Haare, dann verschwand er so plötzlich, wie er gekommen war, während ich versuchte, meine Haare wieder zu richten. Ich hasste, wenn er das machte und er wusste es und machte es deshalb nur noch lieber.

Three MonthsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt