29 || Angriffsmodus

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Battle Scars - Lupe Fiasco feat. Guy Sebastian

Ich war noch am selben Tag ins Sekretariat gegangen und hatte darum gebeten, den Sportkurs wechseln zu dürfen. Leider waren alle anderen Sportkurse bereits komplett überfüllt und so hatte mir die unfreundliche Sekretärin deutlich klargemacht, dass ich in meinem Kurs bleiben musste.

Im ersten Moment war ich darüber unglaublich frustriert gewesen, aber dann hatte ich mich dafür entschieden, mir ein ärztliches Attest zu besorgen, dass ich nicht am Sportunterricht teilnehmen durfte. Ich würde einfach alles dafür tun, um Abstand von Noah zu gewinnen.

Dies gestaltete sich nämlich als durchaus schwierig. Nachdem er die erste Zeit nach unserer "Trennung" über eine Woche komplett die Schule geschwänzt hatte, war Noah jetzt jeden Tag da und mein Brustkorb zog sich jedes Mal schmerzhaft zusammen, wenn er mir über den Weg lief. Zumindest ignorierte er mich und ich ignorierte ihn.

Am Anfang hatte ich immer noch messerscharfe Stiche in meinem Herzen gespürt, wenn Noah und ich uns auf dem Flur begegnet waren und sein kalter Blick einfach durch mich hindurch gegangen war, aber mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt.

Noah hatte mit uns abgeschlossen und nahm mich genauso wenig wahr, wie vor seiner Party. Ich war nichts mehr, als eine weitere Trophäe in seiner Sammlung und auch an diesen Gedanken begann ich mich langsam zu gewöhnen. Vielleicht wäre ich ja in einiger Zeit dazu bereit, ebenfalls einen Schlussstrich zu ziehen, denn Noah hatte es offensichtlich schon.

Jetzt saß ich gerade mit Julie und Leila in unserem Lieblings-Eiscafe mitten in der Innenstadt. Heute war wieder ein besonders warmer Tag und ich konnte es kaum erwarten, dass morgen endlich Freitag war. Bei über dreißig Grad in den stickigen Klassenräumen sitzen zu müssen, war mehr als eine Zumutung. Und auch wenn die Schüler aus allen Poren schwitzten, gab uns die Schulleitung kein Hitzefrei.

"Habt ihr eigentlich schon Pläne für morgen Abend?", fragte Julie und stecke sich anschließend einen Löffel mit Erdbeereis in den Mund.

"Ja, irgendeinen kitschigen Liebesfilm auf Netflix gucken, ein bisschen heulen und dann schlafen gehen", scherzte ich ironisch, obwohl ich eigentlich gar nicht so sehr übertrieb. Ich wollte gar nicht zählen, wie oft ich Titanic in den letzten Tagen geguckt hatte und mir dazu mit einer Schale Eis im Arm die Augen ausgeheult hatte.

"Das habe ich mir schon gedacht", meinte Julie. "Und deshalb habe ich dafür gesorgt, dass wir morgen alle auf der Party von Michelle eingeladen sind."

Julie sah uns nach Beifall heischend an, schließlich stieg bei Michelle die Party des Jahres und jeder Schüler träumte davon, eingeladen zu werden. Schon seit Tagen war dies das Gesprächsthema Nummer Eins an unserer Schule, aber mir war es komplett egal gewesen, da ich mir im Moment nicht so viel aus Feierngehen machte.

Leila war hingegen vollauf begeistert. "Perfekt, da sind wir auf jeden Fall dabei! Stimmt's, Lu?"

Ich zuckte nur teilnahmslos die Schultern. "Ich weiß nicht, eigentlich habe ich nicht so Lust auf-..."

"Stopp, keine Ausreden!", schnitt Leila mir das Wort ab. "Wir gehen dahin, schließlich musst du irgendwann mal wieder aus deinem dunklen Loch herauskommen."

Leilas Stimme duldete keine Widerrede, aber trotzdem war ich noch nicht überzeugt. Was wäre, wenn ich Noah dort über den Weg laufen würde? Die Wahrscheinlichkeit war ziemlich hoch, denn schließlich waren alle beliebten Schüler bei Michelle eingeladen.

"Wir wollen dich natürlich zu nichts zwingen, aber ich stimme Leila zu, dass du morgen Abend nicht einfach alleine auf deinem Zimmer hocken solltest", versuchte Julie mich zu überzeugen und schenkte mir ein sanftes Lächeln. "Das wird bestimmt lustig!"

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