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Alec:

Dave hatte Tränen in den Augen, als er mich verzweifelt ansah.

„Hei, es ist ja nicht für immer", versuchte ich ihn aufzumuntern und drückte ihm meine Lippen auf die Wange.

Er umarmte mich fest und schniefte leicht. „Ich will nicht mehr eine Sekunde ohne dich sein"

„Dave", seufzte ich. „Du überdramatisierst es. Ich wohne nur 20 Minuten entfernt und wir schreiben und telefonieren ja auch..."

Wir hatten Cam sein Auto zurückgebracht und ich hatte Dave noch mit nachhause begleitet, obwohl das alles andere als auf meinem Weg gelegen war.

Trotzdem stand ich jetzt hier mit ihm vor seiner Tür und musste ihn überzeugen, mich überhaupt jemals wieder loszulassen.

Im ersten Moment hatte ich es ja noch süß gefunden, aber so langsam steigerte er sich etwas zu sehr rein.

„Aber du bist jetzt mein Freund", schmollte Dave.

„Und trotzdem wird sich die Erde weiterdrehen, selbst, wenn du jetzt ohne mich in deine Wohnung gehst."

„Glaub ich dir nicht"

Obwohl er sich benahm wie ein Kleinkind, fand ich es irgendwie süß und schmunzelte.

Ich gab ihm paar kleine Küsse auf den Hals und schob ihn dann von mir weg.

„Du musst in zehn Minuten oben sein, sonst reißt Tucker dir den Arsch auf"

„Oh mano" Er schaute traurig, drückte mich nochmal an sich, roch doch eiskalt an meinen Haaren, bevor er mich wieder wegschob und dann entschlossen nickte. „Okay, ich versuche es zu überleben, aber du musst versprechen, mich sofort anzurufen, wenn du zuhause bist. Und zwar Videoanruf!"

Ich lachte leicht. „Versprochen. Ich rufe dich an, gleich nachdem meinen Eltern mich umgebracht haben, weil ich die ganze Woche über auf keine einzige von ihren Nachrichten reagiert habe"

„Toll", brummte er.

Dann seufzte er schwer, küsste meine Stirn und lächelte mich traurig an, bevor er seinen Schlüssel rauskramte und in sein Wohnhaus ging.

Er winkte mir noch kurz zu und ich lächelte, das Winken erwidernd, ehe ich mich zu Fuß auf den Weg nachhause machte.

Dave war mein Freund.

Ich konnte es immer noch nicht richtig glauben.

Was änderte sich jetzt eigentlich alles dadurch?

Ich würde ihn meinen Eltern als meinen Freund vorstellen müssen und sie würden noch mehr ausrasten, das war schon mal klar.

Außerdem würde das sicherlich ziemliche Probleme geben, wenn ich in zwei Wochen wieder zur Uni ging und er weiterhin hier bleiben musste.

Sollte ich meinen Beziehungsstatus auf Facebook ändern?

Ich sollte das mit ihm besprechen.

So in meinen Gedanken an meinen ersten festen Freund versunken, merkte ich gar nicht wie die Zeit verging, bis ich auch schon zuhause war.

Es war später Nachmittag, als ich die Tür aufschloss und mich ins Haus schlich. Es war sinnlos, da ich mich ja nicht ewig verstecken konnte, aber, wenn ich ehrlich war, hatte ich einfach nur Angst vor den Reaktionen meiner Eltern.

Andererseits war ich erwachsen und sie konnten mir keine Vorschriften mehr machen...

Es war Sonntag, daher überraschte es mich nicht, Mum und Dad anzutreffen, als ich das Wohnzimmer betrat. Sie hielten sich meistens hier auf, wegen Amy, wenn sie zuhause waren.

„Hallo, Leute", versuchte ich es mal ganz locker.

Sofort hatte ich die Aufmerksamkeit meiner Familie auf mir, Amy sprang auf, taumelte zu mir und hüpfte an mir hoch, bis ich sie auf den Arm nahm und sie mich umarmen konnte. Sie brabbelte irgendetwas, war ganz aufgeregt.

Ich lächelte, weil sie sich so freute, mich wiederzusehen. Meine kleine Prinzessin.

Mein Dad schnaubte leicht, musterte mich missbilligend. „Und du traust dich einfach so hier rein zu marschieren. Mutig bist du, das muss man dir lassen, Junge"

Er stand von Amys Spieleecke auf und lief auf mich zu, aber Mum stellte sich vor ihn und hielt ihn somit auf. „Lass ihn erstmal erklären, Schatz, ich bin sicher, das hat alles seine Gründe"

Mum lächelte mich über die Schulter an und ich sah es als Zeichen loszulegen.

„Ich weiß nicht so ganz, wo ich anfangen soll", seufzte ich und wippte Amy leicht auf und ab, während ich so dastand und nachdachte.

Lügen wollte ich nicht, das hatte ich noch nie gerne gemacht und ich wollte auch jetzt nicht damit anfangen. Dafür gab es nämlich keinen Grund.

„Jemand, den ich sehr gerne habe, hat meine Hilfe gebraucht, also bin ich mit ihm weggefahren... Es war etwas stressig und ich wollte mir den Streit mit euch ersparen, deshalb hab ich eure Anrufe nicht abgenommen oder auf eure Nachrichten geantwortet. Einerseits waren es echt ein paar schlimme Tage, aber gegen Ende war es richtig toll und.... ich... bin jetzt in einer Beziehung"

„Beziehung?" Dad schaute mich aus großen Augen an.

Was, so schwer zu glauben, dass es jemanden gab, er sich das Leben mit mir teilen wollte?

Innerlich schnaubte ich auf, nach außen hin nickte ich nur. „Mit Dave..."

Sein Mund klappte auf und irgendwie erkannte ich mich selbst in dieser Mimik wieder, wenn ich sprachlos war.

„Das freut mcih für dich, mein Liebling", meinte Mum, kam zu mir, umarmte mich und streckte sich, um mir einen Kuss auf die Wange zu drücken. „Ist er auch der, mit dem so letzten so lange Telefoniert hast? Schon oder?"

Ich nickte mit einem verlegenen Lächeln.

„Also hübsch ist er auf jeden Fall, Singen kann er auch...", Mum begann von ihm zu schwärmen.

Das war alles einfacher gewesen als gedacht, aber die Reaktion von Dad fehlte ja noch. Die ganze Zeit hatte ich das Gefühl, er musste sich nur einfangen und würde mich dann anschreien, aber das passierte nicht. Nein, nach kurzer Zeit verließ er einfach nur schnellen Schrittes den Raum, knallte die Tür so energisch hinter sich zu, dass Amy fast weinte, weil sei sich so erschreckt hatte und ließ mich verwirrt hier stehen.

„Was ist mit dem schon wieder los?", fragte ich.

Es enttäuschte mich auch, dass er so reagierte, aber was hatte ich denn auch erwartet? Ich wusste ja, wie wenig ihn mein Glück tangierte.

Es tat wirklich weh, wie er mit mir umging, allgemein, wie er sich mir gegenüber verhielt, aber ich hatte schon alles versucht, um es zu ändern und einfach nicht hinbekommmen.

So langsam wollte ich nicht mehr.

Ich hatte jemanden, der alles dafür tun würde, um mich glücklich zu sehen. Darauf wollte ich mich konzentrieren und nicht auf meinen selbstsüchtigen Erzeuger.

Das Herz Der Dunkelheit (Manxman)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt