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Ken:

Abgesehen davon, dass Kinder laut sind und stinken, mag ich sie ja eigentlich. Die meisten von ihnen sind ganz niedlich, solange sie gut erzogen sind. Gerade fühle ich mich aber ganz und gar nicht wohl.

Ich bin mit Amy und Lyam in einem Indoor-Spielplatz. Amy wollte unbedingt auf den Spielplatz, aber ich fand, dass es dazu kalt dafür ist, also sind wir hierhergekommen. Jetzt, wo ich aber sehe, wie viele Leute hier sind, bezweifle ich, dass das eine gute Idee war.

Isak hat heute unterschiedliche Termine, unter anderem seine erste Therapiestunde, während ich hier verzweifle. Ich fühle mich nicht gut dabei, die Kinder einfach springen zu lassen und sie somit aus den Augen zu verlieren, da sich für Lyam eher der Kleinkinderbereich eignet und Amy schon zu den größeren möchte. Ihr das zu verbieten, finde ich nicht richtig. Also lasse ich sie gehen und bleibe mit Lyam bei den kleineren.

Leo und Lilly sind auch da, daher bin ich nicht ganz so allein, als Lilly sich nach einer Zeit zu mir gesellt und wir ein bisschen zusammen mit Lyam spielen. Sie will dabei viel über Alec und Dave wissen und wie es mit den beiden und den Kindern funktioniert.

Dave hat mir schon erzählt, dass Lilly wohl mal einen Crush auf Alec hatte. Verübeln kann ich es ihr nicht, immerhin denke ich, hätte ich mich damals nicht so auf Cammy fixiert, wäre es Alec gewesen, aber da ich dachte, bei ihm niemals eine Chance zu haben, ist es wohl Cameron geworden.

Jetzt weiß ich, dass ich einfach nur jemanden wollte, der sich so um mich kümmert, wie Cameron es bei Noah getan hat und tut. Ich will das immer noch. Ich weiß, dass ich rüberkomme wie niemand, der darauf aus ist sich zu binden, aber in Wahrheit suche ich schon lange nach etwas Festem. Es spricht ja nichts dagegen, dass ich versucht habe, bis ich das finde, ein bisschen Spaß zu haben.

Jetzt hat das aber aufgehört. Ich will nicht mehr mit irgendwem irgendwann irgendwo bedeutungslosen Sex haben. Ich will Isak.

Er ist gut zu mir, selbst wenn er manchmal -naja oft- ziemlich hart ist, aber zumindest weiß ich bei ihm, dass er mich als Person sieht und nicht nur als Mittel zur Befriedigung.

Er hatte recht. Das zwischen uns war nie nur Sex. Das jetzt zu wissen macht mich irgendwie glücklich und traurig zugleich. Glücklich, weil ich weiß, dass er Gefühle für mich hat, aber traurig, weil er sie sehr wahrscheinlich nicht haben möchte. Ansonsten würde er ja mehr auf mich zugehen oder?

Gestern mussten wir unser leidenschaftliches Herumgeknutsche unterbrechen, da Amy plötzlich in der Küche stand und mit uns spielen wollte. Sie hat ganz große Augen gemacht, als sie erkannt hat, wobei sie uns da gestört hat, dann hat sie frech gekichert und uns einfach zum Spielen mitgenommen.

Isak hat mir nach dem Essen geholfen, die Kinder ins Bett zu bringen und ist schließlich selbst schlafen gegangen. Er hat mir eine gute Nacht gewünscht, mir einen Kuss auf die Wange gegeben und hat sich in seinem Zimmer verbarrikadiert. Heute Morgen hatte er nicht wirklich viel Zeit zum Reden oder für sonstiges, daher habe ich gerade absolut keine Ahnung, wie wir zueinander stehen.

Ich will mehr, ich denke, das weiß er. Und ich weiß, dass er auch mehr möchte. Nur bin ich unsicher, ob er dazu bereit ist, dies auch anzunehmen.

Lydias Tod ist bald fast 2 Jahre her. Trotzdem ist es vielleicht einfach noch zu früh für Isak. Ich kann das alles nicht richtig verstehen, ich war nur verliebt, aber habe noch nie jemanden richtig aufrichtig geliebt und mit ihm die Hälfte meines Lebens geteilt. Deshalb finde ich es so wichtig, dass wir miteinander reden. Oder zumindest mit der Psychologin. Dass er dorthin geht, unterstütze ich vollkommen, aber ich.... Ich weiß nicht, ob das wirklich das richtige für mich ist. Ich mag nicht über all das reden. Ich will es vergessen, es verdrängen, sodass es so ist, als sei es niemals passiert.

Um dem ersten Schritt nachzugehen, alles zu vergessen, konzentriere ich mich auf meine Gespräche mit Lilly, während wir mit Lyam und auch ein paar anderen Kindern spielen. Sie erzählt, dass Leo gerade richtige Trotzphasen hat und wir aufpassen sollen, dass das bei Amy nicht auch einreißt.

Mitten in ihrer Rede über notwendige Strenge aber liebevolle Erziehung, beginnt sie zu grinsen. Ich verstehe gar nicht wieso und das ist mir auch gar nicht mehr wirklich wichtig, als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legt und ich erschrecke. Ein ziemlich unmännlicher Schrei entkommt mir und ich weiche zur Seite aus, sehe geschockt nach hinten und erkenne Isaks Lachen.

„Man, du bist gemein! Ich dachte, du bist ein Mörder!"

Isak lässt sich noch immer leicht lachend neben mir nieder. „Und bei allen Leuten, die hier so herumhüpfen, wieso sollte ich ausgerechnet dich umbringen?"

„Weil ich der schönste bin", behaupte ich eingebildet.

Eigentlich will ich von ihm wegrutschen und die beleidigte Leberwurst spielen, aber als ich sehe, mit welchem Blick er mich ansieht, kann ich einfach nicht.

Allein durch den Ausdruck in seinen Augen stimmt er mir zu, was meine Behauptung angeht, spricht es aber nicht aus, wohl wegen dem Publikum. Ich gebe ihm da recht. Lilly muss nicht alles wissen.

„Mensch Isak, das ist ja ewig her, seit wir uns zuletzt gesehen haben", beginnt sie auch schon und zerstört somit den Moment zwischen uns, von dem ich erst jetzt feststelle, dass er stattgefunden hat. „Lydias Beerdigung, kann das sein?"

Interessiert sieht sie ihn an. Seine gute Stimmung vergeht schlagartig. Er kämpft darum, seine Mundwinkel oben zu behalten und scheitert kläglich. „Eher weniger. Da war ich nicht anwesend"

„Oh" Lilly sieht überrascht aus. Man bemerkt auch, dass es ihr auf jeden Fall leid tut, trotzdem ändert das nichts an ihrer unpassenden Art, mit dem Thema umzugehen.

„Lilly, tust du mir den Gefallen und schaust mal nach Leo und Amy? Ich habe die ganze Zeit Angst, dass sie mit den älteren Kindern nicht klarkommen" Bittend sehe ich sie an.

Ihr Blick huscht zu mir, sie lächelt mich an, stimmt zu und geht, sodass Isak und ich alleine am Rand des Bällepools sitzen.

Da wir beide dieselben Gedanken haben, gibt es im Moment nicht viel zu sagen. Wir sehen einfach Lyam dabei zu, wie er bei seinen Laufversuchen immer wieder kläglich scheitert und dann kreischend in die Bälle fällt, die er schließlich herumwirft.

Nach einiger Zeit bemerke ich ein Gewicht an meiner Schulter. Isak hat seinen dunkelblonden Haarschopf darauf abgelegt und sich im Zuge dessen an mich gelehnt. Ich erwidere es, indem ich meinen Arm auf sein Bein lege, das an meines lehnt und den Kopf an seinen. Wir sehen weiter Lyam zu, doch nun fühle ich mich Isak schon viel näher als eben noch.

„Ich find's toll, dass du hier bist. War eine schöne Überraschung", teile ich ihm mit und streiche dabei über sein Knie.

Er seufzt, brummt einen zustimmenden Laut. „Ich hatte die Wahl, mich nach Hause zu verziehen und entweder nichts zu tun, oder zu arbeiten, oder hierher zu kommen und der Gewissheit nachzugehen, dass es mir besser gehen wird, wenn ich dich sehe... und die Kleinen"

Einerseits macht mich das natürlich glücklich, doch andererseits ist der Kern dieser Aussage ja eigentlich, dass es ihm nicht wirklich gut geht.

„War es so schlimm?" Ich spiele auf seinen Termin bei der Psychologin an, das weiß er.

Er seufzt leise. „Schlimm nicht... Aufwühlend"

Die Tatsache, was das zu bedeuten hat, veranlasst mich dazu, ihn von mir wegzuschieben, soweit, dass ich ihn eindringlich ansehen kann.

„Ich bin stolz auf dich"

Seine Augenbrauen ziehen sich verwirrt zusammen. Er fragt mich durch diesen Blick wieso.

„Weil du hierhergekommen bist, zu mir und uns, statt dich Zuhause alleine zu betrinken. Das war die richtige Entscheidung, versprochen" Meine Stirn sinkt gegen seine, nur für einen kurzen, aber entscheidenden Moment, ehe ich wieder leicht von ihm abrücke und ihn anlächle.

Ich weiß nach wie vor nicht, wie wir zueinander stehen, daher sollte ich mich wohl ein wenig zurück halten, vor allem in der Öffentlichkeit.

„Es gibt viele Sachen, die mich glücklich machen könnten", meint Isak, als er meine Hand nimmt. „Aber Alkohol gehört definitiv nicht dazu" Dieser Blick, mit dem er mich ansieht, beweist, dass er mir bewusst machen will, dass ich es tue. Ihn glücklich machen. Und das macht mich glücklich.


Das Herz Der Dunkelheit (Manxman)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt