Epilog

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Dave:

„Und dann hat der Leo seinen ganzen Saft verschüttet und das war so eine Sauerei!" Erzählt Amy mir und macht eine ausschweifende Handbewegung.

„Ach echt? Ist Lilly böse geworden?"

Amy schaut zu mir hoch und nickt, mit abschätzendem Blick. „Schon ein bissi. Sie hat gesagt, dass man den Becher immer weiter reinstellen muss"

„Das sagt dir Alec auch immer, stimmt's?", erinnere ich sie.

Sie nickt schnell und beginnt dann breit zu grinsen.

„Was?", hake ich unsicher nach und steige neben ihr die Treppen zu unserer Wohnung hoch.

„Nix. Ich find's nur lustig"

„Und was findest du lustig?"

„Nix"

Okay? Muss ich das jetzt verstehen?

Meine Tochter denkt mir manchmal zu umständlich, da komme ich nicht mit. Ich bin aber froh, dass sie jetzt wenigstens überhaupt wieder redet. Nach Lydias Tod war das nämlich eher schwierig.

Es war allgemein schwer, ihr das überhaupt zu erklären. Dass Lydia nicht wiederkommen wird. Dass es Alec und Isak deshalb so schlecht geht. Aber ich glaube, sie hat es verstanden, auch ohne viel Erklärung.

Damals hat sie drei Tage bei Leo übernachtet, bis sie Heimweh bekommen hat und wieder nach Hause wollte. Ich habe diese drei Tage dort verbracht, zum Einen, weil ich nicht alleine sein wollte, zum Anderen, weil Alec und Isak irgendwen gebraucht haben, der sie davon abhält, sich über den ganzen Alkohol im Haus herzumachen.

Ob das bei Isak funktioniert hat, weiß ich bis heute nicht, aber Alec hat nach ein paar Zusammenbrüchen und Gedächtnislücken gerade noch so die Kurve bekommen. Ich glaube, es hat erheblich geholfen, dass ich ihn mit zu meiner Therapeutin geschleppt habe. Aber auch, dass ich einfach da war, als guter Freund der Familie.

Es hat lange für Alec gebraucht, sich überhaupt damit abzufinden. Es würde mich wundern, wenn er sich an den ersten Monat nach Lydias Tod überhaupt noch erinnert. Bis heute ist es zwar noch schwer, aber es ist besser geworden.

Damals im Haus meiner Eltern dachte ich, wenn der Schmerz aufgrund der Trauer vergeht, würde es bedeuten, meine Eltern weniger zu lieben. Jetzt weiß ich, dass das nicht wahr ist.

Die Trauer geht in die Gewissheit über, dass man an der Situation nichts ändern kann. Dass man nur das Beste daraus machen kann und aus den Lieben, die man noch hat.

Erst, wenn man akzeptiert, dass die Toten auch tot bleiben, kann man anfangen, sie zu vermissen. Den Verlust zu verarbeiten.

Das klingt alles so einfach. Ich weiß, dass es das nicht ist und dass jenes auch bei jedem unterschiedlich abläuft und unterschiedlich lange dauert.

Ich bin sehr stolz auf Alec, dass er sein Leben trotz allem wieder meistert. Er geht nun ebenfalls zur Therapie. Wir beide wissen, dass er das braucht, auch mit jemandem, der nicht ich ist, darüber reden zu können.

Manchmal haben wir auch Paarsitzungen. Wir sind seit acht Monaten wieder zusammen.

Ich finde es gut, dass wir nicht sofort, nachdem wir uns ausgesprochen haben wieder ein Paar wurden. Das hätte aufgrund der Umstände auch gar nicht funktioniert. Alec hat keinen Liebhaber gebraucht, sondern einen wahren Freund.

Aber nicht irgendeinen und auch nicht Cameron, sondern mich.

Auch Cameron kennt eine gewisse Art, seine Eltern zu verlieren, aber nicht an den Tod.

Das Herz Der Dunkelheit (Manxman)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt