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Dave:

Mir war klar, dass ich es verkackt hatte. Dass ich Alec verloren hatte.

Aber ich war zu masochistisch, um aufzugeben. Oder er war mir einfach zu wichtig.

Ich wusste aber, dass er jetzt Zeit brauchte. Die wollte ich ihm geben, wenn auch nicht viel davon.

Am nächsten Tag, dem Tag, an dem wir unsere gemeinsame Abreise geplant hatten, stand ich früh auf, um zu ihm zu gehen, da ich ihn rechtzeitig erwischen wollte. Geschlafen hatte ich ohnehin nicht, also war das mit dem frühen Wachsein kein Problem.

Gestern hatte jeder meiner Mitbewohner unseren Streit, nein unsere Trennung mitbekommen.

Klar hatten sie in der darauffolgenden Diskussion zu Alec gehalten.

Ich versuchte ja nicht mal zu behaupten, dass ich unschuldig war, ich wollte einfach nur, dass irgendwer wenigstens versuchte, mich zu verstehen.

Es ist ja nicht so, als hätte ich die ganze Zeit nur an diese Unterlagen gedacht, während ich bei ihm gewesen war. Okay, wenn das Thema zu seinem Studium gekommen war, dann hatte ich mich so gut wie immer daran erinnert, aber er war immer so überzeugt davon gewesen, dass sein Jurastudium das richtige für ihn war, egal, was ich gesagt hatte.

Ich hatte ihm die Zusage gestern nicht geben, weil ich wollte, dass er hierblieb, sondern, weil ich mich daran erinnert hatte, dass es nicht mein Recht war, das vor ihm zu verbergen.

Bisher hatte ich es ihm nicht zugetraut, eigene Entscheidungen zu treffen, das gebe ich ja zu, aber nachdem was wir gestern gemacht hatten... irgendwie hatte ich aufgehört, ihn als unsicheren Teenager zu sehen und ihn als einen erwachsenen Mann wahrzunehmen, der selbstständig entscheiden konnte, welchen Weg er wählen wollte, wenn man ihm nur eine Auswahl anbot.

Vorher war ich mir sicher gewesen, er hätte nicht mal verstanden, was die Zusage für ihn bedeuten würde. Unabhängig von seinem Vater zu sein, zu tun, was er wollte.

Aber es gab nun mal viele Dinge, die er wollte. Er musste entscheiden, ob seinen Vater zufrieden zu stellen oder seinem Traum nachzugeben höhere Priorität hatte.

Ohne seine Unterlagen würde er da aber nicht weit kommen, daher wollte ich sie ihm heute vorbeibringen und nochmal mit ihm reden.

Notfalls würde ich ihn auch festhalten und einsperren, damit er sich nur einen Moment Zeit nahm, um wirklich darüber nachzudenken.

Ich wollte ihm keine Entscheidung aufzwängen. Wenn ihm sein Jurastudium wichtiger war, dann bitte, sollte er halt, ich wollte nur, dass er aufhörte, alles zu bedenken außer sich selbst.

Als ich auf die Türklingel drückte, war ich zugegebenermaßen ziemlich nervös. Ich steckte die Hand in die Hosentasche, weil ich lässig wirken wollte, kam aber dann auf die Idee, dass das ziemlich kontraproduktiv sein konnte und zog sie wieder raus. Nervös an dem Umschlag herum zu pfriemeln, war jetzt auch nicht wirklich toll...

All meine Gedanken stoppten, als die Tür aufging und Lydia mir gegenüberstand.

„Dave", Es war keine Freue in ihrer Stimme, sie stellte einfach nur fest, dass ich da war.

Alec musste ihr also zumindest irgendetwas erzählt haben.

„Ich wollte zu..."

„Er ist weg"

Ich schluckte, als sie mich so unterbrach und schaute sie an, die Bitte in meinem Blick tragend, dass das gerade nicht ihr ernst war.

Sie schien mit sich zu ringen, seufzte dann und ließ mich rein.

Das Herz Der Dunkelheit (Manxman)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt