Kapitel 8 - Burn out?

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Erstaunt rappelte ich mich auf. „W-wie kann es s-s-sein, d-dass ich mich eri-i-innere?" quälte ich aus mir heraus und schaute ihm tief in die Augen. Mir wurde alles völlig klar. Wieso er am ersten Schultag so nett war, wieso er mich mit in den Unterricht begleitete, ... Aber wie konnte es sein, dass ich mich nicht erinnere? Diesmal schrieb ich wieder auf den Zettel, sehr hektisch. ‚Aber warum kann ich mich nicht erinnern?' „Nun ja.." begann er. „nachdem wir uns unterhalten hatten, wurde dir ganz komisch, du bist plötzlich zusammengeklappt und da hab ich den Notarzt gerufen, weißt du nicht mehr? Es war erst vor einer Woche. In den Herbstferien." Ich konnte mich nicht erinnern, wirklich nicht. Weder an unser Gespräch, noch an den Aufenthalt im Krankenhaus. Es war wie ausgelöscht. Doch es konnte nie im Leben sein, dass er mich nun schon zum zweiten Mal gerettet hatte. Ich legte mich zurück ins Kissen, deckte mich zu und starrte die weiße Wand an. Er nahm meine Hand und sagte: „Ruh dich ein bisschen aus. Wir reden morgen weiter." Langsam ging er und stoppte kurz vor der Tür. Er öffnete sie und ging. Den ganzen Tag dachte ich über das Gespräch nach. Als die Ärztin reinkam, war mein Wissensdurst so groß, dass ich sie darauf ansprach. Sie war gerade dabei meine Werte zu checken. „Entschuldigung", sagte ich. „Kann ich sie mal was fragen?"
„Natürlich!" antwortete sie.
„War ich vor einer Woche schon einmal hier?"
„Hmmm.. wie war ihr Name noch gleich?"
„XXX YYY." Sie überlegte kurz. „Ja, tatsächlich erinnere ich mich an dein Gesicht und deinen Namen. Du wurdest eingeliefert, wegen „Burn out". Du bist umgekippt und konntest meine Fragen nicht beantworten."
„Okay, vielen Danke."
„Gerngeschehen." Sie ging.
Die ganze Zeit fragte ich mich, wieso ich mich an kein einziges Detail erinnern konnte. So sehr ich es versuchte, ich schaffte es einfach nicht.
Trotz allem stellte ich mir die Frage, was er mir gestern Abend zeigen wollte, wenn ich nicht gegen diesen Türrahmen geknallt wäre. Es war schon spät Abends und es fing an zu dämmern. Ich konnte den Club hören, in dem wir letzte Nacht waren und schaute aus dem Fenster, rüber zum Club. Ich sah viele schwarze Typen, die dort anstanden, kaum jemanden mit einem hellen Hautton, doch bei genauerem Hinschauen konnte ich auch Marshall erkennen, wie er sich mit einigen von ihnen unterhielt und gemeinsam lachten. Ich fand es toll ihn so fröhlich zu sehen und musste grinsen. „Was ist so witzig?" fragte meine Zimmergenossin. Sie zog ihre Brille auf und setzte sich zu mir an's Fenster. „Siehst du diesen Jungen da?" Ich deutete auf Marshall und schaute sie kurz darauf an. „Ja, was ist mit ihm?" Sie musste kichern. „Ich glaube, ich steh auf ihn." auch lehnte meinen Kopf auf meine verschränkten Arme und schaute Marshall instinktiv an. „Er sieht ja schon irgendwie süß aus." Wir schauten uns an und fingen an zu kichern. Wir verstanden uns super. „Ich heiße Rockie, und du?"
„Ich bin XXX."
„Schöner Name."
„Danke, aber ich finde dein Name passt irgendwie nicht zu dir. Du siehst viel zu brav aus für eine Rockie." Sie wurde ganz rot. Ich holte meinen Kulturbeutel raus und wir starteten ein Make-over. Ich schminkte sie und sie schminkte mich. Immer, wenn ein Arzt auf dem Gang war, legten wir uns ganz schnell hin und taten so, als ob wir schliefen. Dann setzten wir uns wieder an's Fenster.
„Man, ich wäre jetzt so gerne da unten am feiern", sagte sie. Ich boxte ihre Schulter. „Rockiiie, sowas passt ja gar nicht zu dir."
„Ich weiß, ich weiß. Wann wirst du entlassen?"
„Morgen, wahrscheinlich, aber nur, wenn sich meine Werte dementsprechend verändern."
„Tatsächlich? Ich auch! Hast du morgen vielleicht Lust mit mir feiern zu gehen?"
Ich grinste. „Ja, gerne!"

Once I met a Boy named Marshall ..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt