11.- Verfallen

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11.- Verfallen

Naara hätte Augenblicke wie diese geliebt. Sie hätte es gut gefunden das Zentrum eines Themas zu sein, in der Mitte eines Streites zu stehen. Wahrscheinlich hätte sie es sogar genossen.
Sie war immer die hübsche kleine Arias und irgendwie ziemlich beliebt in der Schule. Es gab niemanden der sie nicht toll fand und ich hatte es oft erlebt, wie sich zwei Jungs vor unserer Wohnung beinahe die Köpfe eingeschlagen hatten. Sie hatte es nie wirklich interessiert. Niemand war jemals gut genug für sie. Niemand bis auf Fred. Er war so plötzlich in ihrem Leben aufgetaucht und als sie gestorben war, war er genauso plötzlich verschwunden.
José hatte mir damals gesagt, dass er Fred nicht mochte, ich meiner Schwester von ihm abraten sollte, doch ich hatte nichts gegen ihn. Er war immer nett und zuvorkommend, wenn er bei uns daheim war. Mein Vater schien ihn auch gut zu finden, Mutter liebte ihn. Fred schien perfekt.
Doch wenn ich jetzt hier stand, fühlte ich mich sehr unwohl. Ich hatte Angst und war überfordert.
José, oder das was von ihm übrig war knurrte Carlisle, Edward, Jasper und die anderen beiden Wölfe an.

„Mir wird das hier gerade ein wenig zu viel...", murmelte ich. Rosalie legte mir eine Hand auf die Schulter und wollte mich gerade mit vor die Tür nehmen, als der graue Wolf zum Sprung ansetzte. Dann ging alles unglaublich schnell.
Jacob und der andere Wolf sprangen entgegen, Rosalie stieß mich hinter sich und ich landete unsanft gegen der Tür.
Ich sah, wie José Carlisles Arm erwischte und schrie erschrocken auf.
Mein Körper pumpte Adrenalin durch alle Adern und ich sah rot. Mein schmerzendes Bein ignorierend stürmte ich auf den grauen Wolf zu und zog ihn am Fell.
„Lass ihn sofort los!"
José schleuderte Carlisle weg, warf mich um und stellte eine Pranke auf meinen Bauch. Er fletschte die Zähne und knurrte wütend. Ich bekam Angst. Verdammt! Ich drehte meinen Kopf auf die Seite und schnappte nach Luft. Meine Augen fielen auf Jacob und Carlisle, die beide zum Sprung bereit schienen.
Mit meiner Hand packte ich die Pfote des Wolfes.
„Wenn du mich jetzt tötest, stirbst du und würdest du dir meinen Tod jemals verzeihen?"
Ich wendete meinen Kopf und sah den Tier direkt in die grün-braunen Augen.
Er zögerte und nahm die Pranke vorsichtig von mir herunter, nur um seinen Angriff wieder gegen Carlisle und den Rest zu wenden.
„Und wenn du das machst, kenne ich dich nicht mehr.", knurrte ich als ich mich vorsichtig aufsetzte.
José wendete sich mir zu knurrte einmal auf, drehte sich um und stürmte aus der aufgebrochenen Terrassentür nach draußen.
Die beiden anderen Wölfe nahmen die Verfolgung auf und ich vernahm ein heulen aus den Tiefen des Waldes. Das Adrenalin ebbte langsam ab und ich merkte, wie mir die Tränen über die Wangen liefen.
Ich fluchte laut auf, stand auf und drehte mich zu Carlisle um. Dieser stand wie erstarrt dort, schaute aus der offenen Tür.
Ich atmete erleichtert auf, als ich erkannte, dass lediglich seine Jacke und sein Pullover Schäden trugen.
Bevor ich selbst begriff, was ich tat, war ich ihm schon schluchzend um den Hals gefallen.
„Oh meine Güte, ich dachte du stirbst!", weinte ich leise in seine Schulter. Sanft schlang er die Arme um mich und küsste meinen Scheitel.
„Was machst du denn für Sachen...", murmelte er nur und drückte mich noch enger an sich, als ich noch stärker zu weinen begann.
„Geht nach Hause, Edward. Beruhigt die anderen und richtet Alice meinen Dank aus.", richtete er das Wort an die drei Vampire hinter mir. Ich bekam es kaum mit, klammerte mich an Carlisle fest.
Beruhigend streichelte er mir über den Rücken. Seine Stimme murmelte mir belanglose Dinge ins Haar und als meine Beine wegzuknicken drohten, ging er mit mir zum Sofa und setzte sich. Ich zitterte wie Espenlaub und nur langsam konnte ich wieder zur Ruhe kommen. Carlisle schloss bedürftig die Terrassentür, die ziemliche Einbruchschäden aufwies und ging in die Küche. Nur Minuten später kehrte er mit einer dampfenden Tasse Tee zu mir zurück.

Ich blickte ihn an und gleich war mir wieder zu heulen zu Mute. Meines Wissens nach starben Vampire nicht einfach so, aber so wie José ihn angegriffen hatte konnte er es wohl doch.
Carlisle setzte sich wieder zu mir und streichelte mir sanft über den Arm.
Es war ungerecht von mir, ihn so zappeln zu lassen. Er tat alles für mich, hätte sich wahrscheinlich freiwillig töten lassen, wenn er mich dadurch hätte retten können.
Ich schluchzte erneut auf.
„Was ist denn los...", fragte Carlisle besorgt, was nur dazu führte, dass ich noch mehr schluchzte.
Mein Kopf fiel gegen seine Schulter und alles in mir verlangte nach seiner Nähe und das machte es noch schlimmer. Mein Verstand war so verwirrt, dass mich einfach all meinen Gefühlen hingab, was mich an den Rand der Verzweiflung trieb.
Erneut streichelte mir Carlisle über den Rücken.
„Es tut mir so leid.", schluchzte ich leise.
„Was tut dir leid?", fragte er sanft. Mein Magen verkrampfte sich leicht.
„Das alles", flüsterte ich und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Langsam rutschte ich von ihm weg und traute mich nicht ihn anzusehen.
„Das alles tut mir leid. Es tut mir leid, dass du fast gestorben wärst, weil es auf einmal noch Werwölfe gibt, dass du dich wegen mir so schlecht fühlen musst. Es macht nichts mehr Sinn und alles was mir einfällt ist, mich Gefühlen hinzugeben, die alles nur noch schlimmer machen!"
Frustriert starrte ich auf meine Füße, versuchte wieder klar zu denken.
„Was redest du da bitte? Du bist eine der besten Dinge, die mir in den letzten Jahren passiert ist. Nach Esmes Tod dachte ich, ich könne nie wieder glücklich werden, ich war es auch nicht mehr, bis du kamst. Nelida du bist das erste Licht in all der Dunkelheit der letzten Jahre und ich verstehe, dass du Zeit brauchst. Ich-", er unterbrach sich und rang nach Worten. Mein Blick traf auf seinen. Er sah verzweifelt aus und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Alles war zu viel ich konnte kaum mehr denken. Seine Worte trafen etwas in mir. Ich atmete zitternd ein, meine Welt begann sich erneut komplett auf den Kopf zu stellen. Nichts ergab Sinn mehr und mein Herz und mein Verstand drohten zu explodieren.

Und ich lief schon wieder vor meinen Gefühlen davon.
Ich stand auf und ging mit der leeren Teetasse in den Händen in die Küche.
Carlisle folgte mir vorsichtig, doch ich konnte ihn nicht ansehen. Nachdem die Tasse in der Spüle stand ging ich zur Garderobe und nahm meine Jacke herunter.
„Nelida..."
„Ich brauche Luft!", unterbrach ich ihn und hinkte nach draußen und ging an der Straße entlang.
Das war das erste Mal, dass ich Caralisle Cullen fluchen hörte. Es war meine Schuld.
Er lief mir hinterher und rief meinen Namen. Ich ignorierte ihn, hetzte stur weiter gerade aus, ich durfte nicht schwach werden.
Natürlich war mir bewusst, dass Carlisle much innerhalb von Sekunden eingeholt hätte, aber er lief beständig hinter mir her, bis er genug hatte.
Der blonde Vampir stand so plötzlich vor mir, dass ich beinahe in ihn gelaufen wäre. Erschrocken blieb ich stehen.
„Lass mich vorbei!"
„Nein, Nelida, du hörst mir jetzt zu! Es bringt dir nichts, wenn du vor dir selbst wegläufst!"
„Das geht dich doch gar nichts an!", rief ich eher verzweifelt als wütend und versuchte an ihm vorbei zu gehen.
„Und ob mich das etwas angeht!", seine Stimme war bedrohlich tief, als er mich daran hinderte ihm erneut wegzulaufen. Er packte meinen Arm und zog mich unter ein Bushäuschen, da es immer noch regnete.
„Lass mich los!" Ich zappelte und versuchte mich vergeblich loszureißen. Carlisles Griff blieb eisern.
Er drückte mich mit sanfter Gewalt gegen die gläserne Wand und wartete darauf, dass mein Wiederstand aufhörte. Mein Blick traf erneut den seinen. Seine Augen waren pechschwarz und mein Herz machte einen Satz. Er stand nur Zentimeter vor mir.
Meine Atmung ging flach und ich konnte meinen Blick nicht mehr von ihm reißen. Sein Geruch lieg verführerisch in der Luft und in meinem Kopf begann sich alles zu drehen.
Was passierte hier mit mir?
„Carlisle...", bat ich nun schon beinahe flehend, doch er blickte nur starr auf mich hinab.
„Es tut mir so leid, ich kann das nicht. Meine Mutter und was sollen denn die anderen denken? Es ist alles zu viel. Vampire, jetzt auch noch Wölfe. Ich will doch nur-"
Ich kam nicht weiter. Carlisle überbrückte die letzten Zentimeter und ich spürte seine kühlen Lippen direkt auf meinen. Ich erstarrte kurz und vergaß dann alles, gab mich diesem Kuss, diesen perfekten Lippen hin.
Vorsichtig erwiderte ich und legte meine Hände behutsam um seinen Hals. In diesem Kuss lag so viel. So viel Sehnsucht, Trauer, Leidenschaft. Es war berauschend.
Ich bemerkte nicht, wie mir erneut Tränen über die Wangen liefen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, die in Wirklichkeit wahrscheinlich nur ein paar Sekunden gedauert hatte, löste Carlisle sich langsam und lehnte seine Stirn gegen meine. Atemlos blickte ich ihn an. Ich nahm seine Worte kaum war. Doch es war immer nur dasselbe. Immer und immer wieder.
„Nelida."
Es war, als ob alles in diesem Moment perfekt war. Alles andere war egal. Es spielte keine Rolle, dass ich ein Mensch, er ein Vampir und die Existenz von Werwölfen nun nicht mehr abzustreiten war. Nur er existierte in jenem Moment. Nur er und ich.
Ich war verfallen.
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(ca. 1570 Wörter)

Stardust - Carlisle CullenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt