15.- Näher

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15.- Näher

Als ich dieses Mal meinen Fuß in das Flugzeug setzte, wusste ich, dass es wohl eine Ironie des Schicksals sein müsse. Alles hatte mit einem Schritt in das Flugzeug nach Seattle begonnen.
Seufzend suchte ich meinen Platz in der Economy Class und wippte mein Baby vorsichtig in meinen Armen. Ich war bereit für diesem neuen Schritt.
Ich wusste nicht warum ich den fremden Nachrichtenschreiber traute, vermutlich lag es daran, dass er schon von Anfang an Recht gehabt hatte.
Felicitas schlief den ganzen Flug über und auch ich fiel für eine kurze Zeit in einen Schlaf. Wir landeten knapp eineinhalb Stunden später in Rom und nachdem ich meinen Koffer bekommen hatte ging ich vorsichtig aus dem Security Bereich. Meine Augen trafen auf ein paar violett schimmernde und dann auf das Schild, welches die unglaublich schöne Frau hielt.

Nelida Arias
Felicitas Arias

Sie hatten meinen Mädchennamen verwendet, als hätte es Jovin nie gegeben. Ich runzelte meine Stirn, aber trat auf die hübsche Frau zu.
„Ciao. Bist du Nelida?“, fragte sie und ich nickte.
„Ich bin Helena Viteri und werde ihre Gastgeberin im Haus Viteri sein. Mein herzliches Beileid entsprechend ihres Todesfalles. Sie werden eine unvergessliche Zeit haben. Das verspreche ich ihnen.“, lächelte sie. Sie war atemberaubend, ihre Aura wirkte unglaublich anziehend und beinahe hätte ich nicht mehr antworten können.
„Aber das Taxi...“, murmelte ich verwirrt und kramte in meinen Dokumenten nach dem besagten Papier.
„Das ist nicht notwendig. Man hat mich über ihr Kommen in Kenntnis gesetzt. Kommen sie nur und geben sie mir ihr lästiges Gepäck.“
Sie hatte ein strahlendes Lächeln auf ihren Lippen und ihre Mahagonihaare über die Schulter geworfen. Irritiert blickte ich ihr kurz hinterher, bevor ich ihr folgte.
Kurz hatte ich einen unerklärlichen Impuls, einfach wegzulaufen, doch meine Beine trugen mich einfach weiter und folgen ihr zu einem großen abgedunkelten Porsche.
„Wie lange dauert die Fahrt ungefähr? Ich fürchte ich muss Felicitas vorher noch wickeln.“
„Ich schaffe es in zwei Stunden.“, lächelte die Brünette charmant, entließ mich aber noch für einen Moment in eine Toilette, wo ich mein Baby wickeln konnte.
Als ich fertig war und das WC verlassen wollte, stellte sich mir eine stemmige Person entgegen.
„Was machst du denn hier?“, hörte ich eine tiefe, brummende Stimme, dir mir sofort bekannt vorkam.
„Emmett?“ Überrascht blickte ich den großen Mann vor mir an, vergaß für einen kurzen Moment, wie enttäuscht ich eigentlich von seiner Familie war.
„Wow, es ist echt lang her. Sag, wie ist's dir ergangen?“
Da war er. Der Satz, der die Enttäuschung und Wut aufbrodeln ließ.
„Schlecht.“, sagte ich. Leise, beinahe zerbrechlich.
„Was-“, murmelte er, ich unterbrach ihn unwirklich.
„Wenn ihr mich nicht im Stich gelassen hättet, wüsstet ihr es. Ich hätte in letzter Zeit Freunde- Familie gebrauchen können. Aber nur meine Mutter war da, nur sie und Charlie! Ich-ich...“, meine Stimme erstarb. Erschöpft klammerte ich mich an mein Baby.
Er wusste es nicht.
„Nel, ich-“
„Jovin ist gestorben.“, ließ ich die Bombe platzen. Ich hatte keine Lust mehr irgendwem von ihnen über den Weg zu laufen. Ließ Emmett stehen, ging geradewegs zu Helena, die mich strahlend empfing.

Im Porsche sitzend war ich nach kurzer Zeit, mit meinem Baby erneut eingeschlafen und erwachte erst, als der Wagen wieder an einem großen Hof an der Küste hielt. Es war bewölkt, weswegen man den Blick über das Meer nicht voll und ganz genießen konnte.
Helena half mir erneut mit dem Gepäck und kaum hatte ich den wundervollen Hof betreten war der Ärger von vorher vergessen.
Es war eine wundervolle Steinvilla, mit violett blühenden Kletterpflanzen bewachsen. Das Dach leuchtete in einem wundervollen Ziegelrot und aus dem Schornstein wehte ein wenig Rauch. Man könnte von außen erkennen, dass das Gebäude zwei Stockwerke besaß. Die Fenster waren beinahe ausladend riesig, doch mit schweren Vorhängen von innen zugezogen. Dort müssten die einzelnen Zimmer sein.
Die Gartenanlage war gepflegt und neben Weinreben und einigen Zypressen blühte hier und da auch ein Lavendel- oder Heidestrauch.
Die Villa befand sich auf einem kleinen Hügel hinter Cecina, sodass man von hier oben bei gutem Wetter das ganze Städtchen, sowie das angrenzende Meer genießen könnte.
In der Mitte der Gartenanlage befand sich ein Schwimmbecken, in welchem eine junge Frau stand und ein Kleinkind gerade hochwarf, um es wieder aufzufangen.
Das helle Kinderlachen, ließ mich gleich wohler fühlen.
Helena lächelte, als sie meine entspanntere Haltung bemerkte.
„Ich zeige dir dein Zimmer.“, sagte sie und führte mich an einigen anderen Müttern vorbei zum zweiten Stockwerk.
Mein Gästezimmer war zwar klein, aber sehr gemütlich. Ein modernes Bett, sowie eine Babywiege standen zentral nebeneinander. Links vom großen Bett war ein Nachttisch und eine Tür, die wahrscheinlich in das Badezimmer führte befand sich auf der linken Seite. Rechts befand sich ein Kleiderschrank, sowie ein Schreibtisch.
Es war schön, gemütlich und für einen Moment erlaubte ich mir, nur an meine bevorstehende Entspannung zu denken.
„Danke Mrs. Viteri“, sagte ich und drehte mich zu der jungen Frau um. Sie war kaum älter als ich.
„Nichts zu danken. Genießen sie ihren Urlaub. Um siebzehn Uhr gibt es ein Treffen der Mütter im Gemeinschaftsraum. Frühstück ist von  sieben bis elf, Mittagessen von zwölf bis vierzehn Uhr. Zu Abend wird von siebzehn Uhr dreißig bis zweiundzwanzig Uhr serviert. Kinderbetreuung und Kleinkindbetreuung ist von neun bis siebzehn Uhr. Bei Fragen kannst du dich jederzeit bei mir melden.“, erklärte sie mir und überreichte mir die Schlüsselkarte.
Als sie mich verlassen hatte, wickelte ich Felicitas noch einmal neu und packte anschließend den Koffer aus.
Gegen siebzehn Uhr machte ich mich auf die Suche nach dem Gemeinschaftsraum und fand mich dort mit einer Gruppe von sechs weiteren Müttern ein.
Helena war nicht anwesend, doch es kümmerte mich nicht weiter.
Eine kleine Frau mittlerem Alters stellte sich als Mrs Galotti vor und rief uns erst zu einer Kennenlernrunde auf.
Die erste Mutter hieß Ray und hatte einen kleinen Sohn, die beiden, die ich am Pool schon gesehen hatte waren Vitoria und die kleine Julia, dann musste ich mich vorstellen.
„Ich bin Nelida Gerber, gebürtig Arias. Meine Tochter heißt Felicitas und ist fast sieben Monate alt. Ich bin gerade sechsundzwanzig geworden.“, gab ich das Wort weiter.
Die anderen vier Frauen hießen Maria, Kimberly und Aubrey, doch die Namen ihrer Babys waren mir rasch wieder entfallen.

Mrs Galotti ging geduldig den Plan für die kommenden zwei Wochen durch und die Vorfreude packte mich. Es waren diverse Wellnessprogramme für die Mütter, jedoch auch Ausflüge, sowie gemeinsame Aktivitäten mit den Kindern dabei. Unsere erste Rundfahrt würde uns nach Pisa führen, was ungefähr eine Stunde von Cecina entfernt lag. Am Freitag ginge es nach Livorno, entlang an einer hübschen Küstenstraße.
Für die kommende Woche war ein Wanderausflug nach Castiglioncello, einem Berg, der auf seinem Höhepunkt einen schönen Ausblick auf das Meer und die Landschaft bot. Als letztes stand ein Ausflug in die historische Stadt Volterra.
Ich nahm mir vor meinen Urlaub in vollen Zügen zu genießen, einzig und allein der Termin bei der Familienpsychologin am Donnerstag bereitete mir etwas Sorgen. Ich wusste, dass es eine gute Idee war mit jemanden über meinen Kummer zu reden und mich anzuvertrauen.
In Gedanken versunken, bemerkte ich nicht, wie diese zu meiner verwirrenden Begegnung mit Emmett Cullen.
Nach dem ein oder anderem Gespräch mit verschiedenen Müttern entschuldigte ich mich auf mein Zimmer.
Als ich Felicitas schlafen gelegt hatte setzte ich mich auf das Bett und starrte für eine Zeit aus dem Fenster. Ich fühlte wieder diese Leere, doch bevor mich wieder eine Welle der Trauer packen könnte, hatte ich mich erhoben und an mein Fenster gestellt. Draußen hatten sich die Wolken gelichtet und der Vollmond hüllte den Garten in ein unheimliches Licht.
Ich öffnete das Fenster und ließ die Luft um mein Gesicht wirbeln.
Wieder kamen die Cullens in meinen Kopf.
Es war als wäre da mehr, als die Ähnlichkeit von Rosalie zu meiner vermissten Urgroßtante.
Ich seufzte leise auf und meine Erinnerungen glitten wieder einmal zu Carlisle. Mit einem Mal fragte ich mich, warum er die letzten Jahre nie mit mir geredet hatte, warum ich ihn trotzdem vermisste. Diese goldenen Augen, die sich beinahe auf dieselbe Art in mein Herz geschlichen hatten, wie Jovins. Ich verkrampfte mich leicht und griff mir an die Brust.
Mein Herz war in letzter Zeit häufiger schmerzhaft attackiert worden und es war als ob sich dies auf meine Gesundheit niederschlüge.
Ich konnte kaum Luft holen und mein Herz krampfte sich zusammen, aber ich wusste, dass ich in solchen Situationen nur daran denken musste, wie es ging zu atmen. Mich beruhigen, etwas trinken, mich hinsetzen oder hinlegen und mich von dem Krampf erholen.
Ein schwarzes Herz, aber dennoch musste es die Last von tonnenschweren Sorgen tragen.

Mit schwankendem Schritt rettete ich mich in das Badezimmer und kühlte mein Gesicht mit Eiswasser. Anschließend trank ich etwas und entschloss, dass es das beste wäre schlafen zu gehen.
Ich lag lange wach, bevor mich die erlösende Ruhe des Schlafes einholte. Der einzige Zustand des Tages, an dem ich frei von jeglichen Gefühlen und Gedanken sein musste.

Und obwohl ich es nicht wusste, war ich meiner Freiheit näher als je zuvor.

___

Ein etwas kürzeres Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch, nach dem Schock des letzten.
Habt ihr eine Vermutung in welche Richtung die Geschichte geht? Lasst es mich gerne wissen!
Wir lesen uns bald,
-Ann:)

(ca. 1500 Wörter)

Stardust - Carlisle CullenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt