27.- Endgültigkeit
Ich hatte zu viel Stille in der letzten Zeit erfahren. Zu viel Schmerz, zu viel Kummer. Carlisles Hand hatte ich fest umklammert.
Der Wind wehte den Geruch des Rudels zu uns.
Ich sah auf meinen Verlobten. Verlobt - es klang wie Freiheit.
Ich lächelte, trotz des dunklen Sturms, der sich uns entgegenbahnte.
Zuversicht war das, was mich retten konnte. Güte war seine Rettung. Güte und Zuversicht. Es passte irgendwie.
Ein wildes Knurren hätte mir in meinem menschlichen Leben die Gänsehaut über den Rücken gejagt.
Meine Hand klammerte sich an Carlisles.
„Ich liebe dich, Carlisle.", die Zuversicht drohte zu schwinden.
„Das wird nicht das letzte Mal sein, mein Stern."Der große böse Wolf aus Grimms „Rotkäppchen" war die Schreckengestalt der Träume meiner Tochter. Nun verwandelte er sich auch zu meiner.
Ein Rudel, angeführt von einem großen graubraunen Wolf. Die Leftzen hatte er hochgezogen, präsentierte seine scharfen Eckzähne. Mein Griff um Carlisles Hand würde stärker, als ich die fünf folgenden Wölfe betrachtete. Fünf gegen zwei. Wir hatten keine Chance diesen Kampf zu gewinnen, keine Möglichkeit lebend hier heraus zu kommen. Das erste Mal meinem unsterblichen Leben fühlte ich eine tiefgreifende Todesangst.
„Ich denke hier liegt ein Missverständnis vor. Wir sollten in Ruhe darüber reden, bevor ihr uns in einem unüberlegten Angriff tötet.“
Ruhig und bedacht klang Carlisles Stimme, doch sein Gesicht war vor Anspannung zerfurcht.
Was, wenn nur einer von uns überleben würde?
Ich könnte ohne ihn nicht leben. Nie mehr wollte ich diesem Schmerz ausgesetzt sein. Ich hatte schon so viele verloren.
Einer der Wölfe heulte auf und machte einen Satz nach vorne. Sein Knurren drang kehlig und bedrohlich an unsere Ohren. Automatisch trat ich einen Schritt zurück.„Ihr wollt bestimmt wissen was passiert ist?“, sagte Carlisle sachlich und trat im Gegensatz zu mir einen Schritt vor.
Der Alpha kniff die Augen zusammen.
„Ihr wollt wissen, warum Nelida nun unsterblich ist, warum José gestorben ist.“
Ein Chor aus knurrenden Wölfen kam auf uns zu.
„Eigentlich bin ich daran Schuld, dass es so weit kommen musste. Ich... Habe meinem gesunden Menschenverstand nicht wirklich gehorcht, bin der Gefahr in die Arme gelaufen. José... Er wusste nicht mehr was er tat. Wir versuchten ihn zu schützen, doch unser Schutz war nicht genug.“, sagte ich und trat wieder neben Carlisle. Sein Blick streifte mich, doch ich behielt die Wölfe fest im Auge.
„Wir sind anders, als andere unserer Art. Nicht Menschenblut, oder wie ihr vielleicht denkt, Blut von Kindern des Mondes, erhält uns am Leben. Wir leben von Tierblut, ohne menschlichen Hintergrund. Wir leben in Alaska in einem Dorf, die Kinder gehen dort zur Schule, Carlisle arbeitet, ich werde bald als Pflegerin anfangen. Unser Leben unterscheidet sich von dem der Menschen nur in Ernährung und Lebensdauer.“
Ein weiteres Rascheln im Unterholz des Parks ließ uns alle aufschauen.
Meine Muskeln verkrampften sich, doch ich schreckte zurück, als ich einen bekannten Geruch vernahm.
Süßlich, beinahe warm und hatte furchtbare Note von verwesenden Fleisch.
Carlisle fokussierte den Park hinter den Wölfen nun genauer, legte einen Arm um mich und bewegte sich ein wenig zurück, als erwartete er einen unüberwindbaren Angriff.
„Felix, Demitri, was führt euch her.“, fragte Carlisle betont monoton.
Ich konnte mir ein animalisches Knurren nicht verkneifen, als die beiden Volturi aus dem Dickicht traten. Ihre dunkelgrauen Mäntel wallten im Wind ihre blutroten Augen blitzten im Mondlicht.
„Eigentlich sind wir hier um einen Flüchtling aus unseren Reihen aufzusammeln, aber wie ich sehe sind unter anderem auch Hunde hier.“, ertönte eine kindliche Stimme.
Zwei zerbrechliche Kinderfiguren kamen hervor.
Jane hatte ihren Kopf zur Seite gelegt und ein spielerisches Lächeln umspielte ihre vollen Lippen.
Die Wölfe knurrten bestialisch.
„Wie wäre es, ihr gebt uns deine kleine Schwester und ihren nutzlosen Gefährten und im Gegenzug beseitigen wir euer Problem?“
Die Vorfreude in den blutroten Augen des kleinen Mädchens ließ mich erzittern.
Fast unmerklich schob Carlisle mich hinter sich.
„Wie habt ihr eure Erinnerungen wiedererlangt?“, fragte er.
„Naara... Sie hat eine sehr starke Gabe, doch ihr Emotionsausbruch war nicht gelenkt, hat die Löcher in unserer Erinnerung nicht gesichert. Es dauerte, bis Meister Aro sich vollständig erinnerte, doch nun... Wir wollen doch niemanden aus unseren Reihen verlieren.“, wehte ihre sanfte Stimme über die Gasse.
„Sie ist nicht hier. Tut uns leid, dass wir euch nicht helfen können.“, ließ ich mit fester Stimme verlauten.
Janes Lächeln verblasste, sie drehte sich zu Demitri, der Konzentriert auf einen entfernten Punkt weit hinter uns sah. Das Hotel befand sich dort.
„Sie ist in dem Gebäude. Der Freak auch.“
„Das kann nicht sein!“, fuhr ich den Tracker an. We sah mir direkt in die Augen.
„Dann frag mich, lüge ich?“, er grinste provozierend. Panisch sah ich zu den Wölfen, die sich der Gefahr kaum bewusst waren, zu Carlisle, der angespannt seinen Kiefer zusammenpresste und dann zu dem Gebäude mit der Leuchtreklame auf dem Dach.
Mein Handy klingelte fröhlich in der angespannten Situation. Es war Alice.
Zu spät...
„Warum wollt ihr sie so unbedingt haben?“, hauchte ich, zu schwach meine Stimme zu verstellen.
„Aro lässt seine Schätze nur sehr ungern auf dem Meeresboden versinken. Da er mit dir einen Verlust gemacht hat ist ihm der Verlust deines Schwesterchens nicht lieb.“
Ich atmete einmal ein und stellte mich wieder selbstbewusst auf Carlisles Seite.
„Dann sollte Aro nicht seine erste Wache schicken.“
Einer der Wölfe knurrte, es wirkte, als hätten sie entschieden uns anzugreifen. Der erste setzte zum Sprung an. Janes vernichtender Blick traf ihn, bevor ich überhaupt reagieren konnte.
Ein Jaulen hallte durch die Nachbarschaft. Der letzte Tropfen war gefallen, das Fass lief über.
Die Wölfe stürzten sich auf uns, ich schreckte zurück und konnte einen gerade von mir stoßen, bevor ich einen Blick zu Carlisle warf. Jeder der anwesenden war beschäftigt damit sich zu verteidigen. Der erste knackende Nacken erklang. Felix ließ den toten Wolf fallen.
Ein Fehler.
Der Alpha stürmte auf mich zu, ich fiel unter seinem Gewicht unter seine Pfoten und machte mich schon dazu bereit meine Augen für immer zu verschließen.
Ein hohes Schreien erklang, der Wolf wurde weggeschleudert. Ein Ruck an meinem Arm zog mich auf die Beine. Ich erkannte Freds blonden Schopf.
Warum waren sie hier?
Ich könnte mich nicht bedanken, da würden wir wieder angegriffen. Aus dem Park kam ein Sturm an Wölfen. Acht Vampire gegen ein Dutzend Gestaltwandler. Die Chancen standen nicht gleich.
Meine Augen erhaschten Naara. Ihre grauen Augen schimmerten wie Monde als sie einen Wolf von sich stieß. Sie erwiderte meinen Blick, lächelte und sprang fragil vor mich, um den angreifenden Alpha davonzustoßen.
Sie drehte sich zu mir. Die Risse in ihrer Haut wurden tiefer.
„Halt Feli geheim, ich habe dich lieb. Ich hoffe meine Schulden wurden verziehen.“
Die Sonne ließ die Vampire schillern, verlieh ihnen ein unheimliches und majestätisches Aussehen. Naara schritt in die Mitte der Kämpfenden und breitete die Arme aus.
„Ruhe!“Im selben Moment stürmten Demitri und der Alpha auf Naara zu, alle anderen wichen zurück, eine Druckwelle schreuderte alle weg.
Als meine Augen sich öffneten hörte ich nur ein furchtbares Klirren und sah millionen winziger Splitter durch die Luft fliegen. Fred schrie auf, sank in die Knie, weinte.
Ich konnte nicht realisieren, was passiert war.
„Nein!“, schrie Jane, ich taumelte zurück.
Sie hatte ihr Leben geopfert ein Schluchzen bahnte sich durch meinen Hals, während ich weiter zurücktaumelte. Carlisle fing mich auf, ich sah, wie er mit seiner Ruhe rang.
„Ich denke alle beteiligten haben jetzt was sie wollen!“, rief er. Er war zornig, nicht ruhig. Es machte mich verrückt, verwirrt, irritierte mich.
„Das wird nicht das Ende gewesen sein!“, rief Alec uns hinterher, als wir uns abwendeten. Wut überrollte mich.
„Doch! Das war das Ende! Es sind genug Menschen gestorben. Ich wünsche euch von Herzen, dass euch vergeben wird.“
Ich wendete mich wieder um.
Es war vorbei, doch das Ende war kein schönes, die Realität war kein Happy End, wenigstens lebte Carlisle, wenigstens könnten wir nach Hause.
Ich weinte viel, der Flug nach Alaska war schrecklich, ich war untröstlich.
Meine kleine Schwester war unwiederbringlich gestorben. Nun für immer. Endgültig. Die Endgültigkeit machte es noch schwerer.*
Die Ruhe, die herrschte, als wir nach Hause kamen, verriet mir, das Alice ihre Versionen schon mitgeteilt hatte. Es war erneut eine drückende Ruhe, die allein von den Herzschlägen und Atemzügen der Lebenden unterbrochen wurde.
Keiner traute sich etwas zu sagen, meine Tochter kam zu mir gelaufen, hielt mir ein Papier hin. Sie hatte ein Haus gemalt, drei Personen.
„Danke mein Engel.“, flüsterte ich und hob sie behutsam in meine Arme. Sie kuschelte sich an mich und ich bedachte ihren Kopf mit einem Kuss.
Ich war froh und doch so voller Trauer. Froh alle, die ich liebte um mich zu wissen, doch so voller Trauer um Naaras Verlust.
„Willkommen zurück.“, sagte Rose zaghaft und schloss mich in ihre Arme.
Endgültigkeit.
Alles hatte ein Ende.
Vielleicht war das hier nicht das große Happy End des Lebens, doch das war das Ende der großen Geschichte meines Lebens.____
Hallo zurück nach zwei Wochen! Ich entschuldige mich, dass das Kapitel letzte Woche ausgefallen ist, aber jetzt habt ihr ja euer Kapitel.
Wie ihr es euch vielleicht denken könnt ist dies das letzte Kapitel der Geschichte, doch keine Sorge, es folgt noch ein Epilog!Wir lesen uns nächste Woche!
Schönen 4. Advent und ein schönes Weihnachten!-Ann <3
(ca. 1500 Wörter)
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Stardust - Carlisle Cullen
FanfictionMit dem Umzug nach Forks beginnt für Nelida Arias ein neues Leben. Sie bekommt einen Job im örtlichen Krankenhaus und lernt schnell ihren Kollegen Dr. Carlisle Cullen kennen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kommen die Beiden auch immer besser mit...