26.- Dem Tod so nah
Es waren stille Stunden, die folgten. Naara lag wie eine zerstörte Porzellanpuppe im Wohnzimmer auf dem Sofa. Fred stand, den Kopf zum Fester gedreht hinter ihrer Ruhestätte. Wir wussten nicht, ob sie lebte, ob sie tot war. José war es. Das Leben war aus seinem Körper gewichen, wie ein stiller Windzug. Die leisen Stunden, in denen weder Jacob noch Renesmee oder Felicitas da waren, aber sein Körper sich immer noch hier befand waren schrecklich. Ich liebte ihn nicht, nicht mehr, aber war das hieß nicht, dass ich ihn über all die Zeit vergessen hatte.
Die erste große Liebe vergisst man nie.
Ich bedauerte Edward, der gequälter als jemals zuvor hier stand. Wir warteten. Darauf, dass jemand etwas sagte, dass diese unerträgliche Stille durch das muntere Stimmengewirr der Kinder gebrochen wurde. Felicitas war bei Jacob und Renesmee und ich stand wie unbewegt seit einer Stunde an eine Scheibe gelehnt, den Blick nicht von meiner kleinen Schwester wenden.
Emmett war der erste, der sich wieder bewegte. Er schlich aus dem Zimmer, ihm war die Stille, das Ausharren unangenehm. Mir auch.
Die Stille war nicht ruhig, nicht friedlich. Sie war tosend, wütend, strafend.Beinahe wie Naara.
Ein Ruck ging durch meinen Körper. Alle Augen verfolgten mich, wie ich auf die leblose Gestalt zuging, mich zu ihren Füßen niederließ. In Filmen kam jetzt der Kuss der wahren Liebe. Lächerlich. Ich fuhr vorsichtig über die gesprungene Struktur ihrer Hand. Sie war ganz weich, die Risse kaum zu spüren. Meine Hand zuckte zurück.
Ein Knacken, die Risse vertieften sich. Angst durchfuhr mich und ich sprang zurück. In diesem Moment durchzog Naaras Körper ein Zittern. Es war, als könne sie jeden Augenblick zerspringen in tausende schillernde Scherben. Ein ungutes Gefühl machte sich in allen breit, dann setzte sie sich auf. Ihre hellroten Augen öffneten sich, waren nicht mehr rot, sondern eisgrau, als wäre das letzte Blut aus ihnen gewichen.
„Naara?", meine Stimme war ungläubig.
Sie blinzelte, ihre Augen nahmen eine dunklere Färbung an, sturmgrau. Es war unheimlich.
„Was ist passiert?", fragte sie. Ihre Stimme war rauh, brüchig, wie ihre Haut.
„An was kannst du dich noch erinnern?", ging ich vorsichtig an die Sache. Sie legte den Kopf schief und überlegte. Eine kleine Falte bildete sich auf ihrer Stirn.
„Er ist tot."
Es war eine Feststellung, ohne jegliche Emotionen. Carlisle trat hinter mich.
„Naara, wie fühlst du dich?", fragte er sanft, als würde er mit einem verletzten Tier reden.
„Gut. Ich fühle mich gut.", sie klang entspannt.
Fred starrte sie an, als sei sie eine Vision, eine Gestalt einer anderen Dimension.
„Ich dachte ich hätte dich verloren.", murmelte er.
Naara lächelte. Sie lächelte das erste Mal, seitdem ich sie wiederhatte. Mein totes Herz würde warm.
„Noch ist es keine Zeit zu gehen."
Sie stand in einer flüssigen Bewegung auf. Ich folgte ihr.
„Ich muss mich entschuldigen, denke ich. Auch wenn es unentschuldbares gab."
Ihre Arme zogen mich an sich und ich drückte den zierlichen Körper meiner Schwester an mich.
„Bitte tu mir so etwas nie wieder an.", flüsterte ich gebrochen.
„Das kann ich dir nicht versprechen. Aber ich werde alles dafür tun, dass es dir gut geht. Ab jetzt sollst du glücklich sein. Und das bist du mit ihm, nicht mit mir.", sie wendete sich von mir ab und ging auf Fred zu, legte seinen Arm um ihre Hüfte.
„Carlisle, heirate sie. Wir werden gehen, euch nicht mehr gefährden. Ich habe genug Schaden angerichtet.", sie seufzte. Carlisle sah mich an, ich blickte zurück. Das nächste mal, als ich mich umwandte sah ich nur noch die Silhouette meiner Schwester und Freds in den Schatten des Kiefernwaldes verschwinden.
Verzeihen tat nicht weh, es war erleichternd. Carlisle und ich hatten es damals geschafft und ich würde es schaffen Naara zu verzeihen.*
Es regnete in den Anden Argentiniens. Ein Heulen war aus den Bergen zu hören. Josés Mutter stand tränenüberströmt am Grab ihres Sohnes, meine Mutter stand abseits mit Charlie. Lucila hatte José immer gerngehabt. Es tat weh, sie leiden zu sehen. Felicitas verstand die Situation nicht wirklich, spielte im Schatten einer großen Buche mit einem Stein. Rosalie dicht bei ihr. Carlisle und ich standen ebenfalls abseits von der Trauergesellschaft. Ich wusste nicht, wie Carlisle es geschafft hatte die Sache wie einen Unfall aussehen zu lassen, aber er war der einzige Grund dafür, dass ich mich noch von ihm verabschieden konnte. Der Priester am Grab hatte seine Grabrede gerade beendet, als ein Donnergrollen über die Anden zog. Die erste Erde trommelte auf seinen Sarg. Ein furchtbares Geräusch. Es zog Erinnerungen zu meiner Schwester, als wir damals dasselbe bei ihrem leeren Sarg getan hatten, bei dem Sarg meines Vaters.
Carlisle hatte seinen Arm fest um meine Schulter gelegt, als ich an Indina trat, um ihr mein Beileid zu bekunden. Sie riss mich in ihre Arme und sprach ein Gebet über mich. Meine Hand grub sich in die feuchte Erde des kleinen Terrakottatopfes. Ein weiteres Trommeln auf dem Sarg, gefolgt von einem bedrohlichen Donnern. Ich spürte die Blicke Josés Rudel in meinem Nacken. Natürlich wussten sie was wir waren, aber sie würden hier keinen Konflikt anfangen. Das wusste ich. Sie hatten eine Ehre zu schützen, einen Ruf und ein Geheimnis zu wahren.
„Nelida, lass uns gehen.", hörte ich Carlisles Stimme dicht neben meinem Ohr. Ich nickte.
„Lass mich von meiner Mutter verabschieden. Bitte.", hauchte ich.
Charlie sah sich gerade um, suchte wahrscheinlich nach seiner Tochter. Meine Mutter kam auf mich zu und schloss mich ebenfalls in ihre Arme.
„Ihr geht schon...", stellte sie fest und warf einen sehnsüchtigen Blick auf ihre Enkelin und auf mich.
„Wir müssen. Aber wir kommen euch bald besuchen. Versprochen.", ich drückte sie an mich, sie gab mir einen Kuss auf die Wange, dann ging sie zu der Buche und umarmte meine Tochter.
Ich wendete mich zu Indina. „Wir werden uns hören.", versprach ich der trauernden Mutter.
„Ich weiß.", ihre Stimme klang hohl vor Trauer und Schmerz. „Bitte pass auf dich auf. Die Welt ist selbst für dich nicht sicher."
Ihr Blick war eindringlich, sie wusste, was ich war. Aber sie vertraute darauf, dass ich keine Schuld hatte.
Sie umarmte mich erneut, ein Knurren drang an meine Ohren.
„Indina. Es ist besser, wenn wir gehen..."
„Ja, ist es.", flüsterte sie. Ihre Augen waren geschwollen und rot von dem vielen Weinen.Das Gewitter wütete selbst über dem Hotel in Buenos Aires, welches Rosalie, Felicitas, Carlisle und ich gegen Abend erreicht hatten. Wir hatten ein Taxi genommen und residierten nun in einem Hotel in der Nähe vom Flughafen. Meine Tochter schlief bereits und Rosalie telefonierte mit Emmett. Carlisle und ich saßen Arm in Arm vor dem flimmernden Fernseher. Wir hatten den Ton ausgestellt, um Felicitas nicht zu stören. Ein leises Seufzen kam über meine Lippen. Carlisle drückte mich enger an sich und ich schloss kurz die Augen, um meine Gedanken zu sammeln.
„Nelida?"
„Hm?"
„Ich liebe dich."
„Ich weiß.", ein Schmunzeln huschte mir über die Lippen, als ich geantwortet hatte. Er Lachte leise. Seine Augen funkelten belustigt, als er auf meinen, auf seiner Schulter ruhenden Kopf sah.
„Es ist ziemlich viel passiert in letzter Zeit, findest du nicht?", murmelte ich.
„Seit Bella und du da sind ist ziemlich viel passiert.", lachte er.
„Im Anbetracht der Tatsache, dass du schon so alt bist, stimmt das wohl.", neckte ich ihn. Er lachte. Ein Blitz durchzuckte den Himmel.
Die Tür öffnete sich und ich hörte, wie Rose den Raum betrat. Sie setzte sich zu uns auf das Sofa und lächelte uns an.
Es war, als wäre Friede gekommen, doch ein Friede hielt nie lange – nicht, wenn er so offensichtlich war.Das Handy klingelte nur Minuten später.
„Ihr müsst aufpassen; ich habe nicht gesehen, was, aber irgendwas kommt auf euch zu. Noch heute Nacht."
Alice Stimme klang panisch durch den Telefonhörer. Es musste etwas mit den Wölfen zu tun haben. Ich blickte zu Rosalie.
„Hol' du Feli. Bitte flieg mit ihr sobald wie möglich nach Hause.", sagte ich hastig und stand auf. Ich packte schnell die Sachen meiner Tochter und Rosalie zusammen und drückte den kleinen Rucksack und Koffer der Blonden in die Hand.
„Ich kann euch doch nicht allein lassen!", empörte sie sich.
„Und ich kann nicht riskieren, dass ich noch mehr Familie verliere! Also geh'!"Carlisle hatte meine Hand fest in seiner, als wir Rose und Felicitas hinterhersahen.
„Nelida?"
„Carlisle?"
Er holte eine Schatulle aus seinem Jackett.
„Ich wünschte, die Umstände wären passender. Aber werde meine Frau, wenn das alles hier vorbei ist."
Ich fiel in seine Arme.
„Ja, wann immer und wo immer du willst.", flüsterte ich.
Er steckte einen schmalen Silberring mit einem schlichten Diamanten an meinen Finger.
Wir könnten sterben, das wussten wir.
Aber egal wie, wir würden zusammenbleiben.Ein Knacken ertönte aus dem kleinen angrenzenden Park.
„Ich liebe dich Carlisle."
„Und ich liebe dich."_____
Schande über mein Haupt! Aber ich habe es wirklich nicht geschafft, das Kapitel fertigzustellen, wie ich versrochen hatte. Wir lesen uns nächste Woche!
Teilt mir gerne eure Gedanken zu diesem Kapitel mit. Wir nähern uns langsam dem Ende - Was denkt ihr wird jetzt noch passieren?
Man liest sich!
-Ann(ca. 1470 Wörter)
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Stardust - Carlisle Cullen
FanfictionMit dem Umzug nach Forks beginnt für Nelida Arias ein neues Leben. Sie bekommt einen Job im örtlichen Krankenhaus und lernt schnell ihren Kollegen Dr. Carlisle Cullen kennen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kommen die Beiden auch immer besser mit...