Kapitel 2 - Geldsegen

3.9K 191 13
                                    

Erfolglos versuchte Cassandra ihr Handy zu ignorieren, das seit einigen Minuten nervend nach ihr Klingelte und dessen Vibrationen ein brummendes Geräusch auf dem feinen Holz ihres Nachttisches hinterließen. Wer auch immer sie da gerade anrief, hatte nicht vor aufzugeben und so zog Cassandra den kürzeren. Murrend, da sie bis eben noch geschlafen hatte, tastete sie nach ihrem Nachttisch und bekam dort das Handy zu fassen. Ein Blick auf das Display genügte um zu Wissen, das Sarah die Täterin war. Was Cassandra jedoch erstaunte war der beiläufige Blick auf die Uhr. Es war Punkt drei Uhr am Nachmittag. Noch nie hatte Cassandra solange geschlafen.
"Was ist los?", nuschelte Cassandra, nachdem sie den grünen Hörer gedrückt hatte und versuchte sich von ihrer Decke zu befreien.
"Wo zum Geier steckst du?", schrie Sarah an der anderen Leitung. Der Schreiende Tonfall kam unerwartet und Cassandra die sich gerade erheben wollte, erschreckte sich so sehr, das sie mit ihrem Bein in der Decke hängen blieb und der Länge nach aus dem Bett stürzte.
"Weshalb schreist du mich so an?", fragte Cassandra jammernd und rieb sich ihren Hintern, der ihre unliebsame Begegnung mit dem harten Boden abgefedert hatte.
"Hast du mal auf die Uhr geschaut? Schwing deinen verdammten Hintern in den Club, wir haben eine Menge zu tun. In den nächsten Tagen müssen wir wohl geschlossen bleiben", rief Sarah wütend und schlagartig begann sich Cassandra daran zu erinnern, was in der letzten Nacht geschehen war. Bis zum frühen Morgen waren sie von der Polizei verhört worden. Es hatte sogar eine ganze Armada an Krankenwagen gegeben, da sich viele der Gäste an den umherfliegenden Glassplittern verletzt hatten. Die verprügelten waren sofort abtransportiert worden, würden laut der Einsatzkräfte vor Ort aber bald wieder auf den Beinen sein. Cassandra erschauderte bei dieser Erinnerung.
"Beruhige dich, ich mache mich sofort auf den Weg", versprach sie und legte auf, bevor Sarah noch irgendetwas sagen konnte. Flink kam Cassandra dann auf die Füße und während sie sich im Bad erfrischte, dachte sie über diesen schönen Gott nach. Innerlich lachte sie etwas, da sie ihn einen Gott nannte, doch da ihr sein wahrer Name unbekannt war, empfand sie diese Bezeichnung als sehr passend. Er war einfach zu Atemberaubend für diese Welt.
"Von wegen Atemberaubend, wenn der mir nochmal über den Weg läuft, mache ich ihn einen Kopf kürzer", schimpfte sie ihr eigenes Spiegelbild an. Dieser hübsche Halunke hatte ein totales Chaos in ihrem Club angerichtet. Wenn sie Pech hatten, war der gute Ruf dahin und sie würden viele Stammgäste verlieren. Das einzige Positive an der ganzen Sache war, das sie keinen Ärger von der Polizei zu erwarten hatten. Es hatte immerhin viele Augenzeugen gegeben, sodass bestätigt werden konnte, das Cassandra und ihre Freunde mit der ganzen Sache nichts am Hut hatten. Sie waren genau solche Opfer, wie die Gäste es gewesen waren. Nachdem sich Cassandra geschminkt und angekleidet hatte, fragte sie sich, weshalb all das Glas zersprungen war. Dies konnte sie wohl kaum dem Gott in die Schuhe schieben, der hatte das Zeug nicht einmal berührt. Sie fand einfach keine Erklärung dafür und schnappte sich verärgert ihre Handtasche, in dem Vorhaben ihr Apartment zu verlassen. Allerdings hielt ein großer Umschlag sie auf, der fein säuberlich auf ihrer Fußmatte lag. Verwundert nahm sie ihn an sich und öffnete ihn. Ein Ausruf des Staunens entfuhr ihr und sofort sah sie sich hastig um. Sie wohnte in einem riesigen Gebäude, wo sich mehrere Apartments aneinander reihten, Tür an Tür, doch zu ihrer Erleichterung war weit und breit keiner ihrer Nachbarn zu sehen. Nicht verwunderlich da die meisten Studenten waren und sich nur selten Blicken ließen. Aufgeregt sah sie noch einmal in den Umschlag. Darin ruhte ein ganzer Batzen an Geldscheinen. Wo kam dieses Geld her? Könnte es jemand verloren haben, ausgerechnet auf ihrer Fußmatte? Kurz spielte Cassandra mit dem Gedanken, den Umschlag einfach wieder hinzulegen, doch bevor sie sich versah, landete er schon in ihrer Handtasche. Nervös spähte sie umher. War das eine Prüfung? Versteckte Kamera oder so etwas? Würde jeder sehen können das sie der Gier, nachdem Geld erlegen war?
"Ich werde es nachher zum Fundbüro bringen", rief sie laut um die falsche Meinung eines möglichen Beobachters zu mildern. Über sich selbst verärgert, schloss sie ihre Wohnung ab und eilte davon. Nicht einmal ganze zwanzig Minuten später betrat sie den völlig demolierten Club. Stuart und Andrew waren gerade dabei den Boden zu fegen und es war erschreckend, wie viel Glas sie dabei aufkehrten. Michael stand mit Sarah beim Tresen und da sie wie verrückt auf einen Taschenrechner herumtippten, war sich Cassandra sicher, das die beiden gerade den Schaden ausrechneten.
"Hallo Leute, ich bin dann auch mal da", rief Cassandra und offensichtlich klang ihre Stimme dabei viel zu fröhlich, da sich nun alle zu ihr drehten und ihr einen finsteren Blick zu warfen.
"Schön, das du dich auch mal hierher bequemt hast", zischte Michael.
"Ja, ja, schon gut, ich habe euch auch alle lieb", murmelte Cassandra und gesellte sich dann zu Sarah, die gerade Weinte und auf eine Liste blickte, die vor ihr auf den Tresen lag.
"Ist es so schlimm?", fragte Cassandra.
"Schlimm ist gar kein Ausdruck, wir sind ruiniert! Weißt du eigentlich, wie viel es allein schon Kosten wird, die ganzen Trinkgläser zu ersetzen? Von dem ganzen teuren Alkohol will ich gar nicht erst Anfangen. Alle Lichter sind im Arsch und sogar die blöden Fenster. Selbst unser Boden ist ruiniert, da dieser Berserker von einem Wahnsinnigen den ganzen Tisch aus den Bodenplatten gerissen hat, die das natürlich nicht heile überlebt haben und nun auch noch ausgetauscht werden müssen. Cassy, das Ganze wird uns mehrere Tausende von Euro kosten", rief Sarah aufgebracht und raufte sich ihre langen lockigen Haare. Cassandra schluckte schwer, das es so schlimm sein würde, hatte sie nicht gedacht.
"Das schlimme ist, unsere Versicherung greift nicht. Es hatte genügend Zeugen gegeben die ausgesagt haben, das dieser Bastard von einem Berserker die Gläser, Flaschen, Lampen und Fenster nicht einmal berührt hat. Da nicht bekannt ist, wie das alles zerstört werden konnte, weigert sich die Versicherung zu zahlen. Das bedeutet, wir müssen die Kosten selber tragen. Für die Bodenplatten können wir zwar den Bastard belangen, doch wir wissen ja leider nicht einmal wie er heißt und wo wir ihn finden können", sagte Michael.
"Das ist in der Tat sehr Mysteriös, wieso ging alles wie aus Geisterhand kaputt?", murmelte Cassandra.
"Vielleicht hat es ein Erdbeben gegeben?", fragte Stuart und gesellte sich mit Andrew nun zu ihnen.
"In den Nachrichten wurde von keinem Erdbeben berichtet. Selbst wenn, wir hätten es sicherlich bemerkt. Was auch immer der Grund für all das war, scheint im Moment nicht erklärbar", erwiderte Michael.
"Sag mal Cassy, hast du diesen verrückten Schläger eigentlich gekannt? Der hat sich aufgeführt, als wäre er dein Macker", wollte Andrew wissen und alle sahen Cassandra nun mit großen Augen erwartend an.
"Nein, ich kenne ihn nicht, keine Ahnung was sein Problem war", antwortete sie und ärgerte sich sehr darüber, das ihr Herz bei dem Gedanken an ihm, unnatürlich schneller pochte.
"Wer er ist, ist egal, wir sollten uns lieber um unseren Club sorgen. Wir müssen ihn geschlossen lassen, bis wir genügend Geld für die Reparaturen zusammen gespart haben", sagte Michael.
"Wird das Geld auf unseren Sparkonten nicht dafür reichen?", fragte Cassandra.
"Null Chance, Sarah und ich haben uns davon vor kurzem erst ein neues Auto gekauft und unsere Wohnung renoviert. Wir sind so gut wie Pleite, das Geld, was wir noch haben, genügt nur noch um zu Überleben", erklärte Michael.
"Bei mir sieht es da auch nicht besser aus", gestand Stuart.
"Ich bin auch Pleite, ich könnte zwar meinen reichen Großvater fragen, doch ich bezweifle das er uns helfen wird. Wie ihr wisst, war ihm der Club schon immer ein Dorn im Auge", meinte Andrew.
"Mist, ich habe mein erspartes auch erst kürzlich für meinen Führerschein und meinem Umzug ausgegeben. Sieht so aus, als wären wir alle Pleite. Ich habe schon immer gesagt, dass wir ein Extrakonto für unseren Club anlegen sollten, gerade für solche Notfälle. Aber das ist schon ein dummer Witz des Schicksals, das so etwas ausgerechnet jetzt passiert, wo wir alle unser Erspartes verpulvert haben", sagte Cassandra und überlegte fieberhaft, wie sie an das nötige Geld kommen sollten. Mit dem Club verdienten sie alle zwar nicht schlecht, allerdings floss vieles von diesem Geld wieder in offene Rechnungen die beglichen werden mussten. Einen Club zu führen, war immerhin nicht billig. Und da sie alle ihr erspartes aufgebraucht hatten, würden sie so schnell nicht an neues Geld kommen. Denn solange der Club geschlossen bleiben musste, würden sie kein neues Geld verdienen können, was bedeutete, die Reparaturen würden erstmal unmöglich sein. Sie saßen in der Patsche. Die einzige Lösung, die ihnen blieb, war kurzzeitig einen neuen Job zu suchen. Doch abzüglich der Summe, die sie monatlich zum Leben brauchten, würden sie vielleicht Monate brauchen, ehe sie die Summe für die Reparaturen zusammen hätten. Automatisch flog ihr Blick nun zu ihrer Handtasche. Sollte sie ihren Freunden von dem gefundenen Geld erzählen? Sie hatte es zwar nicht gezählt, doch mit nur einem Blick hatte sie erkannt, das es eine hohe Summe war. Es würde vielleicht Reichen um den Schaden zu bezahlen. Doch wäre das wirklich Klug? Solche hohen Summen lagen nicht einfach so auf der Straße, schon gar nicht auf ihrer Fußmatte. Das roch nach Ärger. Sollten sie das riskieren? Dieses Geld könnte ihre Probleme mit einem Schlag tilgen.
"Leute, ich muss euch da was erzählen", sagte Cassandra, da ihre Freunde entscheiden sollten.
"Ob ihr es glaubt oder nicht, aber vorhin lag ein Umschlag mit sehr viel Geld auf meiner Fußmatte", sagte sie und die Gesichter ihrer Freunde waren nun zum Schreien komisch.
"Willst du uns gerade Verarschen?", fragte Stuart.
"Nein, seht selbst", erwiderte Cassandra, holte den Umschlag hervor und warf ihn auf den Tresen. Sarah griff sofort danach und begann das Geld zu zählen. Die Augen aller wurden immer größer. Cassandra schluckte schwer, denn wie sich herausstellte, waren sie nun im Besitz von zwanzigtausend Euro.
"Das ist mehr als wir brauchen werden. Verdammt Cassy, am besten legst du es wieder dorthin zurück, wo du es gefunden hast. Vielleicht hat dort ein Drogendeal stattgefunden und sehr böse Mafiosi suchen nun nach ihren Moneten", sagte Andrew.
"Ein Drogendeal vor meiner Tür? Ja, ist klar Andrew", meinte Cassandra und winkte ungläubig ab.
"Ich schlage vor wir nutzen das Geld, wenn später wirklich wütende Mafiosi auftauchen, ist es das Problem von Cassy", sagte Stuart scherzend.
"Vielen Dank auch", fauchte Cassandra ihn wütend an.
"Wartet mal, da ist noch ein Zettel im Umschlag", meinte Sarah und holte den besagten Zettel hervor. Alle beugten sich nun zu ihr um die Worte darauf lesen zu können. Cassandras Augen weiteten sich.
"Eine kleine Entschädigung. Es sollte genügen, um den von mir verursachten Schaden zu bezahlen. Wir sehen uns mein Liebling", konnte sie darauf lesen.
"Liebling?", fragten Stuart und Andrew gleichzeitig.
"Verstehe ich es richtig, das diese Moneten von diesem Berserker sind?", fragte Michael verblüfft und alle sahen nun zu Cassandra, die ganz rot angelaufen war.
"Weshalb nennt er dich Liebling?", fragten sie alle im Chor.
"Ich habe keine Ahnung was hier eigentlich abgeht", keuchte Cassandra und verstand die Welt nicht mehr.
"Ob Liebling oder nicht, der Kerl scheint doch, ein wenig Anstand zu haben, wir sollten dieses Geschenk annehmen", schlug Michael vor und fingerte bereits gierig an den Scheinen herum.
"Scheiße, ist euch klar was das bedeutet?", schrie Cassandra, der nun ein schrecklicher Gedanke kam. Ihre Freunde schüttelten verwundert ihre Köpfe.
"Der Umschlag lag vor meiner Tür, was bedeutet, der komische Kerl weiß, wo ich wohne", rief Cassandra und war einem Hysterischen Anfall nahe. Den anderen entglitten sichtlich die Gesichtszüge.
"Keine Panik auf der Titanic", meinte Andrew.
"Oh doch, jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt um in Panik zu geraten. Was ist, wenn dieser Kerl ein verrückter Stalker ist?", fragte Sarah und versuchte die aufgebrachte Cassandra zu beruhigen, machte mit ihrer Aussage aber alles nur noch schlimmer. Cassandra wusste nämlich wie es war, einen Stalker zu haben. Ein gewisser David trug die Schuld daran das Cassandra in den letzten Jahren mehrmals ihre Nummer gewechselt hatte und nur seinetwegen war sie auch vor kurzem Umgezogen. Ihre Freunde wussten davon jedoch nichts und seit einiger Zeit, herrschte in dieser Sache auch Ruhe. Und das letzte, was Cassandra wollte, war nun einen neuen Stalker zu haben.
"Okay alles klar, Jungs ihr wisst, was zu tun ist", sagte Michael entschlossen und schlug mit seiner flachen Hand auf den Tresen.
"Nein, was genau ist zu tun?", fragten Stuart und Andrew im Chor.
"Wir werden alle eine sehr schöne Nacht bei Cassy verbringen und wenn der Stalker auftaucht, werden wir ihm ordentlich die Fresse polieren", sagte Michael.
"Eine gute Idee. Cassy keine Panik, wir sind alle bei dir", sagte Sarah und ehe sich Cassandra versah, planten ihre Freunde eine sehr lange Filmnacht, die natürlich in ihrem Apartment stattfinden sollte.

Die Braut des Schattens (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt