Kapitel 6

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Daemon

Immer wenn das passiert muss ich schauen, dass ich weiteratme. Deshalb konzentriere ich mich darauf. Sobald ich mich beruhigt habe, rutsche ich ein Stück von ihm ab.

Dass ich sie angesprochen habe, gefällt ihr offenbar nicht, denn sie ist schon wieder so komisch wie nachdem Vorfall mit Tom. Ich könnte ihn umbringen, ein armes Mädchen anzugreifen. Aber warum bin ich dazwischen gegangen? Normalerweise schaue ich bei solchen Sachen zu, greife aber nicht ein. Natürlich war das etwas Anderes, da es sich dieses Mal um ein Mädchen gehandelt hat, aber dennoch. 

Habe ich es getan, um den Helden in schimmernder Rüstung zu spielen oder wegen etwas Anderem? Ich weiss es nicht, und das merkwürdige ist, es ist mir vollkommen egal, weshalb ich es gemacht habe. 

Mutter würde bestimmt sagen, dass man nichts Unüberlegtes machen soll oder zumindest im Nachhinein überlegen soll, weshalb man was gemacht hat. Ich habe nie wirklich auf sie gehört, was wahrscheinlich einer der Gründe dafür ist, warum ich auf dieser Insel bin. „Hey. Sprichst du auch?", necke ich sie. Mist, ich habe ihren Namen vergessen, wie hat Misses Blake sie nochmal genannt? Veeld? Nein. Venda? Nein, auch falsch. Veeda? Ja, ich glaube, so hat sie sie genannt.

 Aber darauf hat sie komisch reagiert, möchte sie nicht, dass ich weiss, wie sie heisst oder was sollte dieser merkwürdige Ausdruck und das anschliessende Kopfschütteln? Ich bin so in Gedanken, dass ich anfangs nicht bemerke, wie sie sich langsam immer mehr von mir entfernt. 

Merkwürdig, normalerweise reagieren Mädchen anders, wenn ich mit ihnen spreche. Klar, dass es der einen oder anderen Mal die Sprache verschlägt ist normal. Aber niemand wird so bleich wie Veeda und rückt Stück für Stück von mir ab. Die meisten kommen eher näher, Stück für Stück. 

Nach einer gefühlten Ewigkeit hört sie auf, sich von mir zu entfernen und schaut mir in die Augen. „Natürlich kann ich sprechen, aber du könntest dich auch anmelden, anstatt mich so zu erschrecken und dennoch tust du es nicht, also: weshalb sollte ich?" 

Wow, das Mädchen kann die Krallen ausfahren, ich grinse. „Und wisch dir das bescheuerte Grinsen aus dem Gesicht!" „Ach, rede doch keinen Unsinn, du liebst es und alle anderen Mädchen, die ich getroffen habe, tun das auch", ich grinse sie noch breiter an. Sie macht ein Würggeräusch und steht auf. Möchte sie wirklich gehen? Sie ist noch nicht lange hier, höchstens fünf Minuten. 

„Hey! Bleib doch! Mir gefällt es, wenn du deine Krallenausfährst." Sie wiederholt das Würggeräusch aber setzt sich wieder. Mit einem ziemlich grossen Abstand zu mir, aber immerhin. „Ich habe doch gesagt, alle Frauenliegen mir zu Füssen, wenn sie mein überaus charmantes Lächeln sehen." Oh Mann, was soll das? Ich schlage mich in Gedanken. Weshalb rede ich überhaupt von anderen Frauen? 

Ich meine, sie ist eine glatte 10. Eigentlich bewerte ich ja Frauen nicht nach dem Äusseren, aber während des ganzen Flugs wurde verhandelt, ob man bei unserem überaus kindischen Punkte-System eine 11 für solche Granaten wie Veeda hinzufügen kann. Natürlich gab es geteilte Meinungen. Eine war, dass man schon eine 15 nehmen müsste, um ihr gerecht zu werden. Andere haben wiederum gesagt, dass 10 das Höchste ist und man deshalb den Massstab anpassen muss. Also, dass alle, die wir bis jetzt bewertet haben, einen Punkt abgezogen bekommen. Da dies die Meinung der Mehrheit war, bleibt sie eine 10 und alle andern 10er wurden zu 9er. 

Sie Unterbricht meine Gedanken: „Ich störe ja nur ungern, aber für deinen Kopf ist es sicher nicht gut, so viel zu denken, wenn er es sonst nur dann tut, um zu überlegen, welches nochmal der Sportkanal ist. Ich wäre wirklich froh, wenn du mich nicht mehr so anstarren würdest." Oh Mann, ich werde rot, seit wann werde ICH rot? Wie lange habe ich sie einfach nur angestarrt? Ich reibe mir verlegen über den Nacken, aber meiner Stimme hört man die Verlegenheit nicht an: „Klar, warum auch nicht, ich muss jetzt eh gehen, habe noch etwas anderes vor heute." Ich zwinkere ihr zu und stehe auf. „Bis um 19:00 Uhr in der Kantine. Ich halte dir einen Platz frei. Falls du Lust hast, darfst du dich gerne zu uns setzen." Habe ich sie gerade wirklich eingeladen? Ich hoffe, dass sie kommt, sonst wird das Ganze unangenehm. Obwohl, eigentlich wäre es ja kein richtiger Korb, da ich sie nicht nach einem Date gefragt habe. 

Ich laufe zurück zum Internat. Mein Zimmer liegt im vierten Stock. Es ist nicht besonders gross, aber es reicht. Ich habe ein eignes Badezimmer, welches eine Dusche, eine Toilette und ein Waschbecken hat. In meinem Zimmer ist ein Bett, ein Fernseher, ein Schreibtisch auf dem ein Computer steht und noch ein Zeichner- Schreibtisch, den ich selbst angeschafft habe, da ich für mein Leben gerne zeichne. Ich setze mich an den Schreibtisch und beginne, das wunderschöne Mädchen zu zeichnen. Ich achte auf jedes noch so kleine Detail. 

Ihr Haar reicht ihr bis zur Brust, es hat eine undefinierte Farbe, darum brauche ich sehr lange dafür. Es ist etwas zwischen schwarz und braun und doch wirken ihre Haare im Sonnenlicht wie flüssiges Gold. Ich gehe über zu ihrem Gesicht, es wirkt kindlich. Ihre rehbrauen Augen sind gross, und doch sind sie nicht braun, schlichtweg nur faszinierend. Ihre Lippen sind voll und trotzdem wirken sie keinesfalls unecht. 

Oh Mann, an was ich schon wieder denke, wenn das Bella wüsste, würde sie mir den Kopf abreissen. 

Ihr Körper macht das kindliche Aussehen ihres Gesichts alle Male wieder wett. Ihr Bauch ist flach, ihre Beine sind sehr lang und ihre Kurven kann man nicht beschreiben. Alles, was sie getragen hat, passt zu ihr, alles eng aber nicht aufreizend. Man sieht kein Stückchen Haut nur ihr Gesicht, ihren Hals und ihre Hände kann man sehen. Aber wie bei allen Mädchen, wird sich das schnell ändern. 

Ich male lange an dem Bild, ich glaube nicht, dass ich schon einmal so viel Zeit für ein Bild gebraucht habe. Alles muss stimmen. Natürlich wird meine Zeichnung Veeda nie gerecht werden, aber ich habe sie ziemlich gut getroffen. Ich verstecke das Blatt unter all meinen Zeichnungen, die ich habe. Wenn jemand sieht, wie ich sie dort am Abgrundsitzend gezeichnet habe, wird dieser falsche Schlüsse ziehen. Aber wieso auch nicht, sie lächelt über ihre Schulter direkt in das Gesicht des Betrachters und es wirkt, als ob sie noch nie so glücklich gewesen ist. Aber was weiss ich schon, ich habe sie noch nicht wirklich lächeln gesehen und sie hat sich alles andere als wohl gefühlt dort mit mir. Aber so würde ich es mir vorstellen, wenn sie wirklich lacht.

 Okay, eindeutig, diese Zeichnung muss verschwinden. Und ich weiss auch schon wo. Ich nehme sie wieder hervor und stecke sie ein. Ich schaue penibel genau darauf, dass es keinen Knick im Blatt gibt, denn dann wäre die ganze Arbeit umsonst. 

Ich gehe aus meinem Zimmer und in den Fahrstuhl, dort drücke ich die Taste für den fünften Stock, jener der aufs Dach führt. Dort ist mein Geheimversteck. Pling, der Fahrstuhlöffnet sich und ich steige aus. Der Blick von hier oben ist überwältigend, auch wenn ich bestimmt schon über 200 Mal hier oben war, geniesse ich die Aussicht immer wieder aufs Neue. 

Ich gehe auf die Hochbeete zu, auf das letzte von allen in der Reihe. Denn das hat eine lockere Diele, diese hebe ich hoch und nehme den Plastiksack, den ich darin versteckt habe, hervor. Es ist noch nicht viel indem Beutel. Es ist mein geheimes Lager an Zigaretten und anderen verbotenen Dingen. Ich lege die Zeichnung mit hinein und nehme eine Packung Zigaretten und das Feuerzeug heraus. Ich zünde eine an und nehme einen tiefen Zug. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Ruby interessieren würde, dass es doch jemand geschafft hat, Zigaretten hierher zu bringen und diese dann zu verstecken." 

Was haltet ihr von diesem Punkte-System? Ich finde es einfach nur bescheuert aber mich würde interessieren was ihr so denkt...


Die Narben der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt