Kapitel 7

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Daemon

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Ruby interessieren würde, dass es doch jemand geschafft hat, Zigaretten hierher zubringen und diese dann zu verstecken."

Erschrocken fahre ich mit dem Zigarettenpack in der Hand herum, tatsächlich Veeda steht vor mir. Sie macht keine Anstalten zum Büro von Misses Blake zu laufen, obwohl sie wahrscheinlich verwandt sind, denn Miss Blake hat sie im Flugzeug Schatz genannt. 

"Ich-Ich", ich bringe nichts heraus. Noch nie hat mich hier oben jemand gesehen, normalerweise schaue ich nach, ob jemand hier ist. Oh man, die Zeichnung hat mich abgelenkt. Mist. Sie sieht irgendetwas in meinen Augen, denn sie weicht ein paar Schritte zurück. 

Hat sie Angst? Ich versuche zu lachen aber sie bekommt noch mehr Angst und weicht noch ein paar Schritte zurück. Sie dreht sich um und will gehen, doch ich laufe ihr nach und packe nach ihrem Arm. Sobald meine Hand ihren Oberarm berührt, schreit sie auf, als ob ich sie verbrannt hätte. Doch ich lasse nicht los, warum sollte ich auch? 

Wahrscheinlich hat sie sich nur erschreckt. Doch ihr wunderschönes Gesicht verzieht sich. Erst jetzt bemerke ich, dass sie wie versteinert auf meine Hand schaut. Ich ziehe die Hand zurück und sie fällt auf ihre Knie. Ich versuche, sie aufzufangen, aber geschickt windet sie sich aus meinem Griff und stürzt ganz zu Boden. 

Sie ist lieber auf den Boden gefallen, als sich von mir helfen zu lassen? Warum? Normalerweise stolpern Mädchen in meiner Gegenwahrt absichtlich, damit ich sie auffange. 

„Bitte, lass mich in Ruhe. Ich sage Ruby auch nichts. Ich verspreche es, wirklich. Bitte lass mich gehen." Ihre Stimme klingt ängstlich und sie redet nur zwischen den Schluchzern, die ihren Körper zum Erzittern bringen. 

„Ich wollte dir keine Angst einjagen", Ich wollte dir keine Angst einjagen? Was ist denn das für ein einfallsloser Spruch? Es kommt nicht darauf an, ob ich es gewollt habe, sondern dass ich es getan habe. Ich strecke meine Hand aus, damit ich ihr aufhelfen kann, doch Veeda schaut fast eine halbe Minute darauf, ohne Anstalten zu machen, diese zu ergreifen. Deshalb lasse ich meine Hand wieder sinken. 

„Es tut mir wirklich leid. Ich glaube, heute geht alles ein wenig schief. Eigentlich bin ich zum Felsen gekommen, weil ich dich beobachtet habe, wie du aus dem Haus gegangen bist. Ich bin dir dann gefolgt. Ich wollt ein wenig mit dir reden, da du doch so einen schlechten Start hattest und eigentlich will ich sagen: Hallo, ich heisse Daemon, wie heisst du?" 

Ich lächle sie verlegen an. Natürlich weiss ich, wie sie heisst. Ich bekomme sie nämlich nicht aus meinem Kopf. Sie lächelt verlegen und streicht sich eine Haarsträhne hinters Ohr: 

„Mein Name ist Cl...", sie unterbricht sich und wird rot „Veeda." Hat sie gerade wirklich fast einen falschen Namen gesagt? Merkwürdig. Sie steht auf und schaut auf den Zigarettenpack in meiner Hand. Ich verstecke ihn schnell hinter meinem Rücken. Die Zigarette, die ich mir vorhin angezündet habe, habe ich vor Schreck fallen gelassen. 

„Das ist ziemlich starkes Zeug, wie lange rauchst du schon?" Ich sehe sie verblüfft an. Ich schaue sie so dumm an, dass sie kichern muss: „Nur weil Ruby meine Tante ist, renne ich nicht direkt zu ihr. Ich bin schon ein grosses Mädchen und nicht auf den Kopf gefallen. 

Wenn ich mir nicht noch mehr Ärger einhandeln will, wie ich es schon im Flugzeug getan habe, sollte ich nicht den beliebtesten Jungen des ganzen Internats verpfeifen, nur weil er raucht. 

Ach übrigens woher hast du die? Ich meine jedes Paket das geliefert wird, wird überprüft. Man kann hier nirgendwo Zigaretten kaufen und auch bei der Ankunft werdet ihr und euer Gepäck gründlich geprüft." 

„Weshalb glaubst du, dass ich der beliebteste Junge bin?", diese Frage war wirklich ernst gemeint. Klar, es stimmt, aber woher weiss Veeda das? „Ich bin nicht dumm, Daemon." 

Darauf will ich nicht heraus und das möchte ich ihr sagen, aber sie fährt schon fort: „Du glaubst doch wohl nicht im Erst, dass sich jemand anderes, als der beliebteste Junge, gegen diesen Tom stellen könnte, ohne daraufhin in die Mangel genommen zu werden. Er hat dich jedoch angeschaut und ist gegangen. Das ist kein typisches Verhalten für einen Schläger-Typen." 

Sie hat recht, ich bin der Einzige, der sie Verteidigt hat und das nicht, weil es der Rest nicht gewollt hat, sondern, weil sich das sonst niemand leisten kann. „Also, ich habe dir deine Frage beantwortet, jetzt kannst du mir meine beantworten?" 

Sie lässt nicht locker. Ich schaue auf meine Uhr, Mist schon fast 19 Uhr. „Ein andermal oder vielleicht heute beim Essen? Falls du noch möchtest, mein Angebot steht. Es ist bald 19 Uhr, und du musst noch deine Schuluniform anziehen, bevor du in den Speisesaal kommen kannst."

Ich versorge mein Zigarettenpack und nehme mir vor, die Zeichnung in einem separaten Plastiksack aufzubewahren, denn sie wird sicher nachschauen kommen, was ich sonst noch dort drin habe, und die Zeichnung von ihr soll sie besser nicht sehen. Wir gehen zusammen in den Fahrstuhl, ich klicke auf den vierten Stock. 

Sie drückt keinen, deshalb gehe ich davon aus, dass sie auf derselben Etage untergebracht worden ist. Doch sie steigt nicht mit mir aus. „Das mit dem Essen klappt leider nicht, ich esse auf meinem Zimmer." Ich schaue sie verwundert an. 

Niemand darf im Zimmer essen, auch nicht, wenn man krank ist, dann muss man auf der Krankenstation essen. Ich bin so erstaunt, dass sich die Tür des Fahrstuhls schon geschlossen hat, als mir wieder einfällt, dass ich sie noch fragen wollte, welches ihr Zimmer ist. Aber da die Fahrstuhltür schon zu ist, erübrigt sich die Frage.

Ich gehe auf mein Zimmer und ziehe mich um. Da fällt mir ein, dass es keine Uniform für Mädchen gibt. Was wird Veeda wohl morgen tragen? Ist sie überhaupt im selben Jahrgang wie ich? Oder noch besser, wird sie hier auch zur Schule gehen oder besucht sie nur ihre Tante. 

Ein paar der Jungs hier, freuen sich sicher über weiblichen Besuch. 

Natürlich gibt es noch die jüngeren Klassen, aber diese sind am andern Ende der Insel untergebracht, das ist ein 15 Minuten langer Weg zu Fuss, alles den Strassen entlang. Möchte man dem Ufer folgen, ist der Weg deutlich länger. 

Da fast niemand so weit geht, kennen die meisten die kleineren Jungs nicht. Ich habe schon mit ein paar von ihnen geredet, aber richtig kennen tue ich sie nicht. 

Wie denkt ihr hat Daemon die Zigaretten bekommen?


Die Narben der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt