Kapitel 6

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Er hatte sich wirklich von Clary und Jace überreden lassen, dass es das Beste und Sicherste für den Kelch der Engel wäre, wenn sie ihn im Institut verstecken würden, sodass Valentine nicht an den Kelch kam. Also hatte er die Karte, in die Clary den Kelch wieder hatte verschwinden lassen, in eines seiner Versteck gelegt, wo nur er Zugriff zu hatte. Der Engel war im Nachhinein sogar wirklich davon überzeugt, dass die Karte bei ihm am sichersten war, den wer würde schon an einem Engel vorbeikommen.

Nachdem seine Eltern und sein kleinster Bruder aufgetaucht waren, hatte er schnell begriffen, was für schwerwiegende Fehler sie gemacht hatten, da sie so viele nicht bewilligte Missionen ausgeführt hatten. Es war sogar so weit gegangen, dass sie ihren Familiennamen fast schon in den Dreck gezogen hatten und sie nun bei dem Rat nicht mehr so ernst genommen wurden.
Als das Gespräch mit seinen Eltern vorüber war kam eine nächste Überraschung.

Alec stand in der Einsatzzentrale und blickte über einige Monitore, sodass er, falls etwas im Umkreis des Institutes geschehen würde, alles mitbekommen würde. Etwas sagte ihm, dass irgendwas passieren würde und seine Vermutung war, dass Valentine irgendetwas aushecken würde, um an den Kelch der Engel zu kommen, welcher momentan in ihrem Besitz war. Nur was genau passieren würde und wie schlimm es für sie kommen würde, wusste er halt nicht, weshalb er sich vor den ganzen Bildschirmen verschanzte und versuchte irgendetwas brauchbares zu finden. Doch es schien nichts zu passieren und sonst war auch wirklich alles ruhig. Außerdem wollte er sich in gewisser Weise von seinem Zusammenbruch vor wenigen Stunden ablenken, der ihm immer noch in den Knochen saß. Der Engel versuchte so gut wie möglich, alle Gedanken, die in Richtung Jace gingen, aus seinem Kopf zu verbannen, doch das war irgendwie nicht so einfach, wenn dieser immer mal wieder hinter ihm her lief oder ihn wegen dem Kelch überreden wollte, sodass er wirklich irgendwann eingeknickt war. Diese Entscheidung war ihm in gewisser Hinsicht schwer gefallen, auch wenn er tief in sich wusste, dass sie richtig war.
Als er plötzlich eine Aura bemerkte, die er hier noch nie wissentlich gespürt hatte, wurde er aufmerksam und erhob sich in einer fließenden Bewegung von dem Stuhl, auf dem er gerade eben Platz genommen hatte. Seine schnellen Schritte steuerten in Richtung Eingang und nicht zu spät zog er seinen Bogen und einen Pfeil, den er schnell einlegte und im richtigen Moment losließ, sodass dieser sich blitzartig seinem Ziel nährte. Valentine war durch den Vordereingang hervorgetreten und hielt nach einem Augenblick den Pfeil in der Hand. Überrascht atmete der Engel auf, den so ein Pfeil hätte ins Schwarze treffen müssen, denn er hatte noch nie in so eine Situation verfehlt.
Verblüfft, aber in gewisser Hinsicht auch nicht, sah er zu, wie Valentine sich in einer Frau transformierte. Sein Blick glitt schnell über sie und ihre blauen Augen hielten ihn mit einem fokussierten Blick gefangen. Die Interesse des Engels galten ihr natürlich nur, da sie es geschafft hatte seinen Pfeil, den er mit einigen Runen verstärkt hatte, aufzufangen, sodass dieser sie nicht getroffen hatte. Aus dieser Entfernung war es ihr nicht möglich gewesen seine Augenfarbe richtig zu erkennen und das war, dem Erzengel sei Dank, seine Rettung, denn als er Valentine hatte hereinkommen sehen, hatte er nicht eine Sekunde an seine Tarnung gedacht, sondern daran diesen Bastard zu vernichten oder ins Gefängnis zu bringen. Doch wenn es wirklich Valentine gewesen wäre, hätte er sein Ziel sicher nicht verfehlt!

Lydia Branwell war eine Gesandte des Rates. Sie hatte die Aufgabe das Institut im Auge zu behalten und diesem vorzustehen. Also war es von vorneherein klar gewesen, als der Engel mit der Information herantrat, dass das Jade Wolf angegriffen wurde, dass besagte Lydia sich das selbst mit ansehen wollte.
So kam es dazu, dass Alec nun zusammen mit ihr auf dem Weg zum besagtem Treffpunkt der Werwölfe war.
"Jetzt kann ich sicherlich verstehen, dass einige Mädchen in Idris dich kennen lernen wollen, da du ja jetzt anständig werden und heiraten willst.", war das erste was Lydia von sich gab, als sie alleine waren und sie grinste leicht, als sie das Gesicht von Alec sah, welcher nicht gerade begeistert davon war, dass seine Eltern wirklich Nägel mit Köpfen machten und ihn verheiraten wollten. Dieses Problem hatte er noch gar nicht richtig an sich herankommen lassen und als Lydia es gerade so ansprach, wurde dem Engel erst richtig bewusst, dass es seinen Eltern sehr ernst damit war. Erst vor wenigen Stunden hatte er diese Neuigkeit von seiner Schwester erfahren, doch anscheinend hatten ihre Eltern diese Heirat schon länger geplant und versucht jemand zu finden, der auch wirklich als Auserwählte in die Familie passte und gleichzeitig den Familiennamen wieder aus dem Dreck zog.
"Verdammt!", fluchte der Engel etwas verlegen und zog seine Augenbrauen angestrengt zusammen, wobei er sich sicher war, dass die Blonde ihn bei jeder kleinsten Bewegung beobachtete.
"Es scheint so, als wäre das nicht deine Idee gewesen. Bei deinem Auftreten hätte es mich auch gewundert.", gab Lydia schulterzuckend von sich. "Meine Eltern haben es damals auch mit mir probiert, doch ich bin meinen eigenen Weg gegangen und habe die Liebe meines Lebens geheiratet. Wir hätten zusammen das Institut in Lissabon leiten sollen und dann wurde John getötet. Alles wurde mir weggerissen.
Wenn ich dir etwas raten darf, in unserer Branche ist es das Einzige, in was man sich verlieben darf, die Arbeit selbst."
"Lydia, tut mir leid.", war das Einzige was Alec nun herausbekam, bevor diese schon an ihm vorbei in das Jade Wolf lief. Etwas bedrückt lief der Engel ihr hinterher. Nach diesem kurzen Gespräch drehten sich seine Gedanken immer wieder um das gleich. War es denn wirklich so falsch Gefühle zuzulassen und somit die Leute, die man liebte in Gefahr zu bringen? Musste man wirklich all seine Gefühle abzuschalten, damit nichts an einen herankam? War es wirklich so sinnvoll, in dem Sinne, nur für sich allein zu kämpfen, damit man nicht durch seine Gefühle gegenüber anderen verletzt wurde?

Selbst als sie den Forsaken ins Labor ihres Institutes brachten, wollten seine Gedanken nicht anderen weichen. Lydia tat ihm leid, sie hatte den schweren Weg gehen müssen, bevor sie verstanden hatte, das Gefühle bei ihrem Job nicht richtig waren. Sie hatte erst alles verlieren müssen, bevor sie begriff, dass sie nichts an sich rankommen lassen durfte. Vielleicht musste er, gerade als ein Engel, der alle Individuen dieser Welt beschützen musste, dies auch tun. Damit seiner Aufgabe nichts im Weg stand und er sie reibungslos erfüllen konnte. Doch was war genau seine Aufgabe? Vor was musste er alle bschützen? Das Schlimmste, was ihm in den Kopf war, war Valentine Morgenstern. War er es? Doch weshalb hatte er dann diese Bilder, dich nicht aus seinem Kopf verschwanden? Die Bilder von Magnus und ihm, welche sich immer wiederholten, wenn er an ihn dachte. Wenn er sich Sorgen machte, ob er denn auch sicher vor dem Kreis war. Wütend darüber, dass er nicht wusste was zu tun war, biss er seine Zähne aufeinander und schloss gequält seine Augen. War das sein Weg den er gehen musste, damit er alle rettete? Musste er mit Magnus zusammenkommen?

Der Hexenmeister Magnus Bane war gerade dabei mit seiner Schwester den Forsaken zu untersuchen und nur eine dünne Wand trennte ihn von den beiden. Der Engel lehnte genau neben der Tür, welche ihn zu Magnus führen würde, doch er wusste selbst, dass er keinen Fuß herein setzten würde, solange der Hexenmeister in dem Raum war. Weshalb er hierhergekommen war, wusste er in keinster Weise. Vielleicht wollte er einfach schnellstmöglich die Ergebnis haben und wollte wissen, in was für einer Gefahr sie schwebten, redete er sich ein und lehnte seinen Hinterkopf gegen die kühle Wand, um endlich wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Es half etwas, weswegen er sich von der Wand abstieß und sich auf den Weg zum Trainingsraum machte.
Wollte er Magnus wiedersehen?

Abrupt blieb er stehen, als er fast in eine blonde Person reingerannt wäre, welche sich als Lydia herausstellte.
"Alec!", rief sie freudig aus und schloss sich ihm seines Weges an. "Haben die beiden schon etwas heraufgefunden?"
"Ich denke nicht, soweit ich weiß, aber es trägt ganz sicher Valentines Handschrift. Ich glaube, dass er hinter den Ex-Kreismitglieder her ist und sich nach Rache sehnt.", gab Alec seine Erkenntnis preis und sah grübelnd in Lydias Richtung, welche verstehend nickte. "Wir sollten vielleicht zusätzliche Wachen aufstellen, für Hodge..."
"... und deine Eltern.", vervollständigte sie seinen eigentlich beendeten Satz. Alec blieb abrupt stehen und blickte mit Verwunderung in ihr Gesicht. "Du wusstest es nicht..." Wie konnten ihm alle das verheimlicht haben? Seine Eltern waren Kreismitglieder gewesen und er wusste davon nichts. Wie war es ihnen möglich gewesen die Information so lange vor ihm verheimlich zu haben? Der Engel atmete einmal tief durch, bevor er Lydia stehen ließ und sich nun wirklich zum Trainingsraum begab.

Sein Gedanken schmerzten ihm, sein Körper war erschöpft, doch er schlug weiter gegen den Boxsack, welcher schon einige Blessuren aufwies. Sein Atem zitterte und er dachte nicht daran aufzuhören. Er wusste, dass er sich gerade kaum unter Kontrolle hatte, doch es war ihm egal. Sollte es doch jeder erfahren... Wütend über seine Naivität, dass seine Eltern keine dunkle Vergangenheit hatten, schlug er ein letztes Mal gegen den Sack und hielt dann in der Bewegung inne.
Magnus kam von hinten auf ihn zu und schien ihn zu beobachten. Seine Anwesenheit beruhigte ihn in gewisser Weise und seine Gedanken schwirrten nicht mehr so schnell durch seinen Kopf, sodass er nicht mehr dachte, dass er gleich platze. Verwirrt drehte der Engel sich um und fühlte schon regelrecht, wie der Hexenmeister ihn von oben bis unten inspizierte. Seine Augen wanderten erst in seine blauen Augen, als Alec sich komplett zu ihm gewandt hatte. Hatte er seinen Körper abgescannt
"Der Bericht...", gab Magnus bloß von sich und hielt ihm das Schreiben entgegen. Etwas überrumpelt legte er diesen beiseite und wandte sich ihm erneut zu.
"Magnus, es ist als, ob mein ganzes Leben eine Lüge war. Alles was ich jemals gewusst habe scheint anders.", der Engel wusste nicht weshalb er dem Hexenmeister alles so offenbarte, aber es fühlte sich so verdammt richtig an, da konnte es doch nicht falsch sein. "Ich habe alles getan, für meine Eltern und den Rat... Ich hab alles getan, was sie wollten!"
"Vielleicht solltest du anfangen für dich zu leben.", erwiderte Magnus mit einem bedächtigten Blick in seine Augen. Es schien so richtig, doch was würde es ihm bringen? "Tu nach was dir ist!" Doch was wollte er wirklich?
"Vielleicht sollte ich das tun...", hörte er seine eigene Stimme sagen, doch für sich selbst zu leben, war das für ihn eigentlich möglich? War es ihm möglich, sich seiner Aufgabe zu widersetzten? Skeptisch seufzte er auf und fuhr sich durch seine Haare. War es für ihn vertretbar...?

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Wörter: 1798

27.10.2019

Im eigenen Schatten verborgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt