Kapitel 17 - Vergeben, vergessen, verzeihen

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Halihallo meine lieben Freunde!
Und schon wieder ist Sonntag! Somit kommt nun auch ein neues Kapitel!
Danke JocelynHelios für deine liebe Unterstützung als Betaleserin!

Ich will euch nicht weiter aufhalten, deswegen euch viel Spaß beim lesen und hinterlasst doch etwas Kritik oder ein nettes Review nach dem Kapitel! :)

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Clary atmete tief aus und sah mit Tränen in den Augen auf den Bildschirm vor sich.
„Clary, es tut mir so...", fing Alec schuldbewusst an, doch die Rothaarige hob bloß ihren Arm, als Zeichen, dass er nicht weiterreden sollte. Sie drehte sich auf dem Absatz um und lief aufgewühlt davon. Auch in Alec tobten wild die verschiedensten Gefühle und er konnte nicht mehr richtig klar denken, da die Wut auf sich selbst alles überschattete. Magnus legte sanft eine Hand auf seinen Unterarm, doch wieso sollte er getröstet werden, wenn er diese ganze Scheiße verursacht hatte? Er biss die Zähne fest aufeinander und schüttelte die Hand ab, bevor er einfach davon stürmte und Magnus alleine zurückließ.
Wie hatte er bloß diesen Dämon in sich rein lassen können? Er war ein Engel, seine Bestimmung war es, jeden auf dieser Welt zu beschützen und dann ließ er einen Dämon in sich fahren und brachte auch noch jemanden um, aus Wut, die er eigentlich zu zügeln hatte. Seine schnellen Schritte führten ihn auf das Dach, wo er sich am Geländer nach vorne lehnte und auf den Boden tief unter sich sah. Er hatte jemanden umgebracht. Er hatte Clarys und Jace' Mutter getötet. Er hatte eine Unschuldige ermordet, aus Wut, weil sie versucht hatte, seinen Parabatai umzubringen.
Alec war klar, dass er stärker werden musste, damit so etwas nie wieder passieren konnte, damit er jeden seiner Familie und Freunden beschützen konnte und Valentine ein für alle Mal vernichten konnte! Nichts durfte sich ihm in den Weg stellen! Und jetzt, da er wusste, dass er wirklich solange, bis er seine Aufgabe erfüllt hatte, unsterblich war, konnte ihn doch auch niemand aufhalten!
Wütend ballte er seine Hände zu Fäusten und schloss gequält seine Augen.
Die nächsten Stunden verbrachte er weiterhin auf dem Dach, Pfeil und Bogen in den Händen. Immer wieder schoss er seine Pfeile in den Himmel und ließ sie schlussendlich dort leicht explodieren, sodass sie wie ein kleines Feuerwerk wirkten. Bis jetzt war ihn noch niemand suchen gekommen und er hatte auch nicht vor, gefunden zu werden. Pfeil um Pfeil legte er auf den Bogen und schoss ab. Mit jedem Pfeil traf er sich selbst. Mit jedem Pfeil traf ihn erneut seine Wut. Und mit jedem Pfeil verfluchte er erneut die Tatsache, dass er einfach so verdammt unfähig war! Es war sein gottverdammter Fehler, beim Erzengel nochmal! Wieso hatten sie ihn nicht einfach links liegengelassen? Sie hätten sich von ihm abwenden sollen! Ja, das HÄTTEN sie tun sollen! Hatten sie aber nicht! Nein, stattdessen hatten sie versucht ihn zu trösten. Magnus... wieso hatte er ihn nicht getötet? Er hätte es verdient. Clary... wieso hatte sie ihn nicht für den Tod ihrer Mutter bluten lassen? Auch das hätte er verdient. „Weil sie deine Freunde sind... weil sie dich nicht dafür verurteilen, was ein Dämon mit deinem Körper getan hat...", wehte eine Stimme durch seine Gedanken. Wutschnaubend jagte er den nächsten Pfeil in die Nacht hinaus. Diese Explosion fiel deutlich heftiger aus als die vorherigen. „Aber es war meine Schuld!", brüllte er die Stimme an. „Es waren MEINE blutigen Hände, die sich in Jocelyns Brust gegraben haben! Es war ICH, der Clary ihre Mutter genommen hat! Die Mutter, nach der wir alle so lange gesucht haben! Die uns gegen Valentine hätte helfen können! Wenn deswegen noch mehr Unterweltler und Shadowhunter sterben, ist das allein MEINE SCHULD!" Verzweifelt rang Alec nach Luft. Mühselig versuchte er, die brodelnde Wut in seinem Bauch zu kontrollieren. Aber immer wieder überkam ihn dieses Verlangen nach einer Strafe. Und die Gewissheit, dass er sie nicht erhalten würde. Weder von Clary noch von Jace oder einem anderen Shadowhunter. Und er wäre wohl zu schwach, um den Rat in Idris um eine Strafe zu bitten. Das letzte, das er wollte, war, Izzy oder Max in diese Sache mithineinzuziehen. Gut, auch ihre Eltern wollte er nicht unbedingt in Gefahr bringen, aber sie konnten für sich selbst sorgen und würden ihn in einem derartigen Fall ohnehin verstoßen. Wenn sie es schon nicht tun würden, weil er schwul war. Alec zog scharf die Luft ein. Erneut landete ein Pfeil auf der Sehne und wurde in den Himmel geschossen. Er verdiente das! Er verdiente die schmerzenden Arme, die wunden Finger vom Zurückziehen der Sehne, er verdiente das alles! Das und noch so unendlich viel mehr davon.

Schritte auf der Treppe und ein vertrautes Gefühl der Nähe in seiner Brust kündigten ihm Jace' Erscheinen an, noch ehe sein Parabatai die Tür zum Dach aufstieß. Normalerweise flog die schwere Tür, wenn Jace wütend oder geladen war, immer beinahe gegen die Wand. Nicht so dieses Mal. Heute schob sich die Tür schon fast vorsichtig zur Seite und hätte es Jace ermöglicht, sich an jeden anderen unbemerkt anzuschleichen. Aber er war sein Parabatai und ein Engel. Wenn Jace sich an ihn heranschleichen könnte, sollte er definitiv anfangen, sich Gedanken zu machen. „Alec." Der nächste Pfeil jagte in den Himmel. „Alec!" Unwillig schüttelte er den Kopf. Er wollte nicht reden. Er wollte nicht mal denken! „Alec! Hör auf!" Er reagierte immer noch nicht. „Alec, ich weiß, wie es dir geht. Ich bin dein Parabatai. Ich fühle es. Aber niemand wird dich dafür verurteilen. Weder Clary noch ich oder Luke werden dir deswegen Vorwürfe machen. Niemand, verstehst du? Es ist nicht deine Schuld." Der Pfeil verharrte in seiner Hand. „Hör auf, Jace.", wisperte er mit schon fast toter, lebloser Stimme. „Alec, wir brauchen dich. Du bist einer unserer besten Kämpfer! Das weiß auch der Rat und er erkennt es an!" Jace holte ein paar Mal tief Luft. Alec konnte spüren, dass auch Jace von etwas belastet wurde. „Valentine hat das Seelenschwert gestohlen." Er wirbelte herum. „WAS?!" Jace hob langsam die Hände, während er mit den Augen den auf seine Brust gerichteten Pfeil fixierte. „Aldertree wollte sichergehen, dass wir ihm nichts verschwiegen haben und wollte mich deswegen nochmal in der Stadt der Gebeine von den stillen Brüdern überprüfen lassen. Also hat er mich dorthin gebracht, als ihr diesen Dämon gejagt habt. Am Anfang lief alles vollkommend normal, aber dann ist plötzlich Valentine mit seinen Leuten aufgetaucht. Sie haben die stillen Brüder überwältigt, nein, sie haben sie abgeschlachtet, Alec! Sie haben sie alle einfach umgebracht! Valentine hat sich das Seelenschwert geschnappt und einer seiner Begleiter wollte grade Aldertree erstechen. Er hat den Befehl gegeben, mich zu entführen und Aldertree zu töten. Ich habe Aldertrees Angreifer zur Seite gestoßen und getötet. Die Zeit hat Valentine natürlich genutzt, um sich mit dem Seelenschwert aus dem Staub zu machen. Er hat das Seelenschwert, Alec." Kälte breitete sich wie Säure in seiner Brust aus. „Der Dämon, hat Valentine etwas damit zu tun?", fragte er. „Ja. Er hat zugegeben, dass der Dämon von ihm kam und nur ein Ablenkungsmanöver war." Alec ließ den Bogen sinken. „Dann hat er jetzt den Kelch und das Schwert. Das sind schon zwei der drei Engelsinsignien. Fehlt nur noch der Spiegel." „Genau! Und deshalb brauchen wir deine Hilfe, Alec! Du bist der Beste!" Gedankenverloren tigerte Alec an der Brüstung entlang. Es war seine Schuld. Er hatte Valentine geholfen, das Seelenschwert zu stehlen und die stillen Brüder abzuschlachten, indem er sich von diesem Dämon hatte besiegen lassen. Wenn das noch nicht mal alles war, dass Valentine konnte, musste er dringend stärker werden, damit er auf das Kommende vorbereitet war. Doch... Nein, er war nicht der Beste. Er war nur ein unfähiger Engel ohne eine Aufgabe. Konnte er das überhaupt... Valentine besiegen?
Er hatte die Vergebung und Freundschaft der anderen doch gar nicht verdient. Eben so wenig wie er Jace als seinen Parabatai verdient hatte. „Du liegst falsch. Du bist der Beste, Jace. Und du sagst, ihr wärt mir nicht böse. Aber das solltet ihr sein! Ihr solltet mich dafür bestrafen und hassen!" Unbemerkt von Jace aktivierte er eine Rune mit goldenen Augen auf seinem Arm und sprang mit einem eleganten Satz über die steinerne Brüstung. „Alec!", brüllte ihm Jace hinterher. Er ignorierte es. Statt sich noch einmal umzudrehen und zurückzublicken, richtete er sich auf und rannte los.

Alecs Füße trommelten schnell und hart auf den Asphalt der Straße, als er planlos durch den Park rannte. Er hatte sich nicht wirklich Zeit genommen, um sich ein Ziel oder eine bestimmte Strecke zurechtzulegen. Er wollte einfach nur weg. Weg von Jace und Clary, die ihn hassen sollten, weg von den Shadowhuntern, die er mit seinem Versagen im Stich gelassen hatte, weg von Jocelyns Leiche, weg von seiner Schuld, weg von seinen Gefühlen. Rational gesehen wusste er, dass er vor seinen Problemen nicht davonlaufen konnte, aber emotional gesehen interessierte ihn das gerade ausgesprochen wenig. Und so rannte er immer weiter, ohne auf seinen Weg oder irgendetwas anderes zu achten. Nach einiger Zeit bemerkte Alec, dass er die Gegend, in der er sich gerade befand, ziemlich gut kannte. Das Penthouse, vor dem er stand, gehörte einem Hexenmeister namens Magnus Bane, auch besser bekannt als Alecs Freund. Keuchend schnappte er nach Luft, seine Lunge brannte leicht. Sein Dauerlauf machte sich allmählich doch bemerkbar. Zögerlich trat er näher an die Fassade des Gebäudes heran. Er hatte nichts zu verlieren. Selbst wenn er es nicht schaffen würde – er konnte nicht sterben. Und ohne noch länger zu zögern oder eine seiner Runen zu benutzen fing Alec an, sich an der Hauswand emporzuziehen. Meter um Meter kletterte er nach oben, ohne auch nur einmal innezuhalten oder nach unten zu sehen. Seine Fingerspitzen und Handflächen brannten, aber er ignorierte es. Was sollte schon groß passieren? Im schlimmsten Fall würde er abstürzen und auf dem Asphalt landen, auch wenn er dann starke Schmerzen hätte. Also kletterte er einfach weiter. Als er an Magnus' Balkon angekommen war, schwang er sich leise über die Balustrade. Er war sich nicht sicher, was er hier überhaupt tat. Er stand hier auf dem Balkon seines Freundes, für den er seine Verlobte vor dem Altar stehen gelassen hatte – was ihn eigentlich nicht wirklich als guten Freund oder Verlobten auszeichnete, und dem er einen Dolch in den Bauch gerammt hatte – was ihn auch nicht zum Freund des Jahres machte. Das einzig positive war, dass er ihn danach immerhin geheilt hatte. Trotzdessen, Magnus würde ihn mit Sicherheit nicht sehen wollen. Im Gegenteil, es würde ihn nicht wundern, wenn der Hexenmeister ihn einfach vom Dach werfen würde. Verdient hätte er es. Und trotzdem stand er hier, lehnte an der Feuerleiter und beobachte Magnus heimlich durchs Fenster. Magnus hielt eines seiner üblichen Martinigläser in der Hand. Sein Cocktail glitzerte und schillerte in allen möglichen Farben. Aus eigener Erfahrung wusste Alec, dass er besser schmeckte als er aussah. Nicht ohne Grund waren die Partys des Hexenmeisters immer gut besucht und zählten zu den besten in New York. Sein Atem wurde ruhiger und ein Teil seiner Anspannung löste sich langsam. Hier fühlte er sich sicher.
Magnus hatte in der Zwischenzeit sein Glas auf einem der unzähligen Beistelltische abgestellt und öffnete die Terassentür. „Alexander." Alec hob den Kopf. Magnus stand vor ihn. „Was machst du hier?" „Ich habe es im Institut nicht mehr ausgehalten. Sie sind alle so nett und verständnisvoll. Niemand nimmt mir das an Jocelyn übel! Das macht mich einfach fertig. Und gerade du solltest mich eigentlich zum Teufel jagen, Magnus. Und trotzdem tust du es nicht." Magnus streckte die Hand nach ihm aus, doch der Engel zuckte etwas zurück. „Alexander, es war nicht deine Schuld. Es war auch nicht dein Fehler. Valentine hatte dich gefoltert und dir Dämonengift injiziert, er hat dich sogar getötet! Du hast nur überlebt, weil du ein Engel bist. Du hast dich sogar gegen den Dämon gewehrt, aber als Jocelyn dir den Dolch in die Brust gestoßen hat... das war wie ein K.O.-Schlag. Spätestens ab diesem Moment gab es nichts mehr, was du hättest tun können. Und nicht mal die Shadowhunter oder der Rat sind dumm genug, dir das zum Vorwurf zu machen.", sagte Magnus mit sanfter Stimme eindringlich. Alec spielte unruhig mit seinen Händen. Ihm war es immer noch unangenehm, auch wenn er Magnus' Argumentation insgeheim zustimmen musste. Magnus nickte in Richtung seiner Hände. „Keine Zeit für eine Heilungsrune?" Alec schwieg. Magnus stieß die Terassentür auf. „Komm rein und setz dich. Ich mache uns Tee." Er wusste gar nicht, wie ihm geschah, als Magnus ihn unvermittelt an der Hand packte und ins Haus führte. Magnus drückte ihn auf seine schwarze Couch. „Bleib genau hier sitzen. Wenn du versuchen solltest zu verschwinden, werde ich dich dort mit Magie festkleben und den Gegenzauber vergessen!", drohte er und verschwand in der Küche. Alec musste minimal schmunzeln, da sie beide doch wussten, dass seine Magie ihm nichts anhaben konnte, doch trotzdem wollte er ihn nicht in Versuchung führen. Alec sah seinem Freund nach. Eigentlich hatte er nur vom Institut und den anderen weggewollt und jetzt saß er bei einem Hexenmeister mit Glitzerfaible auf der Couch. Und sein schlechtes Gewissen brachte ihn fast um.

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Hinterlasst doch ein liebes Kommentar. :)

Es wird jetzt erst ein mal dauern, bis das nächste Kapitel kommt...

Wörter: 2.125
16.02.2020

Im eigenen Schatten verborgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt