Arose

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Nervös ging ich im Restaurant auf und ab. Meine Kollegen waren schon gegangen. Nun waren nur noch Proof, Lisa, Jimmy und ich dort. Ich schaute auf die Uhr. 16:55 Uhr. Noch 5 Minuten, wenn sie sich nicht verspäteten. „Verdammt Alex, jetzt setz dich hin. Du machst uns auch schon ganz nervös mit deinem ständigen Hin und Her laufen." Sagte Proof. Ich nahm neben Jimmy Platz. „Leute, danke, dass ihr hier seid. Aber bitte versucht nicht zu fluchen, wenn Hailie kommt." Dabei schaute ich sie eindringlich an. Proof verdrehte die Augen, doch alle nickten. Mir war ganz schlecht vor Aufregung. Was war, wenn Hailie böse auf mich war, weil ich sie verlassen hatte? Ich konnte doch einem Kind nicht den Grund für meinen damals überstürzten Aufbruch erklären. Was war, wenn es Hailie doch viel schlechter ging, als Emma gesagt hatte und sie gar nicht kommen konnte? Tausend Fragen schossen mir durch den Kopf, als ich dort saß. Die Uhr tickte unaufhörlich weiter, und doch wollte die Zeit einfach nicht vergehen. Jimmy nahm meine kalte Hand in seine und sagte eindringlich. „Es wird schon alles gut gehen, hör auf dir Sorgen zu machen." Die anderen beiden nickten zustimmend. Ich rutschte nervös auf meinem Sitz herum. Wir hatten Lily mitgenommen, die friedlich am Tisch ihre Bilder malte. Jimmy meinte, es wäre gut, wenn unsere beiden Schwestern sich mal kennenlernen würden. Endlich hörten wir Autotüren zuschlagen und im nächsten Moment die Restauranttür aufgehen. Ich drehte mich herum und sah mein Baby, wie sie auf mich zugestürmt kam. Ich lief ihr auf halben Weg entgegen, meine Beine ließen nach, ich kniete mich auf den Boden und fing sie auf. Tränen der Erleichterung flossen über mein Gesicht. Hailie umarmte mich fröhlich. „Ich hab dich so vermisst, Ali!" nannte sie mich bei meinem Spitznamen. „Ich dich auch, Babygirl." Ich hob sie hoch. Sie kam mir viel leichter vor, als noch vor ein paar Monaten. Vor unserem Tisch setzte ich sie wieder ab. Scheu versteckte sie sich hinter mir. Ich beugte mich zu ihr herunter. „Süße, ich möchte dir meine neuen Freunde vorstellen. Das sind Proof und Lisa. Und das daneben ist Jimmy mit seiner Schwester Lily. Sie ist genauso alt wie du." Hailie traute sich nun doch hervor und fragte Lily neugierig: „Was malst du da? Ich will auch." Ich lachte. Und schon waren die beiden wie ein Herz und eine Seele, malten zusammen und unterhielten sich über ihre kindlichen Sachen. Erst jetzt bemerkte ich Emma und Liam, die unschlüssig an der Tür standen. Ich winkte sie zu uns rüber. „Leute, das sind Emma und Liam." Stellte ich sie vor. Emma begutachtete meine Freunde nur einen kurzen Moment, bevor sie mir um den Hals fiel. „Ich habe dich so vermisst, Alex." Ich versteifte mich und schaute hilfesuchend zu Liam. Dieser zog sie sanft aber bestimmt von mir weg. „Wir hatten das doch besprochen, Süße. Überfordere sie nicht gleich am Anfang." hörte ich ihn leise sagen.

So saßen nun meine ehemals besten Freunde und meine jetzigen besten Freunde zusammen und unterhielten sich. Ich hörte bei den Gesprächen jedoch kaum zu, weil ich Hailie betrachtete. Sie schaute schlechter aus wie ich sie in Erinnerung hatte. Dunkellila Ringe hatten sich unter ihren Augen abgezeichnet. Sie wirkte sehr mager. Außerdem zeigte mir ihr Kopftuch, das mittlerweile ihre gesamten Haare durch die Chemo ausgefallen waren. Es tat mir im Herzen weh, sie so krank zu sehen. Auf einmal schaute sie mich mit ihren leuchtend braunen Augen an. Sie hatte die gleichen Augen wie ich. Sie waren so voller Lebenslust und Stärke, da war ich mir sicher, dass sie diese abscheuliche Krankheit besiegen würde.

Nachdem ich mich schweren Herzens von Hailie verabschiedet hatte, fragte mich Emma nach unserem nächsten Treffen. „Ihr könnt ja dieses Wochenende mit uns ins Shelter gehen" schlug Lisa vor. Ich schaute sie böse an, doch sie bemerkte es nicht. „Ja klar, wir telefonieren." erwiderte Liam erfreut. Ich unterdrückte ein Seufzen. Ich war ihnen dankbar, dass sie mir die Chance gegeben haben, Hailie zu sehen. Doch mit den beiden wollte ich vorerst eigentlich nichts zu tun haben. Als die drei wegfuhren, war ein dicker Kloß in meinem Hals. Jimmy stand dicht neben mir und drückte meine Hand. Ich schenkte ihm dankbar ein kleines Lächeln. Dann stiegen auch wir ein und fuhren nach Hause.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 26, 2020 ⏰

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