Dealing with it

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Ich bestand die Prüfung. Ich fing im Außendienst an. Ich hielt Wache bei der Prophezeiung. Manchmal war Tonks mit dabei. Manchmal meine Eltern. Ich übte mich weiter im Zaubern. Ich beschäftigte mich so gut es ging. Ich übernahm jede noch so kleine Arbeit.

Aber nachts, wenn ich schlafen wollte, stürzte wieder alles auf mich ein. Die Dämme, die ich jeden Morgen sorgfältig errichtete, rissen ein und alle Erinnerungen tauchten wieder auf. Mein Herz war nicht mehr nur verschrumpelt in meiner Brust, sondern schlitzte mich von Innen auf. Monate vergingen. In der ersten Zeit übernahm ich so häufig die Nachtschicht, dass ich nichts mehr von Sirius hörte, aber dann erschien es mir tagsüber zu quälend mit ihm in einem Haus zu sein. Also blieb ich wieder über Nacht. Eines Nachts lag ich wach, von Schluchzern geschüttelt, die ich eigentlich nicht weinen wollte, als ich seine Schreie hörte. Ich hatte sie zuvor gehört, aber so gepeinigt wie in dieser Nacht, waren sie nie gewesen. Er litt. Man könnte es hören. Seine Stimme wurde heiser von den Schreien und dennoch wachte er nicht auf. Er litt. Früher hätte ich sein Leiden beenden können. Ich wäre zu ihm gegangen und hätte mich neben ihn gelegt und er hätte mich in seine Arme genommen und weitergeschlafen. Vielleicht lag es daran, dass ich übermüdet war, vielleicht daran, dass er mir noch genug bedeutete, dass ich nicht wollte, dass er litt und vielleicht daran, dass ich mir so sehr wünschte in seinen Armen zu liegen, dass mir alles andere egal war. Auf jeden Fall stieg ich aus meinen Bett und schlich in sein Zimmer. Sirius wurde nicht wach, als ich mich neben ihn legte, sondern zog mich nur an sich und beruhigte sich. Wie sehr hatte ich das vermisst. Der Gedanke, dass morgen wieder nichts zwischen uns wäre außer höfliche Konversation zerriss mir schon jetzt das Herz. Ich konnte morgen früh nicht neben ihm aufwachen. Das ginge zu weit. Ich zauberte also einen Weckzauber, der mich eine halbe Stunde vor Sirius wecken würde und schlief ein in den Armen des Mannes, der mich nicht mehr wollte.

Ich weiß nicht, ob Sirius überhaupt wusste, dass ich bei ihm gewesen war, aber er sprach mich nicht drauf an und am nächsten Morgen war ich sofort weg. Über Monate hinweg redeten wir kaum miteinander, ich kam nachts zu ihm, wenn er schrie und ging bevor der Morgen graute. Mit der Zeit gewöhnte ich mich an die Situation. Nicht, dass es mir gut ging, aber ich fühlte mich nicht mehr so, als würde ich innerlich zerreißen. Mein Schlaf wurde besser und weinen tat ich nur noch, wenn eine Erinnerung sehr explizit auftauchte. In der Zwischenzeit hatte Harry die so genannte „Dumbledores Armee" gegründet und lehrte seine Mitschüler im Raum der Wünsche die Zauber, die das Ministerium durch die widerliche Kröte Umbridge zu verhindern versuchte. Immer wenn ich davon hörte, wollte ich mit Sirius darüber reden und von ihm hören, wie stolz er auf Harry war und welche Sorgen er sich machte. Am liebsten hätte er vermutlich mitgemacht und ich selbst hatte schon mehrfach überlegt das Risiko einzugehen und in „meinen" Raum der Wünsche zu apparieren, diesen kurz zu verlassen und dann zu Harry und den anderen zu gehen. Die Konsequenzen, die es haben könnte, wenn Umbridge mich erwischte und von der DA erfuhr, waren jedoch viel zu hoch, als dass ich es wirklich gemacht hätte. Inzwischen war ich besser darin geworden das zu tun, was richtig war, auch wenn es nicht dem entsprach, was ich wirklich wollte.

Eines Abends ging ich in die Küche im Grimmaudlplatz und erwartete eigentlich keinen mehr anzutreffen, da es bereits spät war und die anderen ohne mich gegessen hatten. Als ich mir leise eine Schüssel aus dem Regal holte, entdeckte ich jedoch Sirius am Küchentisch. Er starrte mich genauso überrascht an, wie ich ihn. „Was machst du denn noch hier?", war das erste, was mir durch den Kopf schoss, und was ich dann auch aussprach. Das waren die ersten Worte seit einigen Wochen die ich an ihn direkt richtete. Ich sah es in seinen Augen, dass er sich dessen ebenso bewusst war. Er setzte an um etwas zu sagen, räusperte sich dann jedoch nochmal: „Ich...hrrm... ich kann nicht wirklich gut schlafen... wie du weißt" Spielte er jetzt darauf an, dass ich nachts zu ihm kam, wenn er schlief, oder so generell auf unsere gemeinsamen Erfahrungen bezogen? Ich war mir nicht wirklich sicher, deswegen nickte ich einfach nur. Verzweifelt suchte ich nach einem Thema, über das wir würden sprechen könne, ohne dass es so komisch zwischen uns blieb. Mein Essen zu bekommen war mir wirklich wichtig. Dann fiel mir ein, dass ich sowieso immer seine Meinung über die DA hatte hören wollen. Tatsächlich entwickelte sich daraus ein einigermaßen unverkrampftes Gespräch über Umbridge und Harry und das leugnende Ministerium. Als wir über alles gesprochen hatten, kehrte wieder Stille ein. „Danke", hörte ich dann irgendwann sehr leise von Sirius. Ich war mir nicht sicher, ob ich richtig gehört hatte. Wofür sollte er sich denn bei mir bedanken? Dass ich seine Wünsche respektierte und ihn nicht versuchte zu überzeugen mit mir zusammen zu sein? Dass ich in den letzten Monaten kaum ein Wort mit ihm gewechselt hatte und den Raum so bald wie möglich verließ, wenn er eintrat? „Wofür?", fragte ich also ebenso leise zurück. Wir sahen uns nicht in die Augen. „Dafür, dass du mich immer noch vor mir selbst beschützt, wenn ich nachts zu schwach bin um das zu tun", erklärte er mir jetzt mit immer noch leiser, aber fester Stimme. Sirius wusste also, dass ich nachts immer noch zu ihm kam, wenn ich ihn schreien hörte. Wie sollte ich jetzt damit umgehen? Das war nicht Teil des Plans gewesen. Ich sah auf und versuchte es mit einem kleinen Lächeln. Mehr konnte ich ihm nicht sagen. Mehr ließ mein kaputtes Herz nicht zu. Er dankte es mir mit einem ebenfalls schwachen Lächeln. Wie waren wir nur so weit gekommen? Wie konnte das passieren? Wir saßen dort, gefangen im Blick des Anderen, in dem wir unsere eigene Trauer und unseren Schmerz gespiegelt sahen. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn nicht im Porträt hinter ihm der ehemalige Schulleiter von Hogwarts aufgetaucht wäre und verkündet hätte, dass Harry und die Weasleys bald hier sein würde, weil Mister Weasley bei der Bewachung der Prophezeiung schwer verletzt wurde. Sirius und ich wechselten einen schockierten Blick und während er aufstand, um sie in Empfang zu nehmen, kochte ich Tee und holte Kekse aus der Vorratskammer. Das Warten auf die Nachricht, ob Mister Weasley es schaffen würde, würde am schlimmsten werden und ich hoffte es so für sie ein bisschen angenehmer zu machen. Das George unter den Weasleys sein würde, hatte ich vergessen bis ich in seine traurigen braunen Augen blickte. Wir hatten noch ein zwei Briefe geschrieben, seit er nach Hogwarts gefahren war, aber seit dem Kuss hatten wir uns nicht gesehen. Ich blieb kurz verwirrt stehen und stellte die Kekse und den Tee auf den Tisch. Dann nahm er es mir schon ab, wie ich mich zu verhalten hatte, denn er kam auf mich zu und nahm mich fest in den Arm. Darin lag nichts romantisches, sondern einfach das Bedürfnis nach einer Umarmung, wo er doch gerade um das Leben seines Vaters bangte. Ich erwiderte die Umarmung und versuchte ihm dadurch Hoffnung zu geben. Nach einer Weile ließ er mich los und murmelte: „Hey kleine Matrosin". Ich rollte die Augen bei dem Spitznamen, grinste aber, als ich antwortete: „Hey George". Wir sahen uns noch kurz in die Augen und dann ging ich weiter um die anderen zu begrüßen. Letzten Endes fand ich mich bei Ginny wieder. Ich fand es angenehm, wie sie ihre Gefühle nach außen hin deutlich zeigte, aber auch gleich die Stärke ausstrahlte, dass sie es schon schaffen würde und die Hoffnung nicht aufgeben würde. Wir warteten fast die ganze Nacht durch, bis dann die Nachricht von Molly kam, dass er es schaffen würde. Dieser Moment war etwas sehr wertvolles. Es war wunderschön zu sehen, wie sich freuten und die Erleichterung ihnen auf den Gesichtern abzulesen war. Ohne, dass es von jemanden bemerkt worden wäre, ging ich dann leise in mein Zimmer. Ich würde mich wann anders mit George auseinander setzen. In dieser Nacht schlief Sirius entweder gar nicht, oder komplett durch. Auf jeden Fall schrie er nicht. Ich ertappte mich dabei, wie ich am nächsten Morgen fast enttäuscht war. Meine Mum kam in mein Zimmer und erzählte mir, dass die Weasleys noch für zwei Nächte bleiben würden und bat mich doch ausnahmsweise mal zu den gemeinsamen Essen aufzutauchen. Ich hatte ihr tatsächlich irgendwann von Sirius erzählt und sie hatte immer Verständnis gezeigt, aber jetzt meinte sie, dass ich es doch mit so vielen anderen Menschen schaffen würde. Ich seufzte ergeben und machte mich fertig. Was war schon dabei mit Sirius an einem Tisch zu sitzen? Bei meinem Glück landete ich dann auf einem Platz neben George und direkt gegenüber von Sirius. Ich wandte mich George zu und fragte ihn über die Entwicklung der Nasch-und Schwänzleckereien aus. Das lief auch soweit ganz gut, bis George irgendwann leise zu mir sagte: „Wir gehen nachher ins Krankenhaus um Dad zu besuchen, aber hättest du vorher ein bisschen Zeit zu reden?". Ich wand mich unbehaglich und mein Blich huschte schnell zu Sirius, der mich von der anderen Seite des Tisches ausdruckslos anstarrte. Aber was wollte er denn jetzt überhaupt? Wenn jemand gut genug war, dann doch George. Außerdem war er nur ein Jahr jünger als ich und ich fühlte mich wohl. Mit einem letzten trotzigen Blick in Richtung Sirius, drehte ich mich also wieder zu George: „Ich muss gleich raus und was für den Orden erledigen, aber was denkst du, wenn wir reden, wenn ihr wieder aus dem Krankenhaus da seid?" Der Zwilling nickte und drückte sanft meine Hand, die zwischen uns auf dem Tisch lag. Fred sah uns an und wackelte mit den Augenbrauen, was mich zum Lachen und George zum Erröten brachte. Gegenüber wurde geräuschvoll der Stuhl nach hinten geschoben. Alle sahen den grimmig dreinschauenden Sirius an. „Sorry, ich habe keinen Hunger mehr", erklärte er hastig und verließ ohne einen weiteren Blick über die Schulter den Raum. Verwirrt sahen alle ihm nach, aber dann fingen schnell wieder die kleinen Gespräche an und bald war der abrupte Abgang schon wieder vergessen. Auch die Zwillinge unterhielten sich wieder normal und alberten herum. Ich wollte mit herumalbern, aber irgendwie war ich jetzt nicht mehr so ganz bei der Sache. Es war eine Erleichterung, als das Frühstück vorbei war. Ich verabschiedete mich kurz und ging dann meinem Auftrag nach. Da ich überraschend früh fertig war, entschied ich mich meinen alten Freunden einen Besuch abzustatten. Ich brauchte eine unabhängige Meinung, die außerhalb dieses Chaos mir mit Rat zur Seite stehen konnte.


A Story of sunlight through cloudsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt