Ich höre Stimmen von unten und begebe mich langsam die Treppe herunter. Unbemerkt bleibe ich auf der Mitte der Treppe stehen. Dort unten steht tatsächlich Alpha Sullivan, mit seiner Frau. Die drei Jahre haben sie nicht groß verändert. Ein paar graue Strähnen sind dazugekommen, doch der Rest ist gleich.
Umso erschreckender ist der Anblick meiner eigenen Familie. Von meinem Vater ist nur ein Schatten seiner Selbst geblieben und mein Bruder hat eine finstere, verschlossene Miene aufgesetzt. Zögernd wandert mein Blick zu der letzten Person.
Ames ist, falls das überhaupt möglich ist, noch heißer geworden. Breite Schultern spannen sich unter dem weißen Hemd und das dunkle Haar fällt ihm in die Stirn. Sein Gesicht ist geprägt von markanten Kieferknochen und stechenden, dunkelblauen Augen.
Er ist sehr groß, bestimmt um die eins neunzig und ich mit meinen eins siebenundsiebzig fühle mich jetzt schon klein. Ames scheint sich nicht wirklich unter Kontrolle zu haben. Unruhig schaut er sich um und schnuppert ständig. Wahrscheinlich riecht mich sein innerer Wolf und deswegen ist er so unruhig. Dicht an ihn geschmiegt befindet sich eine blonde Schönheit.
Dunkelgoldene Locken fallen über ihren Rücken und hübsche, braune Augen werden von dichten Wimpern umrahmt. Sie scheint Ames Unruhe zu spüren und schmiegt sich noch näher an ihn. Alle scheinen sich begrüßt zu haben und kurze Stille tritt ein. Natürlich nutze ich Idiotin genau diesen Moment, um mich eine Stufe zurückzuziehen.
Es knarzt und sofort liegt die gesamte Aufmerksamkeit bei mir. Ich versuche nicht Ames anzuschauen, als ich betont gelassen die Stufen herabsteige. Die Werwölfe meines alten Rudels öffnen leicht die Münder, um meinen Geruch aufzunehmen und erstarren. Wir Werwölfe haben einen sehr ausgeprägten Geruchssinn. Jeder von uns hat, bis er markiert wird, einen eigenen Geruch, welcher sich nicht verändert. So erkennen wir einander trotz Dunkelheit oder anderen Umständen.
Mein altes Rudel erkennt mich also vom Geruch, aber nicht vom Aussehen. Erhobenen Hauptes stolziere ich los. Meine Schritte hallen auf dem spiegelnden Marmor, als ich mich nähere. Neben Ryder bleibe ich stehen und verschränke die Arme vor der Brust. Selbstbewusst blicke ich meinem ehemaligen Rudelmitglieder an. „Es ist lange her." Meine Stimme ist trügerisch sanft und ich sehe, wie Ames an sich halten muss, um nicht direkt auf mich zuzustürzen.
Aber schließlich soll ja niemand wissen, dass sein geliebtes kleines Mobbingopfer in Wirklichkeit seine Mate ist. Nur Ames neue Freundin kennt mich nicht. Um die Atmosphäre zu entspannen, streckt sie mir freundlich ihre Hand hin. „Hi, ich bin Chiara. Freut mich dich kennenzulernen." Sagt sie euphorisch, doch ihre Miene bekommt Risse, als ich keine Anstalten mache ihre Hand zu ergreifen. Ich wende mich an Ryder, welcher mich mitfühlend anblickt. „Brauchst du mich für irgendetwas, Bruderherz?" Frage ich mit süßer Stimme.
Im Augenwinkel sehe ich genau, wie mein richtiger Bruder zusammenzuckt. Tja, Willam. Da hat jemand einen neuen Bruder gefunden, denke ich mir belustigt. Ryder schüttelt leicht den Kopf und ich trete zwischen den Anderen hindurch in die Küche. Ich öffne den Kühlschrank, doch dort stoße ich bloß auf gähnende Leere. ich seufze und streiche mir eine Strähne aus dem Gesicht. Was habe ich auch anderes erwartet?
Ich höre wie die anderen sich in das Wohnzimmer zurückziehen, doch ich mag mich nicht zu ihnen gesellen. Stattdessen sollte ich lieber Einkaufen. Ich sprinte die Treppe hoch und hebe meine Axt aus ihrem Regal. Liebevoll fahren meine Finger über die Schneide, welche mir schon so lange tre zur Seite steht. Ich laufe zurück und stürzte mich über das Geländer der Treppe.
Elegant komme ich unten auf und schlendere in das Wohnzimmer. „Ich gehe einkaufen." Gebe ich Ryder Bescheid und stütze meine Axt auf seinem Sessel ab. Er blickt zu mir auf und nickt. „Brauchst du Unterstützung?" Fragt er mich und ich lache kurz und kalt auf. „Nein Danke. Lasst unseren verehrten Gästen zeigen, was Gastfreundschaft ist." Mit eiserner Miene blicke ich auf die Werwölfe. Ames Freundin scheint sich nicht wirklich wohl zu fühlen und ihr Blick fliegt zwischen mir und Ames hin und her. Doch es ist der Beta, welcher meine Aufmerksammkeit auf sich zieht.
DU LIEST GERADE
Karma kommt
WerewolfAls die junge Werwölfin und beliebtes Mobbingopfer Alecta von ihrem Mate abgelehnt wird, verschwindet sie aus dem Rudel. Einige Zeit irrt sie alleine durch die Gegend, ehe sie auf ein neues Rudel trifft, in welchem sie aufgenommen und ausgebildet wi...