Körperlich und Geistig erschöpft schleppe ich mich die Einfahrt hoch und schließe die Haustür auf. „Hallo?" Rufe ich, doch nur meine eigene Stimme hallt aus dem dunklen Haus wider. In Gedanken versunken streife ich mir meine nassen Schuhe ab und entledige mich meiner Jacke.
Achtlos werfe ich sie über den Harken, ehe ich in die Küche schlendere und einen Topf Milch aufsetzte. Während die Milch langsam erwärmt ziehe ich mir meine nassen Sachen aus und tausche sie gegen eine bequeme Jogginghose und einen dunkelrote Hoodie.
Dann gieße ich mir die heiße Milch in eine große Tasse und füge einen großen Löffel Honig hinzu. Mit dem wärmenden Getränk in den Händen schlendere ich in das Wohnzimmer und lasse mich auf der Couch nieder.
Unter einem Kissen finde ich die Fernbedienung und mache wahllos einen Kanal an. Ich will einfach nur diese Stille aus diesem Haus haben. Seufzend blicke ich aus dem Fenster. Es hat aufgehört zu regnen, doch noch immer rinnen Tropfen die Fensterscheibe herunter.
Trist und grau liegt die Welt auf der anderen Seite und gelangweilt trinke ich einen Schluck aus meiner Tasse. Mein Blick wandert zu dem flimmerndem Bildschirm, wo irgendeine Frau im Brautkleid gerade in Tränen ausbricht.
Seufzend schüttle ich den Kopf. Wieso tun wir das eigentlich? Egal ob Männer oder Frauen, Werwölfe, Vampire oder Hexen, ständig verletzten wir die Personen, welche uns am wichtigsten sind. Brechen die Herzen wildfremder Personen, nur weil es uns gerade in den Kram passt. Abgesehen von den Vampiren vielleicht.
Die elendigen Blutsauger sind nicht wirklich in der Lage, Empfindungen zu spüren. Meine Gedanken kreisen weiter zur Arthur. Vor etwa zwei Jahren, tauchte er im Revier des Thompson-Rudel auf. Ich war zu dem Zeitpunkt eine fast vollausgebildete Wächterin und meine Immunität gegen Vampiren half mir zusätzlich, die Blutsauger aus unserem Revier zu entfernen.
Allerdings hatte Arthur seinen Spaß mit mir. Ich war jung und neu in der Rolle als Wächterin und damit ein perfektes Opfer für Arthur und seine Psychospielchen. Letztendlich musste der Vampirfürst jedoch mit seinen wenigen, übriggeblieben Gefolgsleuten unser Territorium verlassen, auch wenn wenn mich beinahe getötet hätte, als seine Lanze nur knapp mein Herz verfehlte.
Jetzt ist Arthur wieder da. Spöttisch und überheblich wie eh und je. Schon oft habe ich mich gefragt, warum Arthur mich am Leben gelassen hat. Damals, als er die Lanze nach mir gestoßen hat, wollte er mich töten. Doch das hat er nicht geschafft und seitdem bin ich in seinen Augen seine, vom Schicksal oder sonst was hervorbestimmte, Gegenspielerin.
Er wird mich erst töten, wenn ich alles verloren habe, was mir wichtig ist. Bei dieser Erkenntnis überrollt mich eine Welle der Unruhe und eilig stelle ich meine fast leere Tasse ab. Schnell eile ich die die Empfangshall und springe gekonnt in das obere Stockwerk. Eilig betrete ich mein Zimmer und öffne meinen Waffenschrank.
Auf eine skurrile Art grausig schön blitzen mir die verschiedenen Klingen entgegen. Ehrfurchtsvoll streiche ich über die scharfen Schneiden, ehe ich einen unscheinbaren Knopf an der Seite drücke. Mit einem leisen surren schiebt sich die Wand zur Seite und gibt den Blick auf einen kleinen, dunklen Raum frei.
Noch einmal lausche ich, doch nur der Fernseher läuft noch immer leise im Wohnzimmer. Ich trete in den kleinen Raum und betätige den Lichtschalter. Die flache Lampe an der Decke spendet etwas gelbliches Licht. Im Raum stehen nur ein Regal und eine schwer aussehende Truhe. Im Regal stehen verschiedene Glasflaschen mit Flüssigkeiten.
Gifte und Gegengifte, welche im Laufe der Zeit vom Orden der Wächter entdeckt und gesammelt wurden. Doch es ist die Truhe, welche meine Aufmerksam auf sich zieht. Sanft streichen meine Finger über das stabile Holz, ehe sie sich um den metallenen Griff schließen. Mit einem Ruck wuchte ich den scheren Deckel auf.

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Karma kommt
Kurt AdamAls die junge Werwölfin und beliebtes Mobbingopfer Alecta von ihrem Mate abgelehnt wird, verschwindet sie aus dem Rudel. Einige Zeit irrt sie alleine durch die Gegend, ehe sie auf ein neues Rudel trifft, in welchem sie aufgenommen und ausgebildet wi...