Karma kommt

Kapitel 6.

Erschöpftschließe ich die Tür zu unserer Villa auf. Dieser Schultag hat mir gefühltjeden Nerv geraubt. Die Blicke und das leise Geflüster machen mich ganz kirre.Ich poltere die Treppe hoch und schmeiße meine Tasche aufs Bett ich setzte michan meinen Schreibtisch und fange an meine Hausaufgaben zu machen. Konzentriertlöse ich meine Chemie aufgaben, als es zaghaft an der Tür klopft. Ich knurreleise auf, doch die Person lässt sich nicht verscheuchen. Im Gegenteil. Die Türschwingt auf und Ryder kommt herein. 

Er legt von hinten seine Hände auf meineSchultern und haucht mir einen Kuss auf den Scheitel. „Wie geht es dir?" fragter sanft und erschöpft sinke ich gegen seine starke Brust. „Wie soll es mirschon groß gehen? Du kennst doch meine Geschichte." Erwidere ich.

Als Antwort hebt mein Bruder mich vorsichtig hoch und trägt mich aus dem Zimmer. Er trägtmich ins Wohnzimmer und lässt sich mit mir auf dem Sofa nieder. Fest schlingt erseine Arme um mich und ich atme seinen vertrauten Geruch ein. 

Wir haben lange nicht mehr so entspannt gekuschelt. „Ich weiß, dass du das eigentlich nichthören willst, aber bitte höre mir einfach zu." Haucht er mir ins Ohr und ichnicke misstrauisch. „Bitte, gib Ames noch eine Chance. 

Er bereut sein Handeln von damals und vermisst seine Mate, seine Luna. Dich." Augenblicklich spanne ich mich an. „Nein." Sage ich hart. Ryder will gerade widersprechen, als ich ihm eine Hand auf seinen Mund lege. „Nein, ich will nichts mehr hören. Damals,als ich noch fett und hässlich war, wollte er mich nicht. Jetzt, wo ichsportlich und hübsch bin, möchte er mich wiederhaben? Was glaubt er denn, wiedas auf mich wirkt? Mein Charakter ist fast derselbe, aber der hat ihn damalsnicht interessiert." Knurre ich meinen Bruder an und löse mich aus seinen Armen. 

Rasend schnell bin ich zurück in meinem Zimmer und tausche meine Lederhosegegen eine kurze Sporthose. Dazu ziehe ich ein türkises, enges Top an. An meineOberschenkel kommen meine Dolche und ich schnüre mir fest meine Sportschuhe an.Aus der Küche hole ich mir eine Flasche Wasser und verlasse ohne ein Wort dieVilla. 

Mir reicht es, dass jeder der Meinung ist, mir Ratschläge geben zumüssen. Keiner von ihnen musst das durchmachen, was ich durchgemacht habe undkeiner von ihnen versteht, wie sehr ich gelitten habe. Meine Füße trommelnleise auf den Asphalt, als ich die Straße verlasse und mich in Richtung Waldbewege. Immer schneller sprinte ich, um so viel Abstand wie möglich zwischenmich und die anderen zu bringen. 

Der Wald rauscht als verschwommener Schatten an mir vorbei, als ich mich einfach Querfeldein durchschlage. Irgendwann bleibeich keuchend stehen. Ich atme tief ein und trinke einen Schluck aus meiner Flasche. Ich nehme mir einen Augenblick, um mich umzuschauen. Erst jetzt fälltmir auf, dass meine Füße mich automatisch zu meinem alten Rudel getragen haben.

Nicht weit von mir entdecke ich den Zaun, welcher das Packhaus umgibt. Kurz zögere ich, ehe ich Anlauf nehme und über den Zaun springe. Elegant lande ich und schleiche zwischen den Bäumen hindurch. Das Rudelhaus erscheint undverdeckt zwischen den Bäumen bleibe ich stehen. Es herrscht ein reges Treiben,Menschen und Wölfe eilen umher und es herrscht eine entspannte Atmosphäre. 

Ich lehne mich gegen den Stamm einer dickenEiche und betrachte das Rudel. Sie wirken so normal. So friedlich. Die Tür zumPackhaus öffnet sich und Ames kommt heraus. Dicht hinter ihm folgen mein Bruderund vier weitere, ihrer kleinen Gang. Sie alle haben mir damals das Leben zurHölle gemacht. Ich beobachte, wie Ames ein kleines Mädchen vom Boden aufhebt,welches hingefallen ist. 

Liebevoll spricht er mit ihr, bis sie aufhört zuweinen und zu ihren Freundinnen springt. Motorengeräusche ertönen, als ein Geländewagen,dicht gefolgt von unserem Bus auftaucht. Ryder und Amelia steigen aus undwerden freundlich von den Sullivans begrüßt.