Kapitel 18.

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Versunken Blicke ich in Ames blauen Augen, als das Öffnen der Tür uns auseinanderreißt. Schnell rutsche ich von seinem Schoß und bringe einen gewissen Abstand zwischen uns, als auch schon die Luna des Sullivan-Rudel in der Tür erscheint und sich fassungslos umblickt. 

„Was ist denn hier passiert?" Fragt sie fassungslos und lässt ihren Blick über den zerbrochenen Tisch und den zerfetzten Teppich gleiten. Auch ich nehme erst jetzt das Zimmer genauer in Augenschein und entdecke überall die Spuren der Verwüstung, welcher der Kampf mit meinem Mate hinterlassen hat. 

Ein zerbrochene Tisch, tiefe Krallenspuren im Teppich und auch eine ehemals hübsche Vase hat ihr abruptes Ende auf dem Holzboden gefunden, wo sie in Einzelteilen zersprungen ist. Verlegen räusperte Ames sich und kratzt sich im Nacken. 

Selbst diese unscheinbare Geste lässt mein Herz höherschlagen und am liebsten würde ich ihm die verschwitzen Haarsträhnen aus dem Gesicht streichen. Bei diesem Gedanken verknote ich eilig meine Finger, damit sie nichts ohne mein zu tun machen. „Vergesst es, ich will es gar nicht wissen. Alecta, warum bist du hier? Willst du deine Mutter besuchen? Sie ist zu Hause, wenn du sie sehen willst." Erzählt die Luna ungerührt und beginnt die Scherben einzusammeln. 

Mein Herz setzt einen Schlag aus, ehe es unregelmäßig weiter schlägt. Will ich wirklich auf sie treffen? Unbewusst wandert Meine Hand zu der brandnarbe an meiner Brust. „Nein Danke, ich mache mich auf den Weg nach Hause." Lehne ich ab und Verlass eilig das Zimmer, wobei ich es vermeide in diese stürmischen Augen zu blicken. 

Der Regen hat sich ein wenig gelegt, doch noch immer fallen kleine Tropfen vom Himmel. Schnell ziehe ich mich in den Wald zurück, um der Kälte wenigstens ein wenig zu entkommen. Doch kurz vor dem Tor halte ich inne. Vielleicht sollte ich wirklich meine Mutter besuchen. Kurz entschlossen drehe ich mich um. 

Meine Füße finden wie von alleine ihren weg zu dem haus zurück, in welchem ich aufgewachsen bin. Im Schutz des Waldes bleibe ich stehen und blicke auf das Gebäude. Bedrohlich erhebt es sich vor mir, scheint aus den Schattend es Waldes herauszuwachsen. Energisch schüttle ich den Kopf. Das ist nur ein Haus. Ein ganz normales Haus, sage ich mir immer wieder, doch ich traue mich nicht weiter zu gehen. 

In diesem Haus ist so viel geschehen. Ich bin dort aufgewachsen und das sollte eigentlich Freude in mir auslösen. Ich sollte glücklich sein, durch die Tür zu gehen und in Erinnerungen zu schweben. Ich sollte von meiner Familie begrüßt werden, sie umarmen und lachend von meinem Tag erzählen. 

Doch stattdessen stehe ich hier draußen im Regen und zögere. Alles in mir sträubt sich, zu diesem Haus zu gehen. Denn es sind keine glücklichen Erinnerungen, in welchen ich schweben würde. Meine Vergangenheit würde mich einfach einholen, sich auf mich stürzen und mich überrollen. Ich habe so viel erlitten. Mich haben so viele Personen verletzt, dass es ein Wunder ist, dass ich noch hier stehe. 

Ich weiß nicht wie lange ich im regen stehe. Ich weiß nicht, wann ich den Entschluss gefasst habe, oder was den Impuls ausgelöst hat. Ich weiß nur, dass meine Füße auf das Gebäude zu gegangen sind, dessen Schatten mit jedem Schritt größer wurden. Nun stehe ich vor der Tür. Zitternd strecke ich meine Hände aus, verharre jedoch kurz vor dem Holz. 

„Es ist nur eine Tür." Nur als Hauch kommen die Worte über meine Lippen, ehe meine Haut das Holz streicht. Entschlossen drücke ich die Tür auf. Mit einem leisen Quietschen schwingt sie auf und gibt den Blick auf den leeren, dunklen Flur frei. Bevor ich es mir anders überlege, trete ich ein. Meine Schuhe geben fast kein Geräusch von sich, als ich auf den weichen Teppich trete. Der vertraute Geruch schlägt mir entgegen. 

Mein Rudel, meine Familie. Entschlossen trete ich den Flur herunter, welcher im Wohnzimmer endet. Verlassen liegt es vor mir und doch ist es unverändert. Zumindest fast. Im Kamin brennt kein Feuer. Zaghaft nähere ich mich dem riesigen Ungetüm und sinke davor auf die Kniee. Wie in Trance strecke ich meine Hand aus und ergreife etwas Asche. 

Karma kommtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt