Kapitel 14.

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Mit Wucht werfe ich die Tür hinter mir zu und eile die Treppen in mein Zimmer hoch. In mir wütet ein Sturm der verschiedensten Emotionen. Wut, Trauer, Verzweiflung. Ich spüre den Schmerz, welcher von meiner Wölfin ausgeht. Wimmernd schmiegt sich ihr Geist an meinen, auf der Suche nach Wärme und Schutz. Ich schließe meine Zimmertür hinter mir und setzte mich an meinen Schreibtisch. Starr blicke ich vor mich hin und hänge meinen Gedanken hinterher. Erschöpft schließe ich meine Augen und lege meinen Kopf auf die Tischplatte. Warum ist das Leben ständig so kompliziert? Nie hat man seine Ruhe. 

Ein Seufzer entflieht meinen Lippen und unwillig richte ich mich auf. Ich sollte duschen gehen, um das Blut und den Schweiß abzubekommen. Gedankenverloren ergreife ich ein Handtuch und betrete das Badezimmer. Schon prasselt das warme Wasser auf mich nieder. Ich hebe mein Gesicht und spüre die heißen Tropfen auf meiner Haut. Wasserdampf steigt auf und schimmert leicht im Licht der Lampe. Meine Gedanken wandern wieder zu Ryder und was er gesagt hat. Nach dem ich mich ihnen gestern stückweit geöffnet habe, verlangt er wirklich von mir, meinem Mate zu verzeihen? Wut kocht in mir hoch und zornig stütze ich mich an der Wand ab. Das Wasser rinnt an meinem Körper herunter und tropft auf den weißen Boden der Dusche. Ich entdecke etwas Blut zwischen meinen Füßen und wische mir über den Kiefer. Ryder hat mich stärker getroffen als gedacht. Meine Hände stützen sich wieder gegen die Wand und gebeugt starre ich auf die kalten Fliesen. Ich war bereit gewesen, Ames zu verzeihen. Ich war in dem Moment bereit, als wir uns als Mates erkannten. Doch dann macht er mit seiner Ablehnung alles zunichte. Er als zukünftiger Alpha war sowieso verzogen und hat immer nach Lust und Laune gelebt. Da kam jemand wie ich ihm gerade richtig, um etwas Dampf abzulassen. Das habe ich irgendwo verstehen, sogar nachvollziehen können. Doch das er mich als seine Mate abgelehnt hat, kann ich nicht einfach so vergessen. 

Die Seelenverbindung ist etwas Einzigartiges, kostbares. Sie wurde uns von der Mondgöttin geschenkt, um unseren Wölfen den Halt zu geben, den sie brauchen. Wölfe sind Rudeltiere. Sie brauchen die liebevolle Nähe zu ihresgleichen. Eine Nähe, die wir Menschen als solche nicht nachvollziehen können. Ein Wolf ohne Rudel beginnt seinen Verstand zu verlieren und wird verrückt. Wir nenne sie Geifer oder Verwilderte, weil ihre tierischen Instinkte die Überhand gewonnen haben und jegliche Menschlichkeit aus ihnen verschwindet. Um zu verhindern, dass Rudel auseinanderbrechen, wurde uns von unserer Göttin ein besonderes Geschenk gemacht. Sie schenkte uns einen Seelenverwandten, einen Mate. Jemanden, welcher die eigene Seele vollkommen macht. Ein jeder Wolf, egal welchen Ranges, hat einen Mate. Sobald man sich erkennt, soll die Liebe zueinander unbeschreiblich sein. Im Schritt der Markierung, verschmelzen die beiden Seelen der Partner. Sie sind in der Lage, durch Gedanken zu kommunizieren und können auch die Emotionen des anderen spüren. Sollte einer der Mates verletzt sein, so spürt der Partner diese Verletzung wie seine eigene. So harmonieren die Mates als Paar. Sollte jedoch ein Mate sterben und ist die Markierung bereits vollzogen, so stirbt der andere ebenfalls. 

Zitternd fahren meine Hände zu meinen Haaren, welche durch das Wasser beinahe schwarz wirken. Ich starre einfach auf die Strähnen in meinen Händen. Das Wasser prasselt weiterhin auf meine Schultern und langsam lösen sich meine verspannten Muskeln. Ich hätte Ames verziehen, hätte er mich nicht auch noch als seine Mate abgelehnt. Wir können uns nicht aussuchen, wen wir als Seelengefährten bekommen. Dies bestimmt unsere Mondgöttin, welche uns auch dieses Geschenk erbracht hat. Dennoch hat Ames mich abgelehnt. Er behauptet jetzt vielleicht, dass er damals nicht wusste, was er tat, dennoch kann ich nicht einfach darüber hinwegsehen. Seine Worte haben einen schwarzen Fleck in meiner Seele hinterlassen und mir mehr schmerzen hinzugefügt, als irgendwelche Schläge und Tritte. 

Seufzend lasse ich meine Strähne fallen und stelle wiederwillig das Wasser ab. Das kleine Badzimmer ist voll mit Wasserdampf, als ich die Dusche verlasse. Ich ergreife mein Handtuch und hülle mich in den weichen Stoff. Mit nassen Füssen betrete ich mein Zimmer, wo ich mir Unterwäsche und eine graue Jogginghose mit blauem T-Shirt anziehe. Ein Blick nach draußen zeigt mir den prasselnden Regen. Unter dem Wind beugen sich die Bäume und missmutig trete ich an das Fenster. Es grollt in der Ferne und ein blitz zuckt am Horizont auf. Fröstelnd ziehe ich die Schultern hoch, ehe ich mir einen weichen Pullover überstreife. Dann sinke ich auf mein Bett nieder und starre an die Decke. Ich kann nicht nach draußen, dafür ist es mir zu kalt. Ich kann nicht nach unten trainieren, da sind die Anderen. 

Karma kommtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt