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Russland stand im Badezimmer und positionierte umständlich seinen Körper vor dem kleinen Wandspiegel, um herauszufinden in welcher Position der Lichteinfall am Besten auf sein Gesicht fiel. Nachdem er einigermaßen zufrieden mit der Beleuchtung war, drehte er sein Gesicht vor der verspiegelten Fläche hin und her. Von jeder Seite betrachtete er expliziert die Stelle auf seiner Stirn, an welcher er sich vor gut über zwei Wochen die Platzwunde zu Hause, im Anwesen, zugezogen hatte. Die Stelle war schon länger verheilt, sicherlich, aber seine Haut hatte dort eine eigenartige Färbung angenommen. Er konnte es sich nicht erklären. 

Er tippte vorsichtig mit seinem Zeigefinger auf eben diese Stelle. Ironischerweise lag sie genau in Höhe des prägnanten Wiedererkennungssymbols seiner Zugehörigkeit. Hammer und Sichel.


Pigmentstörung, so hatte der Arzt es bezeichnet.


Russland betrachtete gebannt den hellen, weißen Fleck auf seiner Stirn. Er war sich sicher, dass es sich vergrößert hatte. Bei seinen Brüdern hingegen stachen Hammer und Sichel nach wie vor  strahlend auf deren Haut empor. Doch die weiße Pigmentstörung verminderte seinen eigenen Kontrast und drohte seine Symbolik zu verschlucken. Er schloss seine Augen und fuhr erneut mit seinem Finger über die Stelle. Es fühlte sich ganz normal an, als wäre nie etwas passiert. Er konnte weder eine Narbe, noch eine winzig kleine Unebenheit fühlen, so gut war seine Wunde verheilt.

Pigmentstörung.

Mit einem tiefen Zug atmete er aus. Der Spiegel beschlug kurzfristig an dieser Stelle.

Turkmenistan hatte sich einen Spaß draus gemacht und ihn die letzten Tage "Schimmelkopf" genannt, als er das helle Mal für sich bemerkt hatte. Und Kasachstan hatte nur doof dabei gegrinst. Genervt öffnete Russland die Badezimmertür und trat auf den Flur. Wenn dieser dämliche Fleck sich noch weiter ausbreiten würde, würde Turkmenistan nicht mehr aufhören zu lachen. Russland knurrte in sich hinein.

Seine Laune sank rapide weiter nach unten als daran denken musste, dass er sich zusammen mit seinen Brüdern in wenigen Stunden mit Amerika treffen würde.


~


Deutschland erwachte mit dröhnenden Schmerzen. Sein Mund war trocken und seine Zunge klebte störrisch an seinem Gaumen. Ächzend richtete er sich auf und hielt sich seinen Kopf. Es fühlte sich an als würde ergleich explodieren.

"Nhgh..."

Seine Zunge löste sich langsam von seinem Gaumen und Deutschland versuchte seine Speichelproduktion anzuregen, indem er einen kleinen Hemdknopf von seinem Oberteil abriss und sich diesen in den Mund stecke. Er lutschte den Knopf wie ein Bonbon. Schnell griff er mit seinen Händen erneut zu seinem Kopf als ihm der hämmernde Schmerz wieder überkam. Still versuchte er sich auf seine Atmung zu konzentrieren und er fing an leise, nur in seinen Gedanken, bis zehn zu zählen. 

Es benötigte sieben Anläufe, bis er den Schmerz einigermaßen ausblenden konnte. Vorsichtig blinzelte er zwischen seinen Fingern hindurch und versuchte, so gut es ging, durch seinen geschwollenen Augenlidern die Umgebung zu überblicken. Dabei fiel sein Blick als erstes auf seine Fußfessel.

Die Kette rasselte über den Boden als er seinen Fuß an sich heranzog.

Er inspizierte die Fessel.

Das kalte Eisen war dicht auf seiner Haut, direkt über seinem Sprungbein, angelegt worden. Sein Fußknöchel war bereits wund aufgescheuert. Er konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, dass er keine Schuhe trug und barfuß war. Deutschland versuchte das Eisen an der Stelle etwas zu bewegen, aber es war so eng angebracht, dass er das Gefühl hatte, er würde sich die Haut an der Stelle abreißen. Es war unmöglich den Fuß aus dem Eisen zu bekommen. Sein Blick wanderte die Kette entlang. Sie endete fast mittig des Kellers in einem massiven, aus Stahl oder Eisen geformten, Ring, welcher in dem Boden verankert war. Er rutsche über den Boden hin zu diesem Ring und nahm diesen in Augenschein. Er war übersät mit Kratzern und weiteren Abnutzungsspuren. Es ließ ihm den bitteren Entschluss geben, dass er nicht der Erste in diesem Keller war, der an dem Ring gekettet worden war. Ein kalter Schauer lief über seinen Rücken hinab.

Countryhumans | Astrantia (RusGer)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt