Ein Erfolg auf ganzer Linie

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Dass ich am Sonntag das erste Mal seit viel zu langer Zeit Zidane wieder springen durfte, freute mich nur halbwegs, da andere Dinge mich zu sehr belasteten. Levin hatte noch in der Nacht geschrieben, dass er mich sonntags um drei Uhr bei ihm in der Schmiede sehen wollte, sonst hätte er keine Zeit. Keine Begrüssung, kein liebe Grüsse. Und als ich den braunen Wallach gemütlich im Schritt über den Springplatz zockeln liess, machte Ludger mir und Martin, dessen Pferd überall Gespenster sah, mehr als klar, dass der Druck enorm steigen würde.

Bis Herford war es nun überhaupt nicht mehr lange. Das hiess, dass das Training mit Zidane heute ein Ausnahmefall bleiben würde, zumindest bis nach Herford. Ich würde mit Neige trainieren müssen, um mit ihr ein Team zu werden und so die besten Chancen beim Turnier zu haben.

Zidane hingegen musste wieder aufgebaut werden und konnte das nicht in der Zeitdauer schaffen, die erforderlich wäre. Bis Hagen wäre er vielleicht wieder fit. Ein kleiner Trost.

Ich versuchte mich damit abzulenken, dass der kleine Braune wieder in allen drei Gangarten rein lief und keine Anzeichen von Schmerzen mehr hatte, aber auch dort wurde meine Laune etwas getrübt. Zidane war bei Weitem nicht so gelassen wie Neige, das hatte ich gewusst, aber ich hätte ihn wesentlich ruhiger eingeschätzt, als er heute war. Vielleicht lag es am Wetter – es war eher kalt für Mai, dafür schien die Sonne – vielleicht war es einfach nur eine Laune. Aber ich hatte Mühe, nicht frustriert zu sein, als der Braune mehrmals beim Angaloppieren zu bocken begann. Nicht fest, nur leicht, dennoch.

„Nimm die Zügel etwas kürzer und treib ihn vorwärts, dann wird er das nicht mehr machen!", schlug Ludger vor, der neben einem L-Steilsprung stand. Campario schielte misstrauisch zu uns rüber und Martin schien auch verunsichert zu sein. Hatte er Angst, dass wir seinen Dunkelfuchs anstecken könnten?

Mit zusammengepressten Lippen fasste ich die Zügel kurz und nahm ein Bein nach hinten. Zidane grunzte, machte einen Satz nach vorne und wollte schon die Hinterhand nach oben werfen, doch ich schob ihn mit der Hüfte vorwärts. Das überraschte ihn so sehr, dass er es sich anders überlegte und normal, wenn auch etwas zu schnell, weitergaloppierte.

Ich musste meine Fersen mit aller Macht unten halten, damit ich nicht die Steigbügel verlor und wollte eigentlich in den leichten Sitz gehen, aber ich wusste, wenn ich das tat, dann war es nur eine Frage von Sekunden, bis ich mich auf dem Hals meines Pferdes wiederfand. Warum konnte er denn nicht einfach einen etwas weicheren Galopp haben?

„Kuck mal, ob du ihn über das gelbe Kreuz kriegst!", rief Ludger mir zu und deutete auf das Hindernis in der Mitte des Platzes. Es war Bestandteil eines ganzen Parcours, den ich mit Zidane allerdings nicht springen würde. Ich würde nur Martin und Campario dabei zusehen.

Konzentriert zupfte ich am linken Zügel und lenkte den braunen Wallach unter mir so auf die Mittellinie. Er bemerkte das Kreuz und zuckte mit den Ohren, ich spürte, wie er sich etwas verspannte. Es wäre das erste Mal, dass er seit seinem Sturz mit Sereina wieder sprang. Wie er reagieren würde, konnte ich nicht sagen.

Ich setzte mich tiefer in den Sattel, fixierte die gelben Stangen und legte meine Hände an den Widerrist des Pferdes. Wir kamen mit jedem Galoppsprung näher, und mit jedem Galoppsprung wurde Zidane auch verkrampfter. Nein, das wurde nichts.

Zwei Meter vor dem Stangenkreuz wendete das Warmblut scharf ab und sprang zur Seite. Ich verlor das Gleichgewicht, wollte mich noch am Hals des Pferdes festhalten, aber ich rutschte mit beiden Armen ab. Meine Beine verloren die Steigbügel und noch bevor ich es mir versah, landete ich mit den Füssen im Sand, in den Händen immer noch die Zügel.

Mit einem leisen Uff knickte ich ein, sank auf meinen Po und versuchte, den schielend zur Seite weichenden Zidane zum Anhalten zu bewegen. „Ho, Junge, ho!", beschwichtigte ich ihn und rappelte mich wieder auf. Erstaunlicherweise tat mir nichts weh, ich war nicht einmal erschrocken. Ich hatte es kommen sehen und es hätte schlimmer kommen können. Der braune Wallach schnaubte und schüttelte sich.

Keep Dreaming - Ich werde reitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt