Kapitel 19

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ruby's pov

Aclatis hielt meine linke Hand gedrückt.

Leicht erwiderte ich den Druck. Der Jugendliche schien zu schlafen, doch als er meine Berührung spürte, schoss sein Kopf in die Höhe und er starrte mich ungläubig an. ,,Ruby?" Seine Stimme klang weinerlich, irgendwie gebrochen. Schwach nickte ich. Es fühlte sich nicht gut an, schwach und kränklich zu wirken, aber bei Aclatis, meinem besten Freund, war das schon in Ordnung.

,,Dir geht es gut. Der Göttin sei dank!", rief er aus und umarmte mich stürmisch. Etwas überfordert schmiegte ich mich an ihn und zog seinen Geruch ein. Er roch nach Angst und Freude, aber auch nach Blut. ,,Geht es dir gut?" Besorgt musterte er mich mit Argusaugen. ,,J-Ja", krächzte ich.
,,Warte hier! Ich hole dir schnell ein Glas Wasser!", meinte er und schon war er verschwunden.

Wie sollte ich auch weglaufen? Ich fühlte mich ausgelaugt und kaputt umd hatte defintiv keine Kraft oder Energie mehr, um abzuhauen. Wohin denn auch? Ich wusste nichtmal wo ich war.
Was ist mit Jack? Ich muss Acla fragen, unbedingt. Ich muss wissen, was die Mondgöttin gemeint hat.

Wie aufs Stichwort, kam der Teenager hereingestürmt und lehnte ein Glas gegen meine Lippen. Gierig trank ich den Becher aus und als das Wasser meinen Mund befeuchtete und ich endlich wieder reden konnte, hustete ich und durchbohrte Aclatis mit unzähligen Fragen.

,,Wo sind wir? Wie geht es Jack? Wie geht es dir? Lebt er? Wo ist mein Rudel? Wie geht es Robin und Lucy? Was ist mit Lucian? Bin ich tot? Was ist passiert? Was wird passieren? Sind wir hier sicher?"

Aclatis lachte amüsiert und legte dann beruhigen seine Hände auf meine Arme. ,,Alles gut, Ruby. Jetzt geht es mir auf jedenfall besser, als vorher. Ich weiß, dass wir in Sicherheit sind und dein Rudel irgendwo hier ist, aber ich habe keine Ahnung, wo ,hier' ist", gestand der Junge.
Ich ging nicht darauf ein. Alles in mir schrie nur danach, zu wissen, wie es meinem Mate geht.
,,Jack. Was ist mit Jack?"

Aclatis seufzte und sah mich mitleidig an. Nein! Nein! Nein! Nein! Das konnte nichts gutes bedeuten. Er holte nochmal tief Luft, bevor er mir Jacks momentanen Zustand erklärte.
,,Es geht ihm, den Umständen entsprechend, gut. Er liegt im Koma und wir konnten ihn nur knapp retten. Der Verbreitungsprozess der Silberadern wurde durch eine silberen Träne von dir verlangsamt, aber nicht komplett gestoppt. Die anderen wollen mir nicht glauben, aber ich schwöre, sie war silbern!"

Entgeistert sah ich ihn an. Jack lebte! Aber lag im Koma, würde aber hoffentlich bald wieder aufwachen.
Doch dann entsann ich mich und nickte. ,,Ich weiß. Ein sehr großzügiges Geschenk der Mondgöttin. Ich werde ihr etwas opfern."

Aclatis sah mich kurz glücklich an, bis seine Mimik schlagartig wieder ernst wurde und er mich durchdringend anstarrte. ,,Da wäre noch etwas. . ."

Das klang ganz und gar nicht nach erfreulichen Neuigkeiten. Mein Grinsen erstarb ebenfalls und ich sah den ehemaligen Sklaven auffordernd an. ,,Was? Was ist? Bitte sag es mir, Aclatis!"

,,Wir wissen nicht, ob er jemals wieder aufwachen wird. . ."

Was? Nein. Das konnte nicht sein. Ich hatte doch gerade Hoffnung erlangt.

Ich starrte praktisch durch Aclatis hindurch. Wie als wäre er nicht da. Geistesabwesend entfernte ich Erdklumpen von unter meinen Fingernägeln, eine dumme und schlechte Angewohnheit von mir, während eine einzelne, verzweifelte Träne meine Wange hinabrann.

Plötzliche Angst um meinen Seelenverwandten überkam mich und ich sprang auf. Die Nadeln und was auch immer das alles ist, riss ich aus meinem Körper und stürmte in einem weißen Nachthemd aus dem Zimmer. Aclatis war wie erstarrt und folgte mir keinen Millimeter.

Auf dem Flur gab es nicht viele Türen. Um genau zu sein, drei. Meine Tür, eine Tür, die wohl als Eingang und Ausgang dieser Krankenstation fungierte und eine kotzgrün gestrichene Tür mit der Aufschrift Komapazient: Jack Shadow  circa fünf Schritte links von mir. Die Innschrift wirkte, als würde die Ärzte sie alle zwei Tage wechseln.

Zielstrebig ging ich auf die Tür zu und schob sie mit Schwung auf.

Der Raum war schneeweiß. Klinischweiß. Nur an der rechten Wand stand ein graues Bett. Darin lag eine mir nur allzu bekannte Person.

Jack.

Zögerlich ging ich auf den schlafenden Jungen zu. Er sah süß aus. Sein Mund war leicht geöffnet und seine Haare standen verstrubbelt in alle Richtungen ab. Er sah überhaupt nicht aus, als würde er im Koma liegen. ,,Hey, Jack", wisperte ich. ,,Du lebst und das ist jetzt das Wichtigste, ja? Kämpfe. Kämpfe dich wieder zurück in die unsere Welt. Die Welt, in der wir auf ewig zusammen bleiben können."

Ich beugte mich vor und gab meinem schlafenden Prinzen einen Kuss. Wenn der Rapunzel-Teil funktioniert hat, warum dann nicht auch der Donröschen-Part?

Alpha TwinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt