Kapitel 26

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• jacks pov •

Schon von weitem konnte ich den leblosen, schlaffen Körper des großen Jungen sehen. Er lag noch immer in der Mitte der Lichtung. ,Wo sollte er denn sonst liegen, wenn er tot ist?', meckerte Nero in meinem Kopf. Diesen besonders hilfreichen Kommentar blendete ich aus und lief langsam zu Aclatis.
Der Blutgeruch nistete sich in meiner Nase ein und mir wurde wieder schwindelig von dem vielen Blut, das eine große Blutlache um den Körper bildete. Eigentlich sollte mir davon nicht schlecht werden, aber er war soetwas wie ein Freund für mich gewesen.
Ich kniff meine roten Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und versuchte den Gestank auszublenden.

Vorsichtig riss ich Aclatis sein T-shirt vom Leib. Ich fühlte mich furchtbar schlecht eine Leiche zu bestehlen, aber ich hoffte, er verstand, warum ich das tat. ,,Es tut mir leid, Aclatis. Ich komme wieder, versprochen", flüsterte ich und trottete in Richtung Fluss wieder weg.
Wenn ich mein anderes Versprechen schon nicht halten konnte, dann wenigstens dieses.

Das Shirt hing lose in meinem leicht geöffneten Maul, als ich über den Waldboden jagte. Mehrmals wäre ich fast gegen einen Baum gelaufen, aber ich konnte immer rechtzeitig ausweichen.
So, wie ich es mir erhofft hatte, war ich nur zwanzig Minuten fortgewesen. Dennoch roch ich fremde und bekannte Werwölfe. Mein Rudel hat sie also tatsächlich gefunden! Erleichtert schnaufte ich.
Aber wer waren die Fremden? Feinde oder Mitglieder aus Rubys Rudel? Bitte, bitte Mondgöttin, mach, dass es Letzteres ist!, flehte ich gedanklich, aber es würde mir sowieso nicht mehr helfen.

Vor Sorge um meine Seelenverwandte wurden meine Schritte länger und ich erhöhte meine Geschwindigkeit.
Schon nach wenigen Minuten erreichte ich den Baum, an dem Ruby lehnte. Viele Werwölfe standen um sie herum und starrten sie einfach nur nichtstuend an. Idioten! Sie hat nichts an! Das werden die noch büßen müssen!
Ich knurrte so laut und dominant wie ich nur konnte, sodass alle Wölfe zusammenzuckten und mir, als sie mich erkannten, den Weg zu Ruby freigemacht haben.

Bei Ruby waren schon vier Menschen. Einen konnte ich als Grey, unsere Rudelärztin, erkennen, aber die anderen kannte ich nicht. Es waren ein junger und ein älterer Mann und eine ältere Frau. Der Junge sah Ruby erstaunlich ähnlich.
Der Mann und die Frau weinten und bettelten um Vergebung, obwohl ihre Ruby offensichtlich nicht antworten konnte.

Immer noch in Wolfsgestalt erreichte ich die Gruppe und gab Grey - obwohl sie es überhaupt nicht brauchte, weil sie Verbandszeug dabei hatte - das T-shirt von Aclatis. Sie sah mich kurz an, bedankte sich und machte sich dann wieder an die Arbeit, Rubys Wunde zu versorgen.

,,Alle weg! Wehe ihr starrt sie nochmal an, dann dreh ich euch den Hals um!", bellte ich und verscheuchte somit die starrenden Werwölfe. Mit eingezogenen Schwänzen und hengendem Kopf liefen sie in den Wald davon.
Da ich Grey vertraute, dass sie Ruby nichts schlechtes antun würde, fragte ich die drei anderen Werwölfe, ob wir reden könnten. Als sie alle zugestimmt hatten, liefen wir etwas abseits von Ruby und Grey, aber nur so weit, dass ich sie noch sehen und im Notfall eingreifen konnte, falls etwas geschehen sollte.

Ich verwandelte mich zurück und sah jedem der drei eindringlich in die Augen. ,,Wer seid ihr?", fragte ich. ,,Ich bin Robin Coleman und das sind meine ... und Rubys Eltern George und Linda", sagte der Junge in meinem Alter. ,,Also seid ihr Rubys Familie? Und du bist ihr Bruder?", schlussfolgerte ich und richtete die letzte Frage an den Jungen - Robin. Alle nickten mit hängenden Köpfen. ,,Und was macht ihr hier? Wie seid ihr hierher grkommen?"

,,Wir waren zusammen auf Jagd und dann haben wir Ruby gerochen und wir sind hierher gekommen. Als wir sie dann so alleine verblutend gesehen haben, wollten wir Hilfe holen und dann kam auch schon dein Rudel", erklärte der Mann - Rubys Vater. Robins Kopf schnellte in die Höhe und er funkelte mich wütend an.
,,Wieso hast du sie eigentlich alleine gelassen, du Idiot?!", rief er, ging auf mich zu und schubst mich, sodass ich einige Schritte nach hinten stolperte, mich aber schnell wieder fasste. ,,Ich wollte etwas holen, um ihre Wunde zu verbinden!", schoß ich zurück. ,,Aber du kannst sie doch nicht einfach alleine lassen! Sie hätte sterben können! Jemand könnte sie angreifen oder fressen! Oder was weiß ich!", schrie Robin mich an und gerade, als ich etwas erwidern wollte, unterbrach uns Rubys Mutter mit weinerlicher Stimme. ,,Hört auf damit. Das hilft Ruby jetzt auch nicht weiter."

Wir ließen voneinader ab und wechselten noch einige giftige Blicke. Sie hatte ja recht.

Ich drehte mich um und sah, wie Ruby gerade von Grey auf eine einfach gebaute Trage aus Ästen und Blättern gelegt wurde. Schnell eilte ich zu ihnen und die restlichen Familienmitglieder meiner Mate auch. Wir halfen Grey sie wieder in diese Krankenstation, aus der wir geflüchtet sind, zu bringen.
Wir machten einen großen Bogen um die Lichtung und mussten somit einen Umweg laufen.

Grey drehte sich zu mir um. ,,Bald wird es ihr besser gehen. Das weiß und verspreche ich." Sie lächelte mich schwach an. Hoffentlich hatte sie recht.

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