10| Richtig und Falsch.

109 14 3
                                    

Müde starrte ich die Leinwand an auf der gerade die Systemtheorie darstellte. Doch ich verstand nichts, nicht dass ich es wirklich versuchte.
Daher war ich überrascht als die anderen um mich herum aufsprangen und den Hörsaal verließen.
Schnell packte ich meine Sachen und erhob mich. Beinahe als letzte verließ ich den Raum und steuerte zu meinem Auto.
Ab heute konnte ich wieder in meine Wohnung und obwohl ich es mochte in einem Haus zu leben, wo tatsächlich noch jemand anderes war, mochte ich es endlich wieder meine Ruhe zu haben.
Es fühlte sich an als müsse ich immer irgendwie eine Rolle spielen und davon hatte ich die Nase voll.
Ich erreichte mein Auto und setzte mich hinein, dann startete ich den Motor. Oder versuchte es, denn er hustete nur kurz und blieb aus.
Fassungslos versuchte ich es nochmal. "Komm schon, Baby!" Betete ich, doch er hörte nicht auf mich und auch beim dritten Versuch blieb mein alter Opel aus.
Ich blickte auf die Uhr. Und nun? Mit schnellen Fingern hatte ich mein Telefon herausgenommen und Kathis Nummer gewählt, vielleicht war sie noch auf dem Campus?
"Hey." Meldete sie sich fröhlich. "Bist du noch auf dem Campus?" Fragte ich zögerlich und hörte wie auch sie zögerte. "Nein. Warum, was ist denn los?" Wollte sie wissen. Sie hatte es mir angehört, wie zerknirscht ich war.
"Mein Auto will nicht anspringen." Erklärte ich ihr, sie schwieg. "Soll ich dich abholen." Hakte sie nach, doch damit war mir auch nicht geholfen. Ich brauchte meinen Wagen. "Nein, Danke. Ich rufe erstmal einen Abschleppdienst an." Erklärte ich ihr und verabschiedete mich. Doch kurz bevor ich auflegen wollte hielt sie mich zurück. "Warte ich rufe Zuhause an. Vielleicht kann Papa dich zu uns schleppen. " sagte sie als hätte sie einen Wahnsinns Einfall gehabt. "Und dann?" Hakte ich nach und runzelte die Stirn. "Dann sehen wir weiter." Erklärte sie amüsiert. "Warte einfach kurz." Ich nickte, obwohl sie es nicht sehen konnte. Doch sie hätte meine verbale Zustimmung auch nicht mehr gehört, da sie schon aufgelegt hatte. Keine fünf Minuten später bekam ich eine Nachricht. Er kommt und guckt sich das an.
Erleichtert ließ ich mich in meinen Sitz fallen und schloss die Augen. Das würde jetzt eine gute halbe Stunde dauern.
Das ich allerdings nach vierzig Minuten durch ein Klopfen an meinem Fenster geweckt wurde, überraschte mich. Erschrocken blickte ich auf und sah Micha neben dem Wagen stehen. Er grinste. Ich stieg aus. "Na, Schlafmütze?" Ich wischte mir über die Augen. "Mach mal die Haube auf." Bat er mich und ich gehorchte sofort. Er hob sie an und stellte sie fest, dann steckte er den Kopf darunter. "Starte mal den Motor." Bat er mich. Ich tat es, doch wieder hustete er nur, blieb aber aus. Er runzelte die Stirn und verschwand wieder unter der Motorhaube.
"Marie?" Ich schreckte zusammen. "Was willst du?" Fragte ich Tobi der plötzlich an der geöffneten Autotür stand. "Brauchst du Hilfe?" Ich schnaubte. Doch er wirkte mehr als zerknautscht. Doch das war egal. Sein Gesicht verzierte noch immer ein Fleck, doch er begann schon zu verblassen.
"Wir kriegen das schon hin." Sagte Micha nun, der direkt neben ihm auftauchte. "Starte nochmal, Schatz." Ich blinzelte doch tat es ohne zögern. Er hustete wieder und plötzlich sprang er an. Freudig sprang ich auf und rannte an Tobi vorbei zu Micha. "Du hast es geschafft." 
Mit großen Augen sah ich ihn an, warf meine Arme um seinen Hals und drückte ihn an mich, blickte unter die Motorhaube und wieder zu Micha. Er legte seine Arme um mich und sah mir direkt in die Augen. Ich schluckte hörbar. Seine Augen waren unglaublich schön. Keiner von uns Lächelte. Es war einer dieser Momente und ich wusste, dass ich wollte das er mich küsste. Er beugte sich etwas vor, doch zögerte. Ich wollte nicht das er zögerte. Ich wollte das er mich küsste. Denn jedes Mal wenn er mich berührte, kribbelte meine Haut, mein Bauch und meine Gedanken verschwanden. Ich konnte mir nur vorstellen, wie es sich anfühlte, wenn er mich tatsächlich küsste. Doch Kathi schoss mir in den Kopf, also lenkte ich ab und sagte: "Du hast es echt geschafft." Er schnaubte belustigt und flüsterte leise. "Musst du so überrascht klingen? Ich habe Talente, weißt du?" Dabei wusste ich, er sprach nicht davon Autos zu reparieren.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Tobi mit eingezogenem Kopf abzog und Richtung Innenstadt davonschlenderte. Peinlich berührt löste ich mich von Micha. Er sah Tobi  nicht mal nach. Er sah nur mich an. So lange, dass ich fast glaubte, er würde mich doch noch küssen.
"Hast du Hunger?" Fragte er plötzlich und riss mich aus meinen Gedanken über Tobi. Ich wollte mit ihm nicht sprechen, doch vielleicht hätte ich ihm die Chance geben sollen sich zu entschuldigen. 
Micha blickte mich lange an, wartete auf meine Antwort. Ich hatte heute Morgen nur ein trockenes Toast gegessen, weil ich sonst zu spät gekommen wäre. Ich war am verhungern. "Einen Bärenhunger." Erklärte ich ihm und er grinste beinahe erleichtert. Dann schloss er die Motorhaube. Auf seinem schönen Gesicht lag dieses unglaubliche Lächeln. Ich verstand nicht, wie die Mädchen ihm nicht sofort verfallen konnten. Hatte er eigentlich eine Freundin? Ich hatte nie ein Mädchen bei ihm gesehen und Kathi hatte mir auch von keinem erzählt. 
Ich schloss die Autotür, als er seine Hand ausstreckte und darauf wartete das ich sie nahm. Zögerlich streckte ich meine Finger aus und legte sie in seine warme, starke Hand. Sofort schlossen sich seine Finger um meine, dann verschränkte er sie mit meinen und zog mich den Gehweg entlang. Schweigend gingen wir nebeneinanderher und mein Körper begann zu kribbeln. Wir gingen Händchen haltend durch die Stadt und obwohl es irgendwie falsch war, fühlte es sich doch so richtig an.
"Ich lade dich ein." Sagte er nach einer Weile leise aber bestimmt. "Ich kann mir selbst zu essen kaufen, danke. Vielleicht sollte ich dich einladen" Überlegte ich laut und sah ihn herausfordernd an. Er schüttelte nur den Kopf. "Du darfst mich einladen aber ich nicht dich? Was ist das nur mit der Emanzipation?" Er lachte leise und ich lächelte wieder. Wie ein dümmlicher Teenager. "Du hast mein Auto repariert. Also lade ich dich ein, als Dankeschön." Er schüttelte den Kopf, blieb stehen und drehte sich zu mir herum. "So läuft das nicht." Erklärte er bestimmt, ließ meine Hand aber nicht los. "Ach nein?" Hakte ich nach und er schüttelte den Kopf. "Nein. Ich will nicht mit dir was essen gehen, weil ich dir geholfen habe." Erklärte er und lächelte wieder, doch er wirkte irgendwie angespannt. "Also darf ich mich nicht bedanken?" Hakte ich nach und ich konnte sehen, dass in seinen Augen etwas aufblitzte. "Oh mir würden eine Menge Dinge einfallen, wie du dich bedanken könntest." Er grinste anzüglich. Fassungslos schnaubte ich. "Du bist ein richtiger Idiot." Es war ein Scherz, doch ich konnte nicht leugnen das mein Herz ein kleines bisschen flatterte. 
Ich wusste wir scherzten und ich liebte es. Ich musste nie aufpassen was ich sagte, anders als es bei Kathi der Fall war. Auch wenn ich sie liebte war sie in manchen Dingen etwas empfindlich und ich nicht gerade dafür bekannt, dass ich sehr einfühlsam war.
"Wie zum Beispiel?" Wollte ich ihn aus der Reserve locken, doch er ließ sich nicht  anmerken, dass ich ihn verunsicherte. Sachte beugte er sich vor. Mein Atem stockte. Ich sah ihn mit großen Augen nur an. Langsam ließ er meine Hand los und fuhr mit den Fingern über meinen Arm hinauf. Dann strich er meine Haare von der Schulter und kam noch etwas näher. 
Mein Herz hämmerte, meine Finger wurden feucht, mein Mund trocken. Das hier war falsch. Und doch war es so richtig. 

Will you be my SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt