33| Familie.

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Es war das erste mal seit einer Woche das ich aufgestanden war. Ich fühlte mich besser, was laut den Ärzten an den Medikamenten lag. Ich sollte Anstrengung vermeiden und strenge Diät halten, um meinen Magen zu schonen. 
Ich war allerdings bereit mich endlich etwas zu bewegen. Zu meinem Glück hatte ich ein Zimmer alleine, doch das ständige Alleinsein machte mich verrückt. Kathi und Jakob kamen zwar oft vorbei, doch sobald sie wieder weg waren begann ich zu denken. Und ich war wütend. Irgendwie war ich wütend. Denn Selbst Erika und Willi waren vorbei gekommen. Erika hatte sich so mütterlich um mich gekümmert, dass ich beinahe angefangen hatte zu weinen. Doch er war nicht gekommen. Kein einziges Mal. 
Ich öffnete die Tür und trat mit auf den Flur. Direkt neben meinem Zimmer war das Schwesternzimmer. Manchmal hörte ich sie durch die Wand reden, doch ich verstand nicht, was sie sagten. 
Doch ich blieb stehen, als ich seine Stimme hörte. Beinahe wäre ich vor Erleichterung zusammengesackt. "Ich wollte nur nachfragen wie es ihr geht." Sagte er gerade. Er stand mit dem Rücken zu mir und ich sog seinen Anblick in mich auf. Er trug seine Arbeitskleidung. Vorher hatte ich ihn nie in Arbeitsklamotten gesehen und jetzt wo ich es hatte, war ich froh, dass ich diesen Anblick nicht verpasst hatte. Er sah gut aus. Heiß. 
"Sie sollten zu ihr gehen. Sie freut sich sicher." Erklärte ihm die Schwester und traf damit absolut ins schwarze. "Ja. Sie würde sich darüber freuen." Sagte ich also und hielt mich an der Wand fest. Er wandte sich um. Kurz sah er mich an, bevor er einen Schritt auf mich zu machte. "Was machst du auf den Beinen? Du sollst dich nicht anstrengen." Sagte er wütend. Ohne zu zögern, griff er nach mir, hob mich hoch und brachte mich zurück in das kleine Krankenzimmer.
"Wie oft bist du schon hier gewesen?" Fragte ich, als er mich aufs Bett setzte und mir die Decke hochzog. "Ein paar Mal." Sagte er ausweichend. "Und warum bist du nicht rein gekommen?" Fragte ich weiter. Ich hatte die ganze Woche gehofft ihn zu sehen. Jedes Mal wenn die Tür aufgegangen war, wollte ich das er es war. 
"Weil..." Er brach ab und sah mich an. "Weil...?" Hakte ich nach. Doch er kratzte sich nur wieder am Hinterkopf und trat von mir weg. Er wandte sich ab und blickte an die Wand. "Ich musste wissen das es dir gut geht. Das heißt nicht, dass sich zwischen uns etwas geändert hat." Ich schluckte. Es hatte sich etwas geändert. Ich war verdammt nochmal schwanger. Von ihm. Wollte er das einfach ignorieren? 
"Es hat sich nichts zwischen uns geändert?" Hakte ich nach und er wandte sich um und nickte. "Genau." Seine Antwort machte mich wütend. Es hatte sich alles geändert. Ich wollte nicht das Kathi mich hasste, doch ich wollte auch nicht weiter so tun, als wäre das zwischen uns nie passiert und vor allem würde ich dem Würmchen nie den Papa vorenthalten. 
"Es hat sich alles geändert." Sagte ich wütend. "Es hat sich absolut alles geändert." Schrie ich förmlich. Überrascht riss er die Augen auf. "Du... du..." Wütend stotterte ich und steigerte mich so in meine Wut, dass ich beinahe erstickte, weil ich keine Luft bekam. Er kam auf mich zu, legte seine Hand auf meine Schulter und versuchte mich zu beruhigen. "Shhh." Sagte er, doch sein Versuch mich zu beruhigen machten mich noch wütender. "Shhh dich doch selber." Doch meine plötzliche Wut verrauchte, als  ich spürte, wie ich mich übergeben musste. Hektisch versuchte ich aus dem Bett zu kommen, doch ich war nicht schnell genug. 
Mein Körper zitterte und der Schmerz schoss durch mich hindurch. Tränen liefen über mein Gesicht und ich erbrach mich, bis ich fast ohnmächtig wurde. Doch obwohl ich dachte, wie eklig es war, das er sich vor mir ekeln würde. War er alles was ich sah. Er blickte mich an, hielt mich fest und drückte mich an sich. Hielt mich einfach fest und gab mir das Gefühl nicht alleine zu sein. Solange er hier war, würde es mir gut gehen. Alles würde gut werden. Ich hatte nichts zu befürchten. Solange er mich festhielt war alles gut. Solange er mich festhielt wäre ich nicht alleine. Solange bis er mich losließ und anderen Händen übergab. Doch mein Blick blieb so lange an ihm hängen, bis ich aus dem Raum heraus war und die schwärze mich einholte.
Es traf mich wie ein Schlag in dem Moment als ich ihn aus den Augen verlor. Und mit jeder Sekunde in der ich sein Gesicht vor Augen hatte, wurde ich mir klarer und sicherer. Denn alles was ich die ganze Zeit sah war sein Gesicht. Diese wunderschönen Augen, seine weichen Lippen, seine süßen Grübchen. Dieses Lächeln und diese Entschlossenheit. Diese Maske die er nur selten ablegte. Ich liebte diese Maske. Und ich liebte auch das hinter der Maske.
Denn er wollte nicht nur sich mit dieser Maske schützen. Er schützte auch Kathi und seine Eltern. Und er schützte auch mich. Denn egal was ich nicht über ihn wusste, ich wusste eins: er war nicht der Arsch der er manchmal vorgab zu sein. Er war nicht oberflächlich und er war nicht arrogant. Er war ängstlich, unsicher und viel zu gut für diese Welt. Und ich sah es in seinen Augen. Egal auf welche weise: er liebte mich. Ich gehörte zu seiner Familie. Er war besorgt um mich, für Kathi und für seine Eltern und auch für sich selbst. 
Und egal was er fühlte, ich musste ihm sagen was ich fühlte. Das ich Kathi liebte, aber ohne ihn nicht leben wollte, selbst wenn ich es konnte. Das ich wollte, dass das Würmchen einen Papa hatte. Das er dieser Papa war und das wir zusammen sein konnten. Denn dieses Kind wäre unser Kleber. Es verband uns und es verband mich mit Kathi. Ich verlor keinen von ihnen, denn wir waren eine Familie. Sie waren meine Familie. Genau wie es Jakob war. Ich hatte meine Familie verloren und das Glück wieder eine zu finden. 
Wir waren eine Familie und wir würden es immer sein. 

Will you be my SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt