Kapitel 1

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• N I C K •

"Ich kann das nicht mehr!"

Stirnrunzelnd sehe ich zu einem Tisch, an welchem ein Mädchen ihr Gesicht in ihre auf der Tischplatte verschränkten Arme vergraben hat. Ihre Tischnachbarin, wahrscheinlich eine Freundin, streicht ihr beruhigend über den Rücken.

"Mache dir keine Gedanken. Er wird sich schon noch melden. Ganz bestimmt."

Ach du heilige...

Kopfschüttelnd gehe ich weiter, vernehme aber, wie das verzweifelte Mädchen aufseufzt. "Was ist, wenn Dave eine andere hat?" "Spinnst du? Niemand könnte mit dir mithalten, Lydia!"

Das tut ja weh, sowas anzuhören. Wie mitleidserregend ist das denn gerade?

Ohne einen weiteren Gedanken an diese Mädchen zu verschwenden, verlasse ich die Cafeteria und krame mit meiner freien Hand nach meinem Smartphone. In der anderen Hand halte ich zwei Sandwiches für mich und Paige.

Wir wollten uns an unserem Lieblingsort treffen, unter der Buche, die relativ abseits des Schulhofes wächst. Dort sitzen wir gerne, lassen uns nicht von den anderen Mitschülern stören.

Meine Schwester und ich halten uns bewusst von allen anderen fern - besser gesagt schaffe ich eine Distanz zwischen ihnen und Paige. Es ist nicht so, dass ich es ihr nicht gönnen würde, Freunde zu haben. Ich wünsche es mir für sie sehr. Allerdings weiß ich, wie grausam die Leute an unserer Schule sein können. Kaum jemand würde das wundervolle Wesen hinter meiner Schwester würdigen.

Ich gehe über die Wiese, vertieft darin, eine Nachricht an sie zu schreiben, als ich gegen jemanden laufe. Bevor ich reagieren kann, werden mir die belegten Brote aus der Hand gerissen.

"Dankeschön, Nick!", quietscht meine Cousine vergnügt und klimpert mit ihren langen Wimpern. Augenverdrehend versuche ich, ihr das Sandwich wegzunehmen, sie weicht mir aber gekonnt aus und versteckt sich hinter einen Jungen.

Hinter Samuel Field.

Er gehört zu den Beliebtesten der Schule - attraktiv, herausragende Leistungen in der Schule, Footballstar.

Ein kompletter Idiot. Zumindest in meinen Augen.

"Was wollt ihr?", frage ich genervt, als ich unsanft von dem Dunkelhaarigen zurückgedrängt werde. Er hält das andere Sandwich in die Höhe. "Wenn du deine Schwester damit füttern willst, werden zwei sicherlich nicht reichen. Bei ihrem großen Appetit schlage ich einen Lastwagen vor-" "Halt deine Schnauze", zische ich und schubse ihn von mir.

Sichtlich unbeeindruckt wirft er mein Mittagessen auf die Wiese und tritt ein paar Male drauf. "Siehe es nicht zu eng. Schau doch, das ist viel zu viel Grünzeug für unser Pummelch..." Meine Faust schnellt nach vorne und trifft ihn mitten ins Gesicht. "Pass auf, was du sagst!"

"Spinnst du, Nick?", ruft Thea erschrocken aus und lässt nun auch das Sandwich für Paige fallen, um nach Sam zu sehen, der sich an die blutende Nase fasst. "Was sollte das denn?"

"Wenn ihr jemanden klein machen müsst, um euch stark zu fühlen, dann seid ihr echt schwach!", entgegne ich harsch, woraufhin sie mir einen verbitterten Blick zuwirft.

Das ignorierend dränge ich mich an den beiden vorbei, stehe dann aber vor dessen Freunden Gil und Adrian, die das Affentheater komplett machen.

"Müsst ihr nicht irgendwelchen kleinen Kindern das Taschengeld abziehen?", grunze ich in deren Gesichter, die beiden packen mich an den Armen und drängen mich zurück.

Als ich wieder die dämliche Fresse des Footballers vor mir habe, schnaube ich verachtend auf. Dass ich ihm aber eine reingehauen habe, scheint ihn gar nicht zu stören.

Angel Eyes [boyxboy] | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt