Kapitel 4

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• S A M •

"Willst du uns nun endlich sagen, was du dir für uns überlegt hast?", fragt Gil, als ich meine Bücher aus meinem Spind hole. Grinsend suche ich in meinem Rucksack nach meiner kleinen Überraschung für die beiden.

"Es wird euch wahnsinnig gefallen", meine ich gut gelaunt.

Als ich gestern mit Patrick in der Stadt war, sind wir an einem Laden vorbeigegangen. Dort fand ich ein paar schöne Unterhosen, die meinen Kumpels stehen würden. Ich halte für jeden eine hellgrüne Boxershorts in der Hand, auf denen kleine Avocados mit Herzchen abgebildet sind. Die Kinnlade der beiden fällt auf den Boden, als sie sie sehen.

"Das ist nicht dein Ernst."

"Sie sind doch süß oder nicht? Und ich dachte mir, ihr dürft sie dann auch nicht den anderen vorenthalten. Deshalb werdet ihr sie zum Sportunterricht tragen." Ich kann nicht mehr vor Lachen, als ich deren Gesichter sehe.

Nun bereuen sie es wahrscheinlich, mit mir diese Wette eingegangen zu sein. Aber wer an meinen Fähigkeiten zweifelt, soll büßen.

"Das wirst du bereuen, Alter", brummt Adrian frustriert, als ich die Unterhosen in meinen Spind zur Aufbewahrung reinlege und die Tür dann zuwerfe. In dem Moment kommt Nick Prescott auf uns zu. Er scheint nicht gerade gut gelaunt zu sein. Eine Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen darf.

Ich zwinkere meinen Freunden zu, bevor ich auf unseren Mitschüler zugehe. Er ist total abwesend, konzentriert sich wahrscheinlich auf die Musik, die durch seine Kopfhörer spielt, dass er mich erst nicht bemerkt. Erst als ich mich vor ihn stelle, schaut er auf. Der harte Ausdruck in seinem Gesicht verhärtet sich.

"Was willst du, Idiot?", pampt er mich an und zieht sich die Kopfhörer vom Kopf. "Ich wollte dich nur begrüßen, Nick. Und", ich sehe mich über seine Schulter um, "deiner Schwester einen schönen Tag wünschen. Wo ist sie denn?" "Das hat dich nichts anzugehen."

"Wahrscheinlich ist sie bei Dunkin Donuts hängen geblieben und holt sich dort noch eine deftige Stärkung, womit man ganz Afrika ernähren könnte", scherzt hinter mir Adrian. Bevor Nick auf ihn losgehen kann, halte ich ihn am Arm fest. "Ignoriere ihn einfach." Brummend befreit er sich aus meinen Griff und macht Anstalten, an uns vorbeigehen zu wollen. Ich schneide ihm aber den Weg ab.

"Lass mich durch", faucht er, was beinahe schon niedlich ist. Er sieht aus wie ein wütendes Kätzchen.

"Und wenn ich mich nett unterhalten möchte?", entgegne ich schmunzelnd, woraufhin er die Augen verdreht. "Was ist denn so falsch daran?" "Du bist es."

"Da kommt Thea!", ruft Gil auf einmal.

Als ich hinter Nick die Blondine entdecke, wird mein Lächeln breiter, denn auch Paige kommt auf uns zu. Seine Proteste ignorierend, gehe ich an ihm vorbei zu den Mädchen. "Guten Morgen, meine Hübschen", begrüße ich die beiden. Während ich Thea einen Kuss auf die Wange hauche, errötet ihre Cousine.

"Ist einer für mich?", frage ich die Rothaarige, die in ihrer Hand zwei Kaffeebecher hält. Ihre Wangen nehmen noch mehr Farbe an, als sie den Kopf schüttelt. "Das ist Nick seiner", erwidert sie und lächelt schüchtern.

Bevor ich etwas darauf sagen kann, stürmt Thea auf einmal auf Nick zu. Dieser sieht wenig beeindruckt auf sie herab. "Spinnst du eigentlich, ohne uns zu fahren? Wir mussten vom Café bis hierher laufen!" "Musste das Prinzesschen sich etwa bewegen? Das tut mir aber leid", brummt er. "Du hast es doch überlebt, also spiele dich nicht so auf. Außerdem habe ich gesagt, du sollst dich beeilen. Aber stattdessen hältst du lieber an einem Schuhgeschäft an." "Na und?"

Während wir das Gezicke beobachten, spüre ich den Blick von Paige auf mir. Sie mustert mich von der Seite. Als ich mich an sie wende, schaut sie peinlich berührt weg. Ich beuge mich zu ihr herunter. "Wenn du das nächste Mal einen Fahrer brauchst, rufe mich an", flüstere ich ihr ins Ohr und berühre absichtlich dabei ihr Ohrläppchen.

"I-ich habe doch aber nicht deine Nummer", murmelt sie daraufhin, während ihr ganzer Körper unter Strom steht.

Es wird so einfach sein.

"Hast du etwas zum Schreiben?", frage ich sie, als ich ihr den Kaffeebecher aus der Hand nehme, von dem sie gerade etwas getrunken hat. Ihre Augen weiten sich ungläubig, bevor sie nickt und in ihrem Rucksack kramt. Kurz sehe ich zu den anderen und begegne dem misstrauischen Blick von ihrem Bruder.

Es ist schon beinahe rührend, wie sehr er sich um seine kleine Schwester sorgt. Nur habe ich manchmal das Gefühl, dass er übertreibt. Immerhin ist sie alt genug, um auf sich selbst aufzupassen.

"Hier." Sie hält mir einen Kugelschreiber entgegen, den ich lächelnd nehme. Schnell mache ich mich daran, ihr meine Telefonnummer aufzuschreiben, als sich jemand vor mich stellt. Ich muss nicht hingucken, um zu wissen, wer es ist.

"Was wird das, wenn es fertig ist?", will Nick wissen und erdolcht mich mit seinen Blicken. "Ich biete ihr lediglich meine Hilfe an, falls sie mal-" "Ich habe ihn nach seiner Nummer gefragt. Ist das ein Problem?", unterbricht mich Paige, die auf einmal gar nicht so schüchtern wirkt. Trotzig sieht sie ihren Bruder an, der innerlich mit sich ringt.

Erstaunt mustere ich die Geschwister und auch meine Freunde scheinen nicht erwartet zu haben, dass das Mädchen so mit ihm reden würde.

"Nein. Natürlich nicht", meint er schließlich und nimmt ihr seinen Becher ab. "Musst du nicht noch etwas für dein Experiment vorbereiten, bevor der Unterricht beginnt?", fragt sie weiter, als könne sie es nicht abwarten, dass er geht.

Nick wirft mir einen warnenden Blick zu, bevor er sich zu seiner Schwester vorbeugt und ihr etwas ins Ohr flüstert, das ich aber nicht verstehe. Dann drückt er ihr einen Kuss auf die Wange und wendet sich an mich.

Fragend sehe ich ihn an, als er mir seinen Kaffeebecher hinhält. "Hier, Koffein ist gut gegen Mundgeruch. Falls er mal länger offen steht. Hilft auch gegen Scheiße quatschen", meint er und greift nach meiner Hand, um den Kaffee in diese zu legen. Dann steckt er sich seine Kopfhörer wieder ein und lässt uns stehen.

"Entschuldige, Nick ist heute mit dem falschen Fuß aufgestanden", höre ich Paige neben mir sagen. Ich schenke ihr ein Lächeln und gebe ihr ihren Becher wieder. "Wie gesagt, scheue dich nicht, dich zu melden", ermutige ich sie augenzwinkernd, als die Schulklingel ertönt.

Die Schüler machen sich daran, ihre Klassenzimmer aufzusuchen. Ich verabschiede mich von ihr und Thea, die in eine andere Richtung müssen. Als ich mich zu den Jungs geselle, legt Gil einen Arm auf meine Schulter. "Das kann doch nicht wahr sein, dass du tatsächlich die Prescott-Einheit zerstören könntest. Das tut mir ja beinahe leid für Nick."

Adrian stimmt ihm mit einem Lachen zu, während er mir den Kaffee aus der Hand reißt und daran nippt. Kopfschüttelnd ziehe ich die beiden hinter mir her und versuche das Kribbeln, als Nick mich angefasst hat, zu verdrängen.







Sam kann es auch wirklich nicht lassen, Nick zu provozieren... 😂

Angel Eyes [boyxboy] | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt