• S A M •
"Möchtest du auch etwas trinken?", frage ich Thea, die sich gerade über eine Aufgabe den Kopf zerbricht. "Nein, danke", murmelt sie eher vor sich hin, als mit mir zu reden. Schmunzelnd richte ich mich auf und stehe vom Bett auf. "Ich bin gleich wieder da. Dann helfe ich dir mit dem, womit du nicht zurechtkommst."
Ich habe ihr schon einige Male bei ihren Hausaufgaben oder beim Lernen geholfen. Aber mit Astronomie tut sie sich besonders schwer.
Um sie nicht auf ihrer Konzentration zu holen, schleiche ich zur Tür und schließe sie leise hinter mir. Warum auch immer bestand Nick darauf, dass diese offen bleiben sollte, wenn wir schon nicht unten lernen wollten, wo Mrs. Prescott ein Auge auf uns haben könnte.
Auf dem Weg nach unten gehe ich an seinem Zimmer vorbei.
Was auch immer sein Problem mit mir ist, er übertreibt manchmal echt. Wenn er nicht aufpasst, überspannt er schnell den Bogen. Und dann bleibe ich auch nicht mehr freundlich.
Von unten höre ich Geräusche, die mich dazu locken, weiterzugehen. Unten am Treppenabsatz steigt mir ein leckerer Geruch in die Nase, der aus der Küche kommt. Mein Magen beginnt, darauf anzuspringen, und knurrt augenblicklich.
Ein Lächeln umspielt meine Lippen, als ich die ältere Frau mit dem Hund sprechen sehe. Sie unterhält sich mit ihm, als würde er ihr antworten. Dabei sieht er sie mit schiefem Kopf nur an. Der Anblick ist so niedlich.
"Mrs. Prescott?" Sie schreckt auf. Entschuldigend hebe ich meine Hände. "Ich wollte Sie nicht erschrecken." Lächelnd winkt sie ab. "Mich haut nichts so schnell aus den Socken, Samuel. Kann ich dir mit irgendwas Freude bereiten?" "Ich wollte mir nur etwas zu trinken holen", erwidere ich.
Mein Blick fällt auf den Mops, der mich neugierig anschaut. Als sie es bemerkt, lacht sie leise. "Würdest du ihn bitte für mich füttern? Mit meinem Rücken komme ich nicht mehr so gut nach unten." "Klar, kein Problem!", sage ich schnell und freue mich ehrlich darüber.
Schon seit ich ein kleines Kind war, wollte ich immer einen Hund haben. Es sollte aber ein unerfüllter Wunsch bleiben.
"Habt ihr auch eine Fellnase?"
Kopfschütteln knie ich mich hin und locke den Dreibeiner zu mir. Misstrauisch humpelt er auf mich zu und schnüffelt an mir, als ich ihm meine Hand hinhalte. "Meine Mutter hat eine Allergie gegen Tierhaare. Deshalb mussten mein Bruder und ich unseren Wunsch leider begraben", meine ich mit einem traurigen Unterton. Als ich aber etwas Nasses auf meiner Handfläche spüre, grinse ich.
"Dass ich das noch erlebe", höre ich Mrs. Prescott überrascht sagen. "Er lässt sonst niemanden an sich heran außer unseren Nick. Aber anscheinend mag er dich auch." Verträumt streiche ich dem Mops über sein Fell. Erfreut darüber wirft er sich auf den Rücken und streckt seine Beine in die Lüfte, damit ich ihm den Bauch kraule.
"Was ist mit dem Kleinen passiert?", frage ich die alte Dame und deute mit einem Kopfnicken auf das fehlende Hinterbein des Hundes. "Das wissen wir selbst nicht. Nick war damals jedes Jahr im Sommercamp und brachte ihn eines Tages einfach mit nach Hause. Es war Liebe auf den ersten Blick zwischen den beiden. Ihm war es egal, dass Mickey nur drei Beine hatte. Und vor allem ließ er es nicht zu, dass man ihm den wieder wegnimmt. Das hat ein ganz schönes Chaos im Camp angerichtet, sage ich dir."
"Das ist unglaublich süß", meine ich daraufhin und stelle mir einen eingeschnappten 15-jährigen Nick vor, wie er sich weigert den Mops abzugeben. "Und Sie haben ihm erlaubt, Mickey zu behalten?" Sie zuckt mit den Achseln, während sie sich daran macht, Äpfel zu schneiden. "Was hätte ich denn tun sollen? Er war so verliebt in diesen Hund. Ich hätte es mir niemals verziehen, die beiden zu trennen. Das Problem war nur, dass die Mädchen Angst vor ihn hatten, weil er sehr wild war. Nur Nick hatte Zugang zu ihm. Und das hat sich bis heute nicht wirklich geändert. Mich akzeptiert er mittlerweile, weil ich ihm Futter gebe."
Lachend lasse ich von dem Hund ab und öffne die Dose Hundefutter, die Mrs. Prescott zuvor auf die Arbeitsfläche gestellt hat. Als Mickey das bemerkt, bellt er auf und wedelt mit seinem Schwanz. Mein Herz geht auf, als er seinen Kopf zur Seite legt und mich beobachtet. Wie süß kann man nur sein?
Nachdem ich die unappetliche Pampe in seinen Napf getan habe, stelle ich ihm sein Abendessen vor die Nase. Aus dem Augenwinkel bemerke ich am Türrahmen eine Bewegung. Als ich nachsehe, begegne ich dem wütenden Blick meines Mitschülers.
"Was wird das hier?", fragt er.
"Ich habe Samuel nur gebeten, Mickey zu füttern. Du weißt doch, ich habe Probleme mit meinem Rück-"
"Dann rufe das nächste Mal nach mir, Granny", fällt er ihr ins Wort. "Ich kann es nicht leiden, wenn Fremde meinen Hund anfassen." "Nick, Sam ist doch kein Frem-" "Er gehört nicht in mein Bekanntenkreis, also ist er fremd", meint er. Es klingt aus seinem Munde beinahe wie eine Beleidigung.
Als Nick Anstalten macht, auf mich zuzukommen, hält seine Großmutter ihn ab. "Jetzt übertreibe mal nicht, mein Großer. In meiner Küche wird nicht wegen eines Hundes gestritten. Verstehen wir uns? Geht nach oben, ich hole euch später zum Abendessen." Sie lächelt mich ermutigend an und streicht mir kurz über die Wange, bevor sie sich dem Kochen wieder zuwendet.
Genervt schnauft er auf, lässt mich dann aber stehen. Nun aber auch wütend folge ich ihm aus der Küche und greife an der Treppe nach seinem Arm. "Was ist verdammt nochmal dein Problem mit mir?", zische ich. "Gerade eben? Deine Dreckshand auf mir", erwidert er ebenso angepisst.
"Ist dir eigentlich bewusst, dass du jeden mit deiner durchgehend schlechten Laune herunterziehst?"
"Ich zwinge niemanden, sich mit mir abzugeben. Aber sollte es dir nicht gelegen kommen? Du kannst dann jeden, den ich verscheucht habe, mit offenen Armen aufnehmen. Und dann werden es immer mehr Dumme, die auf deine 'Freundlichkeit' reinfallen."
Mein Griff um seinen Arm wird stärker. Falls es ihm weh tut, lässt er sich nichts anmerken. Auch nicht, als ich ihn gegen die Wand dränge und meine freie Hand neben seinen Kopf abstütze. "Wenn ich du wäre, würde ich mich nicht weiter provozieren, Prescott." "Wenn das so wäre, würde ich uns allen einen Gefallen tun und mich irgendwo einschließen."
Zornig presse ich die Lippen aufeinander und kämpfe damit, ihm nicht eine reinzuhauen. Das werde ich nicht tun, wenn seine Großmutter in unserer Nähe ist.
"Wie wäre es, wenn du einfach gehen würdest?", meint er. "Keine Sorge, ab morgen kannst du anderen wieder in den Arsch kriechen. Aber ich kann deinen Anblick echt nicht mehr..."
Die Worte bleiben ihm im Halse stecken, als ich mich ihm plötzlich nähere. Ein Schmunzeln erscheint um meine Lippen, als sich seine Augen weiten. "Macht dich die Nähe zu einer anderen Person etwa nervös?", frage ich amüsiert, während ich ihm provokant über den Arm streiche.
Eigentlich wollte ich ihm gerade noch eine Standpauke halten, das hier scheint aber mehr Eindruck zu hinterlassen.
Nicks Versuch, mich von sich zu stoßen, schlägt fehl. "Fass mich nicht an, Arschloch!", faucht er deshalb und versucht, mich mit seinen Blicken zu töten.
Ich beuge mich weiter zu ihm herüber. Er weicht mir aus, sodass meine Lippen sein Ohrläppchen berühren. "Deine vorlaute Art ist wirklich entzückend, Nick. Aber auch ich habe meine Grenzen." Meine Finger streichen zart über seine Seiten. Er erschaudert unter meinen Berührungen. "Du solltest also aufpassen", rate ich ihm und lasse dann etwas von ihm ab, um ihm in die Augen zu schauen.
Etwas liegt in ihnen, was ich aber nicht bestimmen kann, weil im selben Moment die Haustür aufgeschlossen wird. Paige sieht fragend zwischen uns hin und her, als ich von ihm abrücke.
"Ist alles in Ordnung?", fragt sie verwundert. Ich schenke ihr ein charmantes Lächeln, als ich auf sie zugehe. "Wir haben uns nur ein wenig unterhalten. Soll ich dir etwas abnehmen?", entgegne ich und zeige auf die Tüten in ihrer Hand, die sie mir sogleich zögerlich gibt.
Hinter mir höre ich, wie Nick die Treppen nach oben rennt und schließlich seine Tür zuschlägt. Während Paige ihre Großmutter begrüßt, bleibe ich im Flur stehen und versuche, die letzten Minuten zu verstehen.
Dieser Hass zwischen den beiden ist wirklich elektrisierend. Aber lange können sie nicht so weitermachen... sonst macht es irgendwann *boom* 😏
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Angel Eyes [boyxboy] | ✔
Любовные романы"Solange du nicht bei mir bist, bist du definitiv nicht da, wo du hingehörst." Nick Prescott hält überhaupt nichts von Samuel Field. Ein Typ, von dem man sich besser fernhält. Er ist unverschämt, wortkarg und hat eine dunkle Vergangenheit. Leider is...