Kapitel 2

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Stinksauer kam ich im Gasthaus meiner Tante an.
Was dachte sich der Ältestenrat uns Frauen vom Trainig der Academy auszuschließen! Mal davon abgesehen, dass ich die einzige bin, die da hätte mitgemacht und das wusste der Rat.
Der kam einfach nicht mit dem Fortschritt zurecht.
Wir Frauen mussten nicht mehr beschützt werden.

,,Was ist dir denn über die Leber gelaufen?", fragt meine Cousine Gaia, als sie aus der Küche kam, um mich in Empfang zu nehmen.
,,Der Ältestenrat. Er meinte, sich denken zu müssen das Angebot der Academy nur für Jungs freizugeben", antwortete ich und stampfte in die Küche, wo ich meine Einkäufe auf den großen Arbeitstisch abstellte.
,,Ich meine, wir sind das einzige Dorf in der Nähe, ach was, in ganz Tierra, dass noch so kleinlich gegenüber Frauen denkt", offenbarte ich ihr meinen Standpunkt.
,,Und du bist das einzige Mädchen im ganzen Dorf, dass so verbittert darauf aus ist eine Bändigerin zu werden. Keinen stört es, dass nur Männer lernen mit ihrem Element zu kämpfen, außer dir", erwiderte sie mir.
,,Ich wette, da gibt es irgendwo ein kleines Mädchen, dessen größter Traum es ist eine Bändigerin zu werden, aber sie traut sich nicht, da keiner in diesem verdammten Dorf die Eier in der Hose hat für die Rechte einer Frau zu kämpfen. Ich meine, in ganz Tierra ist es den Frauen erlaubt zu einem vollwertigen Bändiger ausgebildeten zu werden, nur hier nicht. Hier wird uns nichtmal die Möglichkeit dazu gegeben", redete ich mich richtig in Rage.
Ich hoffte, die Lehrlinge würden ein bisschen frischen Wind in den Laden bringen.
Gaia beließ es dabei, da sie wusste, dass es ab diesem Punkt nutzlos war mit mir zu diskutieren.

,,Schälst du die Kartoffeln?", fragte sie mich stattdessen.
Ich nickte, setzte mich an den Tisch und zog die Kartoffeln zu mir.
,,Wo ist eigentlich Tessa?", fragte ich jetzt.
,,Sie bespricht mit den anderen Gasthäusern die Versorgung des kommenden Teils der Academy", antwortete sie.
,,Können die sich nicht selbst versorgen?", wollte ich verwirrt wissen.
,,Eigentlich schon, aber willst du jeden Abend für über hundert Mann kochen? Nein. Und aus dem Grund helfen wir Gasthäuser aus", erklärte Gaia und setzte sich zu mir, um Zwiebeln zu schneiden.

,,Wieso macht es dir eigentlich nichts aus dein Element nur für so einfache, alltägliche Dinge zu benutzen?", fragte ich meine Cousien nach einer kurzen Zeit der Stille.
Genauso wie ich konnte sie ein Element bändigen, das Element Wasser. Sie hatte es von ihrer Mutter geerbt, die zwar aus einer Familie mit Elementbändigern stammt, aber kein Element besaß, nicht so wie meine Mutter, ihre Schwester, die das Wasser beherrschte.
Ich hatte mein Element, Luft, nicht von meiner Mutter sondern von meinem Vater geerbt. Er war ein ausgezeichneter Bändiger und hatte mir die Grundlagen meines Bändigen gezeigt.
,,Ich habe nie etwas anderes gekannt und ich weiß auch gar nicht wie du auf die Idee gekommen bist eine Bändigerin zu werden", beantwortete sie meine Frage, die ich schweigend hinnahm. Wir hatten das Thema schon zu oft diskutiert, als dass es sich jetzt lohnen wurde weiter zu machen.

Kurz darauf kam auch Tessa und half uns bei den Vorbereitungen für die Gäste am Abend.
Das Gasthaus meiner Tante war immer gut besucht, was auch an Gaia und mir lag.

,,Drei Bier für den Tisch in der Ecke", teilte Gaia mir im Vorbeigehen mit und verschwand in die Küche.
Ich zapfte die drei Bier und machte mich auf den Weg zu dem Tisch.
,,Guten Abend die Herrn. Darf es sonst noch was sein?", fragte ich und stellte die drei Bier ab.
,,Um das Essen kümmert sich Gaia schon", erwiderte William, ein Bäcker bei uns im Dorf.
,,William lange nicht gesehen. Wie geht's Frau und Kindern?", fragte ich aus reiner Höflichkeit.
,,Sehr gut, danke der Nachfrage", antwortete er.
Mit einem Lächeln verließ ich den Tisch und machte mich wieder auf den Weg hinter die Theke.

,,Na? Schon eine Idee, wie du mittrainieren kannst?"
Überrascht drehte ich mich um und erblickte Raul hinter mir.
,,Du erschreckst mich gerne was?", begrüßte ich ihn.
,,Ich bemühe mich nur deine Sinne zu stärken", erklärte er mir.
,,Und erschrecken hältst du für eine gute Methode?", wollte ich abschätzend wissen.
,,Ich nicht, aber mein Mentor", erklärte er mir und guckte mich aus seinen blauen Augen frech an.
Dass er immer mit seinem Mentor angeben muss, ist schon echt nervig.
,,Willst du auch was bestellen oder bist du nur da, um mir auf die Nerven zu gehen?", frage ich ihn und zapfte ein Bier für einen wartenden Gast hinter Raul.
,,Naja, eigentlich wollte ich dich was fragen, aber zu einem, von dir gezapften, Bier sage ich nicht Nein", erklärte er und zwinkerte mir zu. Ich verdrehte die Augen und gab ihm sein Bier.
,,Und was ist deine Frage?", wollte ich Wissen.
,,Hast du einen Plan?", antwortete er und trank einen großen Schluck aus seinem Bier.
Ich zuckte nur mit den Schultern und erklärte ihm:,, Ich habe noch nicht wirklich darüber nachgedacht."
,,Dann beeil' dich lieber. Du hast nur noch heute Abend, Morgen und Übermorgen und aufgeben ist keine Möglichkeit für dich", meinte Raul.
,,Ich habe ja auch nie gesagt, dass ich aufgebe. Ich habe schlichtweg noch nicht darüber nachgedacht. Außerdem habe ich noch ganze zwei Tage. Das wird schon", erwiderte ich.

Im Bett lag ich dann doch noch lange wach und überlegte, wie ich beim Training mitmachen könnte.
Am Ende kam ich zu dem Entschluss, dass ich zu müde vom Abend war und morgen weiter überlegen müsse.

Geweckt wurde ich von der Sonne, die durch mein Fenster schien, da ich, wie immer, vergessen hatte die Vorhänge zu schließen.
Schnell stand ich auf, um nicht wieder einzuschlafen und machte mich fertig. Heute hatte ich ein beiges Kleid an, dass mir bis zu den Knöcheln ging und kleine weiße Akzente besaß. Es war eins meiner Lieblingskleider, da es meine grünen Augen zum strahlen bracht.
Meine hellbraunen, gelockten Haare band ich zu einem hohen Zopf zusammen und verließ dann mein Zimmer.

,,Guten Morgen", begrüßte ich meine Tante und meine Cousine, als ich in die Küche kam.
,,Morgen"
Das Frühstück verlief ruhig und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Ich zerbrach mir weiterhin den Kopf darüber, wie ich am Training mit teilnehmen konnte.
Die Lehrer der Academy selbst waren nicht das Problem, sondern das Dorf und seine Regeln gegenüber Frauen.
Ich konnte mich als Junge ausgeben und mitmachen, aber den Gedanken verwarf ich schnell wieder. Dieser Schwindel war zu riskant, zudem würden weder die Lehrlinge der Academy noch die Dorfbewohner mich kennen und das würde auffallen.
Ich konnte auch einfach mit ins Lager der Academy gehen und darauf bestehen mittrainieren zu dürfen.
Oder ich beobachte das Training aus der Fernen und machte die Übungen für mich selbst.

Nach dem Frühstück machte ich mich auf den Weg zum Wald, um dort mein übliches Training zu absolvieren.
Ich übte als erstes den Umgang mit dem Schwert und ging langsam und dann immer schneller die verschiedenen Grundhiebe durch. Danach dann die Attacken und am Schluss die Paraden.
Ich konnte langsam sagen, dass ich den Schwertkampf sehr gut beherrschte. Natürlich wusste ich nicht, wie effektiv mein Können gegenüber echten Kämpfern war, aber ich denke, ich könnte mich irgendwie verteidigen.
Als letztes bändigte ich die Luft und ging meine Angriffe durch.
Ich wechselte mich jeden Tag damit ab den Wind zu bändigen oder meine Verbindung zur Natur weiter zu erforschen.
Meine Verbindung war anders als das Element Erde. Erdbändiger konnten Steine und Erde beherrschen, aber nicht die Natur mit ihren Pflanzen, so wie ich.

Mit zehn hatte ich meine Verbindung zur Natur durch Zufall entdeckt.
Ich hatte meiner Mutter einen Blumenstrauß aus Gänseblümchen gesammelt, doch leider hatte ich so lange gebraucht, dass die meisten schon den Kopf hängen gelassen hatten.
Mir taten die kleinen Blümchen leid, dass sie so ganz ohne Leben waren, und plötzlich hatte meine Hand angefangen zu prickeln und die Gänseblümchen hatten ihre Köpfe wieder gehoben.
Sofort hatte ich das meiner Mutter berichtet, die mir auch keine Erklärung für diesen Vorfall geben konnte.
Mit ihr zusammen habe ich dann meine Verbindung untersucht.
Außer sie, meinem Vater und ich wusste keiner von meinen Fähigkeiten.
Doch jetzt bin ich die einzige, die noch davon weiß, da meine Eltern vor vier Jahren gestorben sind.
Aus diesem Grund lebte ich jetzt auch bei meiner Tante.

Pünktlich zum Mittagessen war ich dann wieder im Gasthaus und half bei den Vorbereitungen.
Es war ein ganz normaler Tag, wie jeder andere auch, nur das das Thema Academy nicht wegzudenken war.

Combatant - Lager in AmerdanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt