Kapitel 20

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,,Ich sagte doch, dass sie nicht hier sein werden", meinte ich vorwurfsvoll.
,,Ja ja, du hattest in dem Punkt recht, aber du hast uns nicht gesagt, dass die Hütte eingestürzt ist", erwiderte Zion.
,,Das wusste ich selbst nicht. Außerdem habe ich euch gesagt, dass sie schon sehr alt und morsch ist", antwortete ich ihm.
,,Na ja, ist jetzt auch egal. Lasst uns wieder zurück. Langsam wird es spät und Nyla hat ja noch eine Verpflichtung", schaltete sich Athena ein und ging wieder von der Lichtung, auf der nun die Ruinen der Hütte standen.
,,Den halben Tag durch den Wald gelaufen für nichts", beschwerte sich Zion.
,,'Für nichts' würde ich jetzt nicht sagen. Wir wissen jetzt, dass sie nicht bei den Höhlen und hier sind", meinte Alec.
Doch Zion verdrehte nur die Augen und lief Athena nach in den Wald.

Wieder Zuhause ließ ich mich erschöpft auf einen Stuhl fallen. Darauf, jetzt noch Gäste zu bedienen, hatte ich keine Lust, aber leider gab es kein drumherum. Ich hatte mich schon vor der Essenszubereitung gedrückt, jetzt kann ich nicht auch noch das Bewirten ausfallen lassen.

Zu meinem Glück war es heute nicht so voll und somit entspannter als die letzten Tage.
Das merkte man auch an meiner Tante, da sie sich mal wieder zu unseren Stammgästen gesetzt hatte, was seit dem Eintreffen der Academy irgendwie seltener vorgekommen war.

Als ich wieder zur Theke kam, sah ich Raul dort sitzen.
,,Kann ich dir etwas Gutes tun?", fragte ich ihn grinsend.
,,Zu einem von dir gezapften Bier sage ich nicht nein", antwortete er mir ebenfalls grinsend.
Ich wandte mich von ihm ab und holte aus dem Regal ein Glas für ihn.
Dann füllte ich schnell das Glas mit dem Bier und stellte es vor Raul ab.
Er bedankte sich und trank sogleich auch ein Schluck.
,,Wir haben uns echt lange nicht mehr gesprochen. Irgendwas interessantes passiert?", fragte ich, während ich die Gläser polierte.
,,Nicht wirklich. Ich habe ein paar neue Freunde gefunden, aber ich glaube, das hast du auch", erzählte Raul mir und sah mich vielsagend an.
,,Ich habe endlich Freunde gefunden, die die gleiche Leidenschaft haben wie ich. Außer dich und Gaia. Aber du hast noch deine anderen Freunde, die mein Hobby nicht wirklich gutheißen und Gaia toleriert es, aber lebt es nicht", antwortete ich ihm.
Er nickte verstehend.

,,Ich wollte mit dir noch über etwas reden", fing Raul an.
,,Schieß los", erwiderte ich und putzte den Tresen.
,,Ich glaube, dir war das bewusst, aber ich wollte es dir nochmal sagen. Dein Aufenthalt beim Training ist natürlich den Jungen aus dem Dorf nicht entgangen und sie haben es den Dorfbewohnern erzählt. Ich weiß nicht, ob dir das aufgefallen ist, aber du bis Dorfgespräch Nummer eins. Auch der Bürgermeister ist über dein Hinwegsetzen seiner Regel erbost", erzählte Raul mir mit einem gequälten Ausdruck im Gesicht.
Ich hörte auf den Tresen zu putzen und ließ den alten Lappen los.
Natürlich war mir bewusst gewesen, dass mein Handeln Konsequenzen haben würde. Ich hatte bloß gehofft, dass sie mich irgendwie verstehen konnten, wenn auch nur ein bisschen.
Frustiert seufzte ich auf.
,,Mir war es noch nicht aufgefallen. Vielleicht war ich auch einfach geblendet von dem Gefühl, endlich an einem richtigen Training mitmachen zu können. Aber das würde auch die Leere hier erklären", antwortete ich ihm.
,,Ich finde ja, dass die Bewohner total übertreiben. Wir sind das einzige Dorf in Tierra, welches noch so veraltete Sichtweisen vertritt und wenn schon die Academy da ist, sollten wir uns an ihren Sitten ein Beispiel nehmen", verkündete mir Raul.
,,Danke, es ist echt süß, dass du das sagst, aber wir sind nur zwei Teenager, zwei kleine Fische im großen Teich. Wir können so schnell nichts ändern. Nicht solange soviele noch das gleich, alte Rollenbild vertreten", erklärte ich ihm und machte mich mit einem Tablett auf den Weg zu den leer gewordenen Tischen, um das Geschirr abzuräumen.
Raul folgte mir mit seinem Bier in der Hand.
,,Dann musst du ihnen das Gegenteil beweisen. Zeig ihnen, dass sie sich irren", meinte er.
,,Und wie stellst du dir das vor?", fragte ich in gleichgültig.
,,Du wirst ein Lehrling der Academy. Dann müssten die letzten doch verstehen, dass auch Frauen kämpfen können", stellte er seine Idee vor.
,,Raul, da sind so viele Mädchen auf der Academy, die zu vollwertig Bändigerin ausgebildet werden und die interessieren das Dorf doch auch nicht", erwiderte ich ihm deprimiert.
,,Ja schon klar, aber die waren alle nicht aus Amerdan. Zeig ihnen, dass es auch ein Mädchen aus Amerdan schaffen kann", antwortete er mir.

Wir diskutierten noch eine Zeit lang über das Thema, kamen aber zu keinem richtigen Ergebnis.
Ich wollte einfach nicht hoffen, nur um dann wieder hart in die Realität gerissen zu werden. Ich hatte schon zu oft gehofft und war dann tief gefallen.

Den Rest des Abends war ich dann nur noch am Tagträumen. Das war auch meiner Cousine aufgefallen, denn sie fragte, ob alles okay sei und ob bei dem Ausflug mit der Academy irgendwas wissenswertes passiert wäre.
Ich erzählte ihr nur, dass wir bei den Höhlen und der alten Hütte waren, die jetzt eingestürzt war.
Gaia beließ es auch dabei und machte sich dann wieder an ihre Arbeit.

Combatant - Lager in AmerdanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt